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Nachhaltig tot (German Edition)

Nachhaltig tot (German Edition)

Titel: Nachhaltig tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brabänder , Karin Mayer
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fuhr nach Hause zu seiner Frau Inge. Mittagessen. Und dann ein kurzes Schläfchen auf der Couch. Hier tickten die Uhren langsam, und daran würde der Windpark nichts ändern. Als er ankam, beendete Inge gerade ein Telefonat. „Gruß von Hilbert“, sagte sie und tischte auf. Hilbert, der sich von allen nur Bert nennen ließ. Nur die Eltern akzeptierten die Abkürzung nicht. Trug er doch den schönen Namen seines Großvaters. Aber mit der Diskussion hatte Hubert schon lange abgeschlossen. Nach dem Essen schlief Hubert den Schlaf des Gerechten. Er konnte nicht ahnen, dass die Energiepark-Sache bald eine unschöne Dynamik entfalten würde.
    Der Vorstellungsabend kam und mit ihm ein sportlicher BMW, dem zwei Herren und überraschenderweise eine Dame entstiegen. Hubert war irritiert. Da müsste er dann aufpassen bei seiner Rede. Nicht nur, dass er in der Anrede nicht einfach „meine Herren von der Windsweep, seien Sie herzlich willkommen“ sagen könnte, auch im weiteren Verlauf müsste er ständig darauf achten, sich politisch korrekt auszudrücken. In anderen Fällen hatte er sich das schon angewöhnt und sprach routiniert von Bürgern und Bürgerinnen, obwohl ihm nicht klar war, warum Bürgerinnen nicht als Bürger angesprochen werden durften. In diesem speziellen Fall war er darauf eingestellt, dass ihn die Fakten dieser sprachlichen Hürde enthoben. Er war sicher gewesen, dass es sich bei den drei Angekündigten um Männer handelte.
    Er stand am Fenster und kramte nervös in seinen Unterlagen. Im Publikum saß Inge und lächelte still vor sich hin. Sie hatte gut lächeln, sie musste keine Rede halten. Wobei Hubert das Reden normalerweise mochte. Er konnte es gut. Bürgermeister war er mit Leib und Seele.
    Draußen sahen sich die drei Ankömmlinge um; jeder hatte einen schmalen Aktenkoffer in der Hand. Sie wollten ursprünglich ihren Vortrag per Computerpräsentation halten, wovon Hubert abgeraten hatte. Der Dorfbevölkerung waren Computer zum Teil nicht vertraut. Und die Macht im Dorf hatten die Alten, vor allem über die benötigten Felder, da war es besser, sich altmodisch zu geben. Sie würden die bunten Prospekte verteilen, von denen eines seit Tagen auf seinem Schreibtisch lag. Dann würden sie ein paar Folien mit dem Projektor an die Wand werfen und erklären, wie man sich das alles vorzustellen habe. Und er würde eine Rede halten und die begeistern, die ohnehin dafür waren, und jene überzeugen, die bisher unsicher waren. Wie immer.
    Den Zettel, den er suchte, fand er nicht. Die drei draußen schienen langsam ungeduldig. Sie wussten wohl nicht, ob sie richtig waren. Eilig ging er hinaus und zog dabei seine rutschende Hose hoch. Die feinen Anzüge, in denen die drei da draußen steckten, auch die Frau, ließen ihn fühlen, wie wenig elegant er in seiner grauen Hose und dem alten Jackett war. Er war sich nicht sicher, ob es schlecht war oder gut, dass die drei so fein aussahen. Sie wirkten fremd im Ort, was sie auch waren, und vielleicht machte gerade das Eindruck. Man würde sehen.
    „Dr. Maurer“, sagte die Dame zu ihm. Als er ihre Stimme hörte, schmolz jede Hoffnung, es möge sich um die Sekretärin handeln, dahin. Wobei mit einer Sekretärin auch nicht zu rechnen gewesen war, denn er erwartete Ingenieur Neumann, den Projektleiter Niedermeier und Dr. Maurer, den Geschäftsführer der Firma. Den wollte er zuerst begrüßen und er sah die beiden Herren fragend an, denn ihm war nicht klar, wen der beiden ihm die Dame vorgestellt hatte.
    Er musste sich schnell entscheiden und wahrscheinlich war es der Herr mit den schon angegrauten kurzen Haaren. Der andere mit dem Pferdeschwanz sah trotz des feinen Zwirns eher nach Ingenieur aus. Oder Projektleiter.
    Er streckte dem Herrn die Hand hin, der sagte Neumann, also doch der Ingenieur. Er gab dem anderen die Hand, der sagte Niedermeier, und da fiel ihm sein Missverständnis auf. Die Dame hatte sich selbst vorgestellt, nicht einen ihrer Mitarbeiter. Es war das erste kleine Desaster des Abends, größere würden folgen.
    Die größte Katastrophe jedoch geschah drei Tage später. Die Bevölkerung war durch Windsweep mehr oder weniger überzeugt worden, das versprochene Geld hatte den Bauern gefallen, und die Gemeinde war bereit, das Projekt anzugehen. Wenn da nicht Wenninge gewesen wäre, der am Informationsabend nach der Hälfte der Veranstaltung ohne ein Wort gegangen war. Gespräche am Telefon hatten zu nichts geführt, und Hubert machte sich auf den Weg, mit

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