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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Die Kreisbahn der Pole variiert um zehn Meter, niemand fragt da nach ein paar Fingerbreit mehr. Weit beunruhigender ist, was man aus der Vergangenheit weiß: dass Superbeben oft nur wenige Jahrzehnte später ähnlich schwere Beben folgen.
    In Südostasien herrschte keineswegs nur Unwissenheit vor, sondern auch ein gehöriges Maß an Ignoranz. Manche der Verantwortlichen wussten um die Gefahr. Die Natur hat uns zu Verdrängungskünstlern erzogen, was im Verlauf der Menschheitsgeschichte entscheidende Überlebensvorteile mit sich brachte;
    allerdings ist es heute unentschuldbar, sich auf seine genetische Disposition zurückzuziehen. Dokumentationen belegen, dass es in Südostasien alle 230 bis 250 Jahre zu Erschütterungen solchen Ausmaßes kommt, und dass Superbeben überall auf der Welt meist pärchenweise auftreten. In 30 bis 40 Jahren kann sich die Katastrophe wiederholen. Bis dahin wird man besser vorbereitet sein — wie immer um den Preis der Opfer.
    So schlimm das ist, müssen wir uns von einem Begriff endgültig verabschieden: Katastrophe.
    Was im Nachhinein zur Katastrophe wird, ist im Vorfeld nämlich keine. In der Begrifflichkeit liegt eine Wertung, die zu einem fatalen Missverständnis führt, nämlich dass Tsunamis, Vulkanausbrüche und Feuersbrünste Ausnahmen von der Regel sind, tückische Überraschungsattacken eines übellaunigen Planeten. Doch das sind sie keineswegs. So genannte Katastrophen sind zuallererst Naturereignisse und im Übrigen die Regel. Wir müssen lernen, dass die Erde sich reckt und streckt und muckst, wie es ihr passt, und dass sie sich nichts Böses dabei denkt. Sie fordert uns Verständnis ab für ihre Lebensweise. So ist sie nun mal, die alte Dame. In Japan hat man das verstanden und sucht die Koexistenz. Nippon ist wohl eine der meistgebeutelten Erdbebenregionen Asiens, und jeder weiß darum. Dennoch hadert man dort nicht mit der Natur, sondern baut entsprechend, in der Gewissheit, dass der Mensch nicht gegen alles eine Versicherungspolice abschließen kann. Schon Vor Jahren haben die Küstenbewohner begonnen, ihren Städten Deiche vorzulagern, als erwarteten sie eine alliierte Invasion. Doch selbst meterhohe Betonmauern gewährleisten keine Sicherheit. Hartnäckig flickt und baut man sie immer wieder auf. Manchmal halten sie. Oft siegt die Natur. Nicht jeder Versuch, sie auszutricksen, gelingt. Die Japaner lassen sich davon nicht entmutigen und haben wenig Verständnis, wenn Leute mit Schafsgesichtern Schäden begutachten, um deren Ursache sie hätten wissen müssen.
    Kommen wir zur zweiten Tsunami-Kategorie. Sie ist weit seltener, hat im Verlauf der Erdgeschichte allerdings zu den dramatischeren Einschnitten geführt. Impact-Tsunamis entstehen, wenn etwas Großes mit hoher Geschwindigkeit ins Meer stürzt, so wie es vor 205 Millionen Jahren am Übergang von Trias zu Jura geschah. Meteoriten erzeugen Tsunamis ganz anderer Art. Auch hier wird die komplette Wassersäule in Bewegung versetzt. Weil jedoch Wasser an der Oberfläche verdrängt wird, schießt es in die Höhe. Sedimentablagerungen an der schottischen Küste lassen vermuten, dass die Trias-Jura-Wellen Geschwindigkeiten um die 1.000 Stundenkilometer entwickelten und mit über einem Kilometer Höhe losrasten. Je nach Größe eines Meteoriten sind bis zu vier Kilometer hohe Wasserwände vorstellbar. Auch wenn sich Impactwellen im Verlauf ihrer Ausdehnung abschwächen, sollte man küstennahe Städte geräumt haben, bevor sie eintreffen. Einigermaßen sichere Fluchtziele finden sich in den Anden oder auf dem Himalaya-Plateau. Man muss nur hinkommen.
    Auch Meteoriten sind im Weltraum nichts Besonderes, ebenso wenig, wie sie nach Sauriermanier auszusterben pflegen, um zivilisierte Rassen nicht länger zu belästigen. Augenscheinlich, da längere Zeit keiner herniedergeplumpst ist, gehören sie in den erdhistorischen Wilden Westen. Tatsächlich trudeln sie mit schöner Regelmäßigkeit vorbei, ohne Schaden anzurichten. Doch wehe, im kosmischen Billard kommt es zum Kugelkontakt. Die Gefahr, von einem solchen Brocken zurück ins Archaikum katapultiert zu werden, besteht unvermindert. Halbherzig wird darum an Meteoritenabwehrsystemen geforscht — praktisch ist kein Geld dafür vorhanden. Wie gesagt, der Mensch ist ein Verdrängungskünstler. Geschenkt. Nur dürfte das Jammern groß sein, wenn sich der nächste kosmische Godzilla auf Rempelkurs befindet und Bruce Willis gerade drehfrei hat.
    Die Ignoranten teilen sich in zwei

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