Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
fahren ließe. Der König würde viel Zeit verlieren. Doch dazu musste er sich den Schiffen unbemerkt nähern. Unmöglich, die ganze Strecke unter Wasser zurückzulegen, schon der Aufenthalt unter dem Rumpf hatte seine Lungen bis zum Äußersten strapaziert.
    Sein Blick fiel auf ein Büschel Schilfrohr.
    Und plötzlich kam ihm die Erleuchtung. Scyllis grinste, stolz wie die gesamte griechische Armee. Er suchte ein besonders stabiles Rohr, schnitt es ab und blies ein paar Male hinein, um sicherzugehen, dass es nicht verstopft war. Dann wartete er auf die Dunkelheit, ließ sich ins Wasser gleiten, nahm das Rohr zwischen die Lippen und schwamm dicht unter der Oberfläche dahin, mitten hinein in die ankernde Flotte, wo er seinen Plan Trosse für Trosse in die Tat umsetzte. Anschließend, heißt es bei Herodot weiter, sei er 15 Kilometer weit geschwommen, bis er die griechischen Verbände vor Kap Artemisium erreichte.
    Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass Scyllis den Schnorchel erfunden hat. Sofern nicht vorher schon jemand auf die gleiche Idee gekommen war.
    150 Jahre später schrieb Aristoteles von Tauchern, die Töpfe als Helme verwendeten. Auch Alexander der Große soll ein ausgeprägtes Interesse für das Leben unter Wasser entwickelt haben. Angeblich reiste der Feldherr in einem Bottich aus Holz und Glas bis in 20 Meter Tiefe, wohl um nachzuschauen, was es da zu erobern gäbe. Viel kann er nicht gesehen haben. Der Luftvorrat war gering und wurde in der Tiefe stark komprimiert. Dennoch heißt es in den Überlieferungen:
    »Siebzig Tage saß der große König in seinem gläsernen Boot tief drunten im Meer und betrachtete die Wunder und Ungeheuer der Tiefe. Dabei hat er einen Fisch entdeckt, der so groß war, dass es drei Tage dauerte, bis er vorbeigeschwommen war.«
    Der Fisch dürfte eine Ente gewesen sein. Der Faszination der Tiefe tat das keinen Abbruch. 1515 entwarf Leonardo da Vinci ein Tauchboot, das allerdings nie das Dämmerlicht der See erblickte. Erst der Niederländer Cornelis Drebbel baute 1620 den ersten manövrierfähigen Tauchapparat. Das Problem mit der Atemluft löste Edmund Halley (der als Namensgeber des berühmten Kometen zyklisch grüßt), indem er eine Tauchglocke per Schlauch mit luftgefüllten Fässern koppelte. Von einem richtigen U-Boot ließ sich kaum sprechen. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts waren tauchfähige Konstruktionen auf Segel oder Ruderer angewiesen.
    Das änderte sich 1776 mit der Turtle des amerikanischen Erfinders David Bushneli. Zwei Schrauben wurden via Handkurbel in Bewegung gesetzt, womit an der Oberfläche nichts mehr von dem klobigen Ein-Mann-Gefährt zu sehen war. Prompt stürzten sich die amerikanischen Seestreitkräfte auf die Turtle und setzten sie im Hafen von New York gegen ein britisches Kriegsschiff ein. Sie sollte den Rumpf anbohren und eine Bombe platzieren, was nicht klappte. Auch das 1801 vom Amerikaner Robert Fulton entworfene Drei- Mann-U-Boot Nautilus erwies sich im militärischen Einsatz als lahme Ente. U-Boote schienen ein Schlag ins Wasser zu sein.
    Zu dieser Zeit ahnte man noch nichts vom U-Boot-Krieg.
    Erst am 23. Januar 1960 begann die friedliche Karriere der Tieftauchboote. Jacques Piccard und Don Walsh setzten die Trieste auf den Grund des Mariannengrabens. So tief war nie zuvor ein Mensch gekommen. Zwar hatten William Beebe und Otis Barton schon in den Dreißigern mit ihrer Batysphäre, einer zweieinhalb Tonnen schweren Stahlkugel, 900 Meter erreicht, aber erst Piccards Trieste versetzte die Welt in einen wahren Tiefenrausch. Nachfolgemodelle ähnlicher Bauart brachen zu wissenschaftlichen Tiefsee-Missionen auf, bis Jacques-Yves Cousteau kleinere, beweglichere Boote entwickelte, die fortan zur Ausrüstung seines Forschungsschiffs »Calypso« gehören sollten.
    Und dann leitete Robert Ballard die Neuzeit ein.
    Ballards Alvin hat bis heute viel gesehen: die Tiefseeoasen an den »Schwarzen Rauchern« des Mittelatlantischen Rückens, die Titanic, die Bismarck, die Britannic ... die Liste ist lang. Der vielleicht populärste aller Ozeanographen baute sein berühmtes Tauchboot bereits 1964, doch bis heute ist die Alvin tiefseetüchtig. Ihre Konstruktionsweise galt damals als revolutionär, weil Ballard Titan verwendete, der nicht nur fester als Stahl ist, sondern auch nur halb so schwer. Mit ihren Roboterarmen, Computern, Kameras und diversen Messgeräten ist die Alvin für wissenschaftliche Erkundungen ideal. Drei Personen finden (wenig)

Weitere Kostenlose Bücher