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Nachhaltig tot (German Edition)

Nachhaltig tot (German Edition)

Titel: Nachhaltig tot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Brabänder , Karin Mayer
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Du solltest dafür zahlen, Arschloch! Was meinst du?“
    Mir wurde klar, dass es der Irre war, der mit dem Pickup auf mich losgegangen war. Ich wollte etwas sagen, aber er stoppte mein Vorhaben, noch bevor ich beginnen konnte.
    „Halt’s Maul, Motherfucker! Los, gib Joe deine Kohle! Komm schon! Hast du Crack, Koks, Speed? Schau nicht so blöd, du Arschloch …“
    Der Typ redete und redete wirres Zeug und fuchtelte dabei wild mit der Pistole herum. Er schien mit Drogen vollgepumpt zu sein, seine Bewegungen waren fahrig, die Augen glasig, und die dürren Finger mit der Pistole zitterten. Hätte er die Waffe nicht gehabt, wäre es selbst für ein schmales Handtuch wie mich ein Leichtes gewesen, den Burschen zu überwältigen.
    Ich wollte ihn beruhigen, weil ich fürchtete, dass sich bei der Fummelei mit der Waffe womöglich aus Versehen ein Schuss lösen könnte, deshalb sprach ich ihn mit Namen an.
    „Joe, ich habe nichts, nur zehn Dollar, die kannst du haben“, log ich, in der Hoffnung, dass er das Geld nehmen und verschwinden würde. „Und Drogen habe ich keine. Ich nehme das Zeug nicht, Joe.“
    „Das kannst du deiner Großmutter erzählen, Motherfucker. Bist du ’ne Schwuchtel, he? Los, rück die Kohle raus, sonst blase ich dir deine verdammten Eier weg!“
    „Hör zu, Joe! Ich gebe dir die zehn Dollar und meine Uhr, mehr habe ich nicht“, bot ich an und ging zu meinem Rucksack, in dem ich die wasserdichte Mappe mit dem Geld und den Papieren deponiert hatte.
    „Willst du mich verarschen?“, fragte er und spannte den Hahn. „Okay, dann bediene ich mich selbst, nachdem ich dir das Hirn aus dem Schädel geblasen habe. Was hältst du davon, Motherfucker? Glaubst du, ich mache Witze?“
    Jetzt ergriffen mich Panik und Wut zu gleichen Teilen. Der Typ war zu allem fähig und würde mich umbringen, ob er bekam, was er wollte, oder nicht. Der Kerl war völlig durchgeknallt.
    „Tu’s nicht, Joe! Moment, ich gebe dir alles, was ich habe.“
    Ich ging langsam zu meinem Rucksack und griff hinein. Eigentlich wollte ich nach der Mappe greifen, aber dann fühlte ich die Scheide meines Campingmessers, das ich zwei Tage zuvor erstanden hatte. Der große feststehende Dolch mit einer ungeheuer scharfen Klinge konnte mit einem Schnellverschluss rasch aus der Scheide gezogen werden. Für den Fremden unsichtbar griff ich nach der Waffe und zog sie noch im Rucksack aus der Halterung.
    „Hey, Motherfucker, was machst du da?“, schrie der Junkie plötzlich und schnellte auf mich zu.
    Was dann geschah, spielte sich in Bruchteilen von Sekunden ab. Bis heute kann ich nicht nachvollziehen, wie die nächsten Augenblicke abliefen. Fest steht nur, dass Joe am Ende vor mir auf dem Rücken lag, röchelte und am ganzen Körper zuckte. Die Pistole lag neben ihm auf dem Boden, dafür steckte mein Dolch in seinem Hals.
    Weitere Augenblicke später lag er still, und seine Augen hatten immer noch den gleichen glasigen Mattglanz, mit dem Unterschied, dass sie jetzt ins Leere starrten, ohne etwas zu sehen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis mir klar wurde, dass ich soeben einen Menschen getötet hatte.
    Der Gedanke an diesen Abend jagt mir eisige Schauer über den Rücken, und plötzlich friere ich trotz der Hitze. Die Luft aus dem Ventilator ist jetzt kälter als der Wind an den Polkappen. Ich muss mich bewegen, sonst kriege ich noch eine Erkältung. Die könnte ich jetzt beileibe nicht gebrauchen.
    Zurück nach Sisterscrown.
    Was Joes Tod letztendlich für mich bedeutete, wurde mir erst einige Tage später klar, als ich Hunderte von Meilen weiter südlich wieder zur Ruhe kam und Zeit zum Nachdenken fand.
    Zuvor war ich Hals über Kopf mitten in der Nacht aus Sisterscrown verschwunden, zur Landstraße gerannt und zu Fuß weitergegangen, bis ich schließlich von einem Trucker mitgenommen wurde. Einige Stunden später hörte ich in einem Truckstop, dass Sisterscrown am frühen Vormittag von einem Tornado dem Erdboden gleichgemacht worden sei. Es waren zahlreiche Todesopfer zu beklagen. Den, dessen Ableben mit den Naturgewalten nichts zu tun hatte, erwähnten sie mit keinem Wort.
    Je weiter ich mich vom Tatort entfernte und je mehr Zeit verging, desto größer wurde meine Hoffnung, dass Polizei und Einsatzkräfte anderes zu tun hatten, als sich um die detaillierte Todesursache der Opfer von Wirbelstürmen zu kümmern. Immerhin war ich so clever gewesen, das Messer aus Joes Hals zu ziehen. Später hatte ich es an der Landstraße in ein

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