Nach zwei Tagen Regen folgt Montag
etwa staute sich der Rezat-Altmühlsee, er wurde doppelt so groß wie der heutige Bodensee. Der Meteorit trennte zudem die Fränkische Alb von der Schwäbischen Alb, die als Wetterscheide Wolken abfängt: Die vom Meteoriten zerlegte Landschaft um Nördlingen gehört seither zu den sonnenreichsten in Deutschland. Schon die Frühmenschen fühlten sich dort besonders wohl, wie zahlreiche Werkzeugfunde beweisen.
Das wichtigste Rätsel ums Ries, das die Forscher noch zu lösen haben, lautet aber: Warum wölbt sich im Zentrum des Kraters kein Hügel wie bei anderen Meteoritenkratern? Üblicherweise wirft ein Einschlag in der Mitte einen Klumpen Erdmasse auf – ähnlich wie beim Kaffee, wenn ein Zuckerstück in die Tasse plumpst. Um das Geheimnis zu lüften, sollten vielleicht mal wieder ausländische Forscher den Krater inspizieren, sie haben schon einmal für den Durchbruch gesorgt: Als 1961 der Amerikaner Edward Chao und sein Kollege Eugene Shoemaker als Erste Meteoritenspuren im Ries entdeckt haben wollten, gaben sich die einheimischen schwäbischen Geologen skeptisch: »Der herglaufene Chinäs ’, der auch noch ein Ami isch …«, spotteten sie, könne das Rätsel um den Krater bei Nördlingen doch nicht gelöst haben. Hatte er doch – seither kennt Deutschland das katastrophalste Naturereignis seiner Geschichte.
Das vielleicht größte Desaster der Zukunft ergründet das nächste Kapitel: einen Vulkanausbruch mitten in Deutschland.
26 Magma unter Deutschland
Ein Knall, gefolgt von wummerndem Donner, lässt von Frankfurt am Main bis nach Köln Scheiben und Türen erzittern. In Bonn und Koblenz erblicken die Bewohner die Ursache des Lärms: Am Horizont steigt eine tiefrote Wolke empor, die Hügel der Eifel scheinen zu glühen. Bald prasseln Asche und Steine vom Himmel. Während Feuerwehr und Krisenstäbe hektisch und hilflos debattieren, wie sie reagieren sollen, schießen Glutströme zu Tal. Die Lava walzt Ortschaften nieder und sammelt sich im Rhein. Wasser staut sich bis in die Nebenflüsse und überschwemmt den Oberrheingraben. Von Straßburg über Mannheim bis nach Frankfurt werden Atomkraftwerke, Chemiefabriken und Flughäfen geflutet. Ein Vulkanausbruch in Deutschland, so scheint es, taugt allenfalls für einen Katastrophenfilm. Doch Geologen wissen: Die Eifelvulkane sind nicht erloschen, sie könnten jederzeit erwachen.
Der Geologe Ulrich Schreiber von der Universität Duisburg beispielsweise warnt vor den Folgen einer Eruption in Deutschland. Das Risiko werde missachtet, sagt der Experte. »Ein Ausbruch ist möglich«, stimmt der Seismologe Klaus-Günter Hinzen von der Universität Köln zu, der die Bodenbewegungen in der Eifel überwacht. »Natürlich ist die Bedrohung nicht mit der am Vesuv vergleichbar«, sagt Schreiber. Es gebe keine Hinweise auf einen unmittelbar bevorstehenden Ausbruch. Doch das könne sich innerhalb weniger Monate ändern. Die Gefahr verdiene vor allem deshalb mehr Beachtung, weil am Rhein Hochindustrie und Millionen Menschen in der Nähe eines aktiven Vulkans siedeln. Man sollte den Ernstfall durchspielen, fordert Schreiber. Für einen Vulkanausbruch in der Eifel gebe es keinen Notfallplan.
Die Experten sind sich einig, dass es in der Eifel wieder zu Eruptionen kommen wird – doch niemand kann sagen, wann. »Womöglich vergehen noch Jahrtausende, es kann aber auch schon in ein paar Monaten so weit sein«, sagt Hinzen. Anscheinend stehe die Eifel am Beginn einer neuen Aktivitätsphase, meint der Vulkanologe Hans-Ulrich Schmincke vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften in Kiel, der die Eifelvulkane jahrelang erforscht hat. Die letzte Ruhephase endete abrupt: Vor 12.900 Jahren kam es zu einer gigantischen Eruption. »Damals herrschte vermutlich ähnliche Gelassenheit wie heute«, glaubt Schmincke. »Die Ur-Rheinländer rechneten sicher nicht mit einem Vulkanausbruch, schließlich lag der letzte rund 100.000 Jahre zurück.« Doch eines Tages war aufquellendes Magma mit Grundwasser in Berührung gekommen. Die Druckwelle der darauf folgenden Explosion knickte sämtliche Bäume in der Umgebung um wie Streichhölzer. Asche schoss 30 Kilometer hoch und gelangte mit dem Südwestwind bis nach Schweden. Westdeutschland versank in grauem Ascheregen. Lava staute den Rhein bei Andernach, die Region des heutigen Koblenz stand metertief unter Wasser; Tage später brach der Lava-Damm. Eine Flutwelle schoss bis in die Niederlande, meterhohe Schlammströme und Wassermassen begruben das
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