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Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Nachrichten aus einem unbekannten Universum

Titel: Nachrichten aus einem unbekannten Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Mosasaurier einen überaus eleganten Anblick geboten haben, sofern man bei herannahenden Riesenechsen dafür einen Sinn entwickelt. Sie waren die letzten großen Meeresräuber im Reich der Reptilien, Giganten, nach denen eigentlich nicht mehr sonderlich viel kommen konnte.
    Aber etwas kam. Und zwar von oben.
    Kaum eine Frage ist von Paläontologen so heftig diskutiert worden wie die nach der Ursache für das Aussterben der Dinosaurier. Dabei ist die Frage an sich schon falsch. Denn außer den Dinosauriern starben auch andere Tierarten, von der Dezimierung der Flora ganz zu schweigen. Vor 65 Millionen Jahren endete eine Ära, die wir in grenzenloser Selbstüberschätzung lange Zeit als verfehltes Experiment unserer geschätzten Miss Evolution angesehen haben. Die Dinos seien zu dick und zu schwer gewesen, zu tranig und zu trampelig, im Ganzen unmodern und wenig gefällig, die mussten weg. Erst seit wenigen Jahren beginnt man sich vor Augen zu führen, wie lange Dinosaurier die Erdgeschichte eigentlich mitgestalteten. Mindestens 155 Millionen Jahre Regentschaft, da lässt sich kaum von evolutionären Verfehlungen sprechen. Paläontologen vertreten die Auffassung, dass die Saurier zu Wasser und zu Lande sogar überdurchschnittlich erfolgreich waren. Und dass sie, hätte alles nicht so tragisch geendet, durchaus in der Lage gewesen wären, eine Gattung hervorzubringen, die sich mit uns Menschen vergleichen ließe: intelligente Sauroiden, die eines Tages einen Hinterlauf in den Mondstaub gesetzt und ausgerufen hätten: »Ein kleiner Schritt für eine Echse, ein großer Schritt für die Echsenheit.«
    Unheimlich ist und bleibt, was eine Ära, die solch beeindruckende Erfolge aufzuweisen hat, so radikal beenden konnte.
    Als der französische Wissenschaftler Baron George Cuvier Anfang des 19. Jahrhunderts erste deutliche Anzeichen für ein Massenaus- sterben der Dinosaurier fand, glaubte er noch an einen gottgewollten Vorgang. Cuvier schätzte den Herrn so ein, dass er periodisch Modelle vom Markt nahm und durch Nachfolger ersetzte, die dann eine komplette Umwelt zur Neuorientierung zwangen, etwa so, wie wir es von Bill Gates gewohnt sind. Zwecks dessen, so Cuvier, schicke Gott immer mal wieder große Katastrophen über die Schöpfung, deren eine übrigens auch Homo sapiens sapiens fortspülte, die Sintflut.
    Aber es ist, wie wir gesehen haben, umgekehrt. Arten sterben aus, weil sie den veränderten Gegebenheiten nicht gewachsen sind, und schaffen Raum für neue, die damit zurechtkommen. Mitunter verändern auch die Arten selbst ihre Umwelt wie im Fall der Sauerstoff erzeugenden Bakterien. Eines bedingt das andere. Wie gesagt, der Tod ist immer auch ein Anfang, und ein Planet, dessen Kontinente wandern, dessen Klima drastischen Veränderungen unterworfen ist, der von subtropischer Erwärmung bis hin zu vollständiger Vereisung alles im Repertoire hat und zudem vulkanisch aktiv ist, fordert der Evolution ein ständiges Umdenken ab. Auch wir sollten uns rechtzeitig was einfallen lassen, denn was der eine durch die Erzeugung von Sauerstoff bewirkt hat, kann dem anderen durch übermäßige Freisetzung von CO 2 ebenso widerfahren.
    Vordergründig betrachtet war die Welt zur Kreidezeit ein Garten Eden. Angenehm warm, artenreich, mit einer sich rasant entwickelnden Vegetation. Die Ammoniten überboten sich in der Ornamentik ihrer Wohnspiralen, man könnte durchaus von einer gewissen Dekadenz sprechen. Zum Schrecken aller Schüler bildeten sich in dieser Periode die Schreibkreide-Vorkommen aus — das Plankton war schuld. Die Kalkgehäuse verstorbener Einzeller sanken in großer Menge zum Meeresgrund und wurden dort zu einer kompakten Schicht zusammengepresst. Genau genommen verschmieren wir heute die Wohnungen von Mikroben auf der Schultafel, aber erzählen Sie das bloß nicht Ihren Kindern.
    Auf den zweiten Blick sah es längst nicht so gemütlich aus. Pangäa war auseinander gebrochen, Gondwana in Auflösung begriffen. Indien zog es nach Norden, Südamerika entfernte sich nach Westen, Australien und der Antarktische Kontinent spalteten sich ab. Die Meeresströmungen wurden in neue Bahnen gezwungen, weltweit stieg der Meeresspiegel und überflutete große Teile des Landes. Die Rocky Mountains schlossen sich zu einer einzigen Gebirgskette, die Anden formierten sich. Afrika drängte gegen Europa und stauchte die Tethys zusammen, was den Vorläufer des Mittelmeers noch attraktiver machte, denn nun hatte es das Leben von Küste zu

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