Nachrichten aus einem unbekannten Universum
Wolke ihren Namen durch den niederländischen Astronomen Jan Hendrik Oort, der hier die Geburtsstätte so genannter langperiodischer, also wiederkehrender Kometen erblickte. Immer wieder gerieten Trümmer in der Wolke aneinander, beeinflusst durch die Anziehungskraft benachbarter Sterne — auch zu der Zeit, als die Erde unter den Schritten der Saurier erzitterte. Es kam zu Kollisionen, manche Brocken wurden herausgeschleudert aus dem Verbund und machten sich auf ihre periodische Reise durch unser Sonnensystem. Vor gut 65 Millionen Jahren, rund 1,5 Lichtjahre jenseits des Jupiter, brach solch ein Klotz aus und raste auf die Erde zu, und statt rechtzeitig abzubiegen, rammte er mit über 25 Sekundenkilometern das Küstengebiet der mexikanischen Halbinsel Yucatan.
Dortselbst, Frühjahr 2000: Wissenschaftler untersuchen den 200 Kilometer großen Chicxulub-Krater, den sie als Einschlagstelle des Meteoriten identifiziert haben. Seltsame Ringstrukturen in der Umgebung lassen auf eine solch immense Schockwelle schließen, dass sich umliegende Sedimente kurzzeitig in eine quasiflüssige Masse steiniger Partikel verwandelt haben müssen, ein körniges Meer, das die Wellenform nach außen trug. Gareth Collins von der Huxley School of Environment, Earth Sciences and Engineering des Londoner Imperial College hat diesen Effekt in einer Computersimulation nachgewiesen und damit die landschaftlichen Besonderheiten des Einschlaggebiets mit seinen Erhebungen und Ringstrukturen einleuchtend erklärt. Allerdings, so Collins, hätte dieses Ereignis alleine kaum ausgereicht, ein Massensterben zu verursachen, vielmehr mussten klimatische Veränderungen und heftiger Vulkanismus das Ende der Saurier schon lange vorher eingeleitet haben.
Yucatan, 2001: Fauna und Flora wurden vergiftet; daran ging alles zugrunde. Zwar schlug ein Meteorit in Mexiko ein, mit weniger als zehn Kilometern Durchmesser allerdings zu klein, um genug Staub für einen nuklearen Winter aufzuwirbeln. Durch Verdampfung gelangten jedoch Karbonate und Sulfate in die Atmosphäre, die sich dort mit Wasser verbanden und hochtoxische Schwefelsäure produzierten. Jahrelang waren Pflanzen und Tiere diesem sauren Regen schutzlos ausgesetzt, mit dem bekannten traurigen Ausgang.
Yucatan, 2001, später im Jahr: Nein, der Meteorit war an allem schuld. In dem dramatisch kurzen Zeitraum von 8.000 bis 12.000 Jahren vollzog sich das zweitgrößte Artensterben der Erdgeschichte. Starker Vulkanismus ist zwar ebenfalls nachgewiesen, aber über eine Periode von mindestens einer halben Million Jahre. Damit dürfte das Leben einigermaßen zurechtgekommen sein, am Einschlag des Riesenmeteoriten jedoch musste es scheitern.
Kalifornien, 2001, noch etwas später: Astronomen der University of California untersuchen die letzten 100 Millionen Jahre unseres Planetensystems und stoßen auf Anomalien in den Umlaufbahnen. Unter anderem war damals auch die Erde vom Kurs abgewichen. Die ausbüxenden Planeten, die mit verschiedenen Geschwindigkeiten um die Sonne kreisten und einander von Zeit zu Zeit recht nahe kamen, störten das gravitative Gleichgewicht in der Oort’schen Wolke. So wurde der fatale Meteorit oder Asteroid — darüber wird gestritten — umgelenkt und prallte auf die Erde. Unbeantwortet bleibt die Frage nach der Henne und dem Ei. Veränderte die Erde ihre Umlaufbahn als Resultat des Einschlags, oder wurde der Einschlag durch die Änderung der Umlaufbahn erst provoziert?
Ende 2001: Der Meteorit war eindeutig größer als zehn Kilometer im Durchmesser. Er durchschlug die Erdkruste und brachte die Umgebung zum Kochen. Karbonat- und Sulfatgestein verdampften, mischten sich mit Wasser und produzierten den todbringenden Regen, außerdem gelangten große Mengen Staub in die Atmosphäre und verdunkelten den Planeten für Jahre. Die Kombination aus toxischen Niederschlägen und nuklearem Winter gab dem Leben dann den Rest.
2002: Kevin Pope, der bei der Entdeckung des Chicxulub-Kraters eine maßgebliche Rolle spielte, variiert die Verdunklungstheorie. Um das Sonnenlicht weltweit abzuschirmen und damit die Photosynthese zum Erliegen zu bringen, hätte weit mehr Staub in die Atmosphäre gelangen müssen, als der Meteorit freizusetzen in der Lage war. Allerdings kam es in Folge des Impacts zu einem globalen Flächenbrand, der die Wälder entzündete. Mit den Bränden stiegen gewaltige Mengen Ruß in die Atmosphäre und knipsten weltweit das Licht aus.
2002, fast zeitgleich: Biologen und
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