Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Auswirkungen wären dann bei weitem weniger dramatisch, möglicherweise nicht mal mit Gefahr für Leib und Leben verbunden. Doch wie das so ist mit den Prognosen, sie bleiben wässrig.
Fazit: Kaum eine Küste ist wirklich vor Tsunamis sicher. Sie drohen in allen erdbebengefährdeten Gebieten, ergo auch im Mittelmeer. Allerdings lösen erst Beben der Stärke 7 nennenswerte Wellen aus. Die meistgefährdete Region ist und bleibt der Pazifik, fast durchweg umschlossen von aktiven Kontinentalrändern und Subduktionszonen. Angesichts dessen hat man sich dort zusammengerauft und ein Tsunami-Warnsystem installiert. Das PTWC — Pacific Tsunami Warning Center — arbeitet mit einiger Effizienz. Wunder vollbringt es nicht, doch je nach Epizentrum bleibt genügend Zeit, Anrainerstaaten zu warnen und Evakuierungen in Gang zu setzen. Ist man sich im PTWC sicher, dass die gemessenen Wellen einen größeren Tsunami auslösen könnten, werden offizielle Stellen informiert.
Leider hat die Sache einen Haken: Trotz verfeinerter Technologien überwiegt die Zahl der Fehlalarme. Wer dreimal hintereinander im Schweinsgalopp das Landesinnere aufsuchen musste, um anschließend zu hören, nicht mal Juniors Sandburg sei zu Bruch gegangen, wird beim vierten Mal kaum Lust verspüren, sich schon wieder auf die Socken zu machen. Und ausgerechnet dann kommt sie — die Mutter aller Wellen.
Südostasien hatte kein Tsunami-Warnsystem. Man hielt es nicht für notwendig. Nun hat Deutschland eines für die Region entwickelt. Und wieder fragt man sich, warum es immer erst ganz dick kommen muss. Als hätte es keine Gutachten, Aufzeichnungen oder Bücher gegeben. Möglicherweise berichtet sogar die Bibel vom GAU. Die Sintflut könnte ein Mega-Tsunami gewesen sein, ausgelöst vom in die Luft geflogenen Santorin. Und Noahs Arche eines der Schiffe, die von den Wassermassen weit im Landesinneren abgesetzt wurden. Gut, dass der weise Mann von jedem Tier ein Pärchen mit an Bord genommen hatte. Nur die Zecken hätte er getrost zu Hause lassen können.
Haben wir nun alle Wellen kennen gelernt? Im Wesentlichen schon, einschließlich Ebbe und Flut — auch der Wasserbuckel, den der Mond erzeugt, ist eine Welle, eine Gezeitenwelle. Sie ist allerdings so riesig, dass wir sie erst wahrnehmen, wenn wir denselben Strand in Abstand einiger Stunden betrachten. Dann gibt es noch die Rossbywelle. Wie die meisten Wellen verdankt sie ihre Entstehung dem Wind, wird jedoch von der so genannten Corioliskraft zurückgepfiffen. Die entsteht als Folge der Erdumdrehung und wird uns im folgenden Kapitel beschäftigen, weshalb wir an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen. Außerdem dürften Sie von Riesenwellen allmählich die Nase voll haben, und Rossbywellen weisen Längen von über 10.000 Kilometern auf. Doch keine Angst!
Dafür werden sie gerade mal zehn Zentimeter hoch. Rossbywellen sind Teil der großen Meeresströmungen, bei deren Erzeugung die Corioliskraft übrigens eine wichtige Rolle spielt.
Apropos Strömungen: Haben Sie Lust auf eine kleine Reise? Sie dauert nicht sehr lange. Nur etwa eintausend Jahre. Und wir reisen komfortabel, in einem schmucken kleinen Tauchboot. Nicht mal von Antriebsgeräuschen lassen wir uns stören. Unser Boot hat keinen Antrieb. Wir lassen uns treiben, Schwarzfahrer im globalen Fernverkehrssystem. Die Oberfläche und die Tiefe werden wir erkunden, den äußersten Norden, den eisigen Süden, die warmen Gewässer der Mitte. Proviant ist reichlich vorhanden, und den Kurs kennt der Planet. Nur staunen müssen Sie selber.
Ob wir mit Navigationssystem reisen?
Wenn Sie möchten.
Stau am Kap der Guten Hoffnung
ZIELEINGABE: ERDUMRUNDUNG
Willkommen in der großen thermohalinen Zirkulation.
Unsere Reise beginnt in der Karibik, in der Kinderstube des Golfstroms. Ausgesprochen gemütliche Temperaturen um uns herum. Voll getankt mit tropischer Sonne ist der Nordäquatorialstrom durch die kleinen Antillen hierher gelangt, bis in den Golf von Mexiko. Wir spüren, wie es uns gen Norden zieht. Dachten wir nicht immer, der Golfstrom fließt? Einfach so von sich aus? Aber das tut er nicht, er wird in die obere Hemisphäre gezerrt wie an Gummibändern, und so passieren wir die Spitze Floridas in flottem Tempo.
Unter Ihrem Sitz sind Snacks. Bedienen Sie sich.
Derzeit reisen wir im Oberflächenwasser. Vier Arten von Wasser bilden das globale Strömungssystem, Oberflächenwasser ist eine davon. Dass wir obenauf schwimmen, hat seinen Grund in
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