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Nachhaltig tot (German Edition)

Nachhaltig tot (German Edition)

Titel: Nachhaltig tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brabänder , Karin Mayer
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scheuerte auf meinen Schultern, als ich auf der Suche nach einer Bleibe durch die menschenleeren Straßen von Sisterscrown wanderte. Auf meiner Karte war am anderen Ende des kleinen Ortes ein Campingplatz eingezeichnet, aber mit jedem meiner Schritte schwand in mir die Hoffnung, dass ich es vor Einbruch der Dunkelheit dorthin schaffen würde. Zudem schien es mir fast unmöglich, mein Zelt bei diesem Wetter aufzubauen.
    Als ich den Ortsrand erreichte, dämmerte es bereits, aber von einem Campingplatz war weit und breit nichts zu sehen, nur das rote Neonlicht eines Motels.
    Selbst bei diesem Sauwetter scheuten sich die Amis nicht, ihren Überfluss an Energie über das Land zu werfen. Dafür mussten sonstwo Menschen zu Hungerlöhnen Tag und Nacht schuften, und diese Ärsche hier beleuchteten den Regen in diesem menschenleeren Kaff.
    Die Straßen waren mittlerweile völlig überflutet, schlammiges Wasser schwappte über den Bürgersteig. Der Sturm wurde stärker, und ich kam kaum noch vorwärts. Mir blieb nichts anderes übrig, als das Motel aufzusuchen, das Letzte, was ich eigentlich vorhatte.
    Hätte ich damals geahnt, dass ich heute in dieser trockenen, völlig überhitzten Behausung sitzen würde, hätte ich dem Unwetter sicherlich etwas Positives abgewinnen können, so aber fluchte ich über den Sturm und den Regen und ging, so schnell ich konnte, in Richtung des Motels.
    Ich wollte die Straßenseite wechseln, als aus dem Nichts ein Pickup angeschossen kam. Er war viel zu schnell unterwegs, raste auf mich zu, sauste nahe am Bürgersteig vorbei und hupte ohne Unterlass. Die aufspritzende Gischt fiel wie ein Wasserfall über mich her. Ich war zwar zuvor bereits völlig durchnässt, aber jetzt wurde ich von der schlammigen Brühe von oben bis unten zugesaut. Völlig fertig und fassungslos starrte ich hinter dem Wagen her, bis ich merkte, dass er stoppte. Dann verschwanden die roten Bremslichter, und die weißen Scheinwerfer kamen auf mich zu. Die Sau hatte gewendet und schien Jagd auf mich machen zu wollen. Noch ehe ich begriff, was vor sich ging, wiederholte sich die Drecksprozedur, diesmal aus der anderen Richtung. Danach verschwand der Wagen in der Dämmerung, in der Ferne leuchteten die Bremslichter erneut auf. Ich erwachte aus meiner Schreckensstarre und stellte fest, dass ich nicht geträumt hatte. So schnell ich konnte, rannte ich zu dem Motel und rettete mich in Sicherheit und ins Trockene.
    Wenn ich mich an dieses Ereignis erinnere, spüre ich die nasse Kälte meiner verdreckten Klamotten plötzlich wieder auf meiner Haut, und die schwüle Hitze meines Domizils kommt mir erträglicher vor. Damals hätte ich weiß Gott was dafür gegeben, in die wohlige Wärme trockener Kleider schlüpfen zu können und mich bei einer heißen Tasse Tee aufzuwärmen. Knapp zwei Jahre ist das jetzt her, und dennoch ist mir dieser Tag in naher Erinnerung, denn er veränderte alles.
    Die junge Frau am Empfang zeigte trotz meines katastrophalen Erscheinungsbildes keinerlei Regung. Entweder war es für sie normal, dass Gestalten in diesem Zustand das Motel betraten, oder sie war völlig abgestumpft, was auf die Einnahme bewusstseinsstörender Substanzen hindeutete. Letzteres hielt ich für wahrscheinlich, denn sie schien geistig nicht anwesend zu sein, sprach kaum ein Wort, kassierte das Geld, reichte mir den Zimmerschlüssel und fertig. Weder fragte sie nach meinem Namen, noch ob ich einen besonderen Wunsch hegte.
    Das Zimmer war einfach, aber sauber, und verfügte über eine Dusche. Schleunigst streifte ich meine Klamotten ab und legte sie über den Stuhl. Ich packte meinen Rucksack aus und verteilte den Inhalt zum Trocknen auf dem Fußboden, der Bettdecke und dem Tisch, dann sprang ich unter die Dusche. Ich war gerade dabei, meine Sachen nach halbwegs trockenen Wäschestücken zu durchsuchen, als plötzlich die Tür mit lautem Getöse aufflog. Ein Mann stürzte ins Zimmer, stolperte durch den Raum und torkelte auf das Bett zu, wo er schließlich Halt bekam und sich aufrappelte. Er war von schmächtiger Statur, hatte lange dunkle Haare und war völlig durchnässt. Der lappige Anorak mit Tarnfarbenmuster war ihm mindestens zwei Nummern zu groß, die Armeestiefel und die Jeanshose starrten vor Dreck. Bei diesem Wetter war das nicht weiter verwunderlich, das Spektakuläre hingegen war die Pistole, die der Kerl in der Hand hielt.
    „Hey, Motherfucker! Hat dir der liebe Joe vorhin einen Schrecken eingejagt? Zwei Duschen gratis, hähä!

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