Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Lager. Die einen ziehen es vor, in Kriege zu investieren. Andere verweisen auf humanitäre Missstände und fordern, das Geld dort zu investieren, wo Menschen zu viel Hunger haben, um sich über Meteoriten den Kopf zu zerbrechen. Allzu verständlich. Andererseits hätte man einige der Millionen, die im Irak verbombt wurden, in die Entwicklung eines funktionierenden Abwehrsystems stecken sollen, denn die Bombe aus dem All wird Christen wie Muslime gleichermaßen vor das Angesicht des Herrn zitieren. Der wird natürlich wissen wollen, womit wir uns die Zeit vertrieben haben, und wir werden antworten müssen, dass wir uns die Köpfe eingeschlagen haben, weil im Koran nicht ganz genau dasselbe steht wie in der Bibel. Daraufhin wird er uns mit nie gehörten Kraftausdrücken titulieren und fragen, warum seine Schöpfung zu blöde war, die einfachsten Dinge zu kapieren. Hatten wir nicht jede Menge Zeit zu lernen? Aber da stehen wir nun, und Gott wird seufzen und seine Engel anweisen, den ungeliebten Vetter in der Hölle anzurufen und nachzufragen, ob er noch für sechs Milliarden Idioten Zimmer frei hat.
Zugegeben, der letzte Meteoriteneinschlag ist ein bisschen her. Der letzte Impact-Tsunami aber keineswegs. Erst 1958 rutschte in Südalaska eine komplette Bergflanke ins Meer und erzeugte eine 150 Meter hohe Welle, die an die Küste schlug und so hoch aufspritzte, dass sie noch in einem halben Kilometer Höhe Bäume von den Hängen rasierte. Tsunamis der ersten Kategorie sind hingegen Alltag. De facto ist auf den Meeren jede Woche einer unterwegs, nur meist so schwach, dass er sich an Land nicht mal durch freches Plätschern bemerkbar macht. Wer allerdings 1755 in Lissabon gewesen wäre, hätte sein atlantikblaues Wunder erlebt. Das legendäre Beben setzte 15 Meter hohe Wellen in Gang. 1883 explodierte in Indonesien der Krakatau mit solcher Heftigkeit, dass 40 Meter hohe Wellen 36.000 Menschen töteten und die Druckwelle mehrmals um die Erde raste — ein Effekt, der seinerseits kleinere Tsunamis auslöste wie den im neuseeländischen Lake Taupo, denn auch plötzlicher Luftdruck kann Wasser bewegen. 1960 dann sandte das stärkste Beben, das je gemessen wurde, 25 Meter hohe Wellen nach Chile, Hawaii und Japan. Selbst die philippinischen Küsten wurden von den Wassermassen überrollt. Wem das nicht reicht, der wird in der Antike fündig, als der Santorin hochging. 60 Meter hohe Wellen löste der Vulkan aus. Keine Rede mehr vom Surferparadies. Der Schluckauf des Santorin dürfte mit einiger Sicherheit die minoische Kultur auf Kreta ausgelöscht haben.
Das Lästige an Vulkanen ist nicht nur, dass sie Lava spucken. Unter dem Druck aus dem Erdinneren können sie auch fulminant zerplatzen. Sind sie am Meer gelegen, gelangen Millionen Tonnen Gestein ins Wasser. Die Trümmer schlagen mit Geschwindigkeiten von einigen hundert Stundenkilometern auf. Seit einigen Jahren hört man munkeln, so ein Ereignis stünde uns demnächst ins Haus: eine hübsche kleine Insel rüste sich zum großen Schlag. Gut möglich. Vor Westafrika liegt La Palma, eine beschauliche Kanareninsel, die ebenso wie ihre Geschwister Teneriffa, Gran Canaria, Lanzarote und Fuerteventura nichts anderes ist als ein hoher, steiler Lavakegel. Der Cumbre Vieja, wie die Vulkankette La Palmas zusammenfassend genannt wird, gilt als erloschen — sagt das Fremdenverkehrsministerium. Andere merken an, dass es auf La Palma 1949 schwer gerappelt hat, wodurch ein Teil der Westflanke absackte. Der entstandene Riss reicht bis ins Innere der Insel. Nicht nur ausgemachte Pessimisten mutmaßen, dass die Flanke bei der nächsten Eruption vollständig abgesprengt wird. Weniger die aufsteigende Lava dürfte dafür verantwortlich sein, sondern das im Berg eingeschlossene Wasser, das sich erhitzen und explosionsartig ausdehnen wird. 500 Kubikkilometer Gestein, schätzen Experten, werden in den Atlantik stürzen, so rasch, dass eine gewaltige Luftblase entsteht, die noch mehr Wasser verdrängen wird. Über die Höhe der daraus resultierenden Welle gehen die Meinungen auseinander. Sollte La Palma auseinander brechen, dürfte sie auf alle Fälle die Kanaren und den Rand der Sahara wegputzen, um wenige Stunden später New York zu überrollen — mit 50 Meter hohen Wasserwänden.
Ob es auf La Palma kracht, ist nicht die Frage, sondern vielmehr, wann. Und — zur Beruhigung! — ob alles Gestein auf einmal abgesprengt wird oder in Schüben herniederrauscht. Denn auch das könnte geschehen. Die
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