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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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ein, die aus den vulkanischen Abyssalen des jungen Ozeans hochgeschwemmt worden waren und nun als Folge des Zusammenschlusses oxidierten. Dadurch konnte sich das Eisen nicht mehr lösen und verschmolz zu langen Molekülketten, die unter ihrem eigenen Gewicht zurück in die Tiefe sanken und sich dort ablagerten — ein Großteil unserer heutigen Eisenerzvorkommen entstammt jener Zeit.
    Doch die Cyanobakterien erwiesen sich als Kaninchen der frühen Jahre. Vor allem in den flachen, von der Sonne beschienenen Gewässern produzierten sie derartige Überschüsse an freiem Sauerstoff, dass große Mengen nicht mehr im Wasser gebunden werden konnten, sondern als Gas in die Atmosphäre aufstiegen. Nun oxidierte plötzlich die ganze Planetenoberfläche. Auch davon künden Erze, nämlich das rote Eisenerz Hämatit, aus dem wir ersehen können, dass die Erde rostete wie ein altes Auto.
    Aber das war nicht das eigentliche Problem.
    Moment mal? Sauerstoff war ein Problem?
    Allerdings. Die Cyanobakterien waren nur am Wasserstoff interessiert. Mit Sauerstoff wussten sie nichts anzufangen, also weg damit. Arge Bösewichte waren das, Umweltsünder weitab jeder Reue, gewissenlose Giftschleudern, die nur ihren schäbigen Appetit im Sinn hatten. Denn was sie da so achtlos wegwarfen, erwies sich für das Gros der damaligen Organismen als tödlich.
    Vielleicht war Miss Evolution nicht recht klar gewesen, was sie mit der Erfindung des Zellmantels und der Photosynthese auslösen würde. Das erste große Artensterben resultiert aus ihrem Hang zur Innovation. Allerdings muss man sagen, dass die Dame wenig Mitleid kennt. Mit Bedauern hält sie sich nicht lange auf. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Statt zu lamentieren, erkannte sie die Möglichkeiten, das Leben in völlig neue Bahnen zu leiten. Schließlich hatte sie schon eine ganze Weile darüber nachgedacht, wie es eigentlich mit den Eukaryonten weitergehen sollte.
    Euka — was?
    Zur Erinnerung: Eubakterien, so genannte Echte Bakterien, und Archäen besaßen keinen Zellkern, weshalb man sie zusammen als Prokaryonten bezeichnet. Sie bildeten die ersten Zellpopulationen, aus denen alle möglichen späteren Zellvarianten hervorgingen, angepasst an ihre jeweilige Umwelt, darunter auch jene Cyanobakte- rien, die das Klima so rücksichtslos mit Sauerstoff verpesteten.
    Vor mehr als zwei Milliarden Jahren müssen ein paar größenwahnsinnige Prokaryonten dann beschlossen haben, sich nicht länger mit ihresgleichen gemein zu machen. Man wuchs. Und wuchs. Und wuchs und wuchs. Um ein Vielfaches größer als ihre Kollegen, entwickelten die Giganten gewaltigen Hunger. Ihre Zellwand hatten sie bereits verändert, doch als Neureiche der Meere mochten sie sich mit der einen nicht zufrieden geben. Eine zweite musste her. Fortan schützte die innere Wand ihr Genom, die äußere hingegen bildete eine Art externen Magen, in dem sie selber hausten. Diesen Magen stülpten sie kurzerhand über alles, was das Pech hatte, gerade in der Nähe zu sein. Ganze Bakterien wurden auf diese Weise von den rund 10.000 Mal größeren Jägern verschlungen. Nichts war vor den Vielfraßen sicher, die als Eukaryonten in die Lehrbücher eingegangen sind, als Urväter der drei großen Reiche, die da heißen: Tiere, Pflanzen und Pilze.
    Und Menschen?
    Sorry. Werden unter Tiere verbucht.
    Eu heißt im Altgriechischen »gut«. Heute gibt’s Gutmenschen, damals gab es Gutzellen, anders gesagt, Zellen mit Zellkern, der nun dank der inneren Membran entstanden war. Dicht verknäuelt lagerte darin das Supermolekül mit der Erbinformation, die DNS, aufgeteilt in Chromosomen, um das Erbgut in den äußeren Mantel zu transportieren. Der Preis für Riesenwachstum, Verfressenheit und einen zweiten Zellmantel war allerdings, dass Eukaryonten keine Photosynthese vollziehen konnten. Die aber war gerade schwer in Mode. Gruppen junger, erfolgreicher Cyanobakterien, trendy und angesagt, zogen durch die Flachgewässer, feierten Vermehrungsparties im Sonnenlicht und schmissen mit Sauerstoff nur so um sich. Allmählich dämmerte den Riesen, dass sie irgendwas verpasst hatten und möglicherweise Gefahr liefen, auszusterben. Also änderten sie ihre Gewohnheiten. Sie verleibten sich die kleineren, Sonnenlicht atmenden Bakterien ein, zersetzten sie jedoch nicht, sondern boten ihnen einen Handel an. Geschützt vom äußeren Zellmantel der Eukaryonten, konnten die Sauerstoffatmer sich an allem gütlich tun, was die Zellgiganten erbeuteten. Dafür

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