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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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mit mir ins Gericht. Hier soll sich das ändern. Ich will mir einfach mal etwas Gutes tun, ohne Verpflichtungen in den Tag hineinleben und das machen, worauf ich gerade Lust verspüre. Und das alles möglichst weit weg von zu Hause und dem klar geregelten Alltag. In der Hoffnung, dass diese völlig neue Umgebung am anderen Ende der Welt eine Hilfe dabei ist. Das ist auch der Grund, warum ich mich auf diese Reise so irrsinnig gefreut habe. Einfach mal rauskommen, etwas ganz anderes sehen, Abenteuer erleben. Vor dem Abflug habe ich mich zwar über Bali schlaugemacht und mir zwei, drei Dinge zurechtgelegt, die ich unbedingt machen möchte. Aber wie und in welcher Reihenfolge, ist noch völlig unklar. Und was sonst noch alles ansteht, werde ich dann schon vor Ort sehen. Das passt auch zu meinem momentanen Leben. Keine Ahnung, wie es weitergeht. Ich bin planlos. Das fühlt sich meistens beängstigend an. Vor allem wahrscheinlich, weil ich diesen Zustand nicht gewöhnt bin und mir ein Gefühl von Sicherheit abgeht. Die Sicherheit, die man sich einredet, wenn man eine genaue Vorstellung von seiner Zukunft hat. Besser gesagt, zu haben scheint. Denn diese Sicherheit ist niemals real, sie ist trügerisch.
Und so kommt auch hin und wieder ein Gefühl der Befreiung in mir auf. Eben nicht mehr gefangen zu sein in meinen festen Vorstellungen und scheinbaren Pflichten. Offen zu sein für das, was das Leben bereithält. Und Vertrauen, dass alles seinen Sinn hat und gut so ist, wie es eben gerade ist. Hoffentlich drängt sich dieses wesentlich angenehmere Gefühl im Laufe der Reise in den Vordergrund. Bisher gelangt es nur vereinzelt an die Oberfläche.
Angekommen in Padang-Padang, der erste Schock. Das mit den Motorbikes wird nichts. Der Plan war eigentlich, sich so ein Gefährt auszuleihen und die Küste unsicher zu machen. Leider muss ich nach fünf Minuten erkennen, dass ich diese Idee besser verwerfen sollte.
Ein kleiner Innenhof ziert die Anlage des Mandala Inn, und hier wollte ich mich «einfahren». Ich bin in Deutschland noch nie Moped oder Roller gefahren, und wie ich schnell feststellen muss, bin ich absolut talentfrei darin. Gas geben mit der Hand ist für mich ein einziges Rätsel. Mal gebe ich zu viel Gas, mal zu wenig, ich habe null Gefühl für die Sache. Hinzu kommt, dass ich überhaupt kein Gleichgewicht auf dem Ding finde. Peinlich berührt versuche ich also, hier möglichst gemächlich meine Runden zu drehen. Ich ahne schon, dass das nichts wird mit meinem Vorhaben.
Dann passiert es. Am Rand des Hofes hocken zwei gemütliche alte Balinesen. Sie schrauben an irgendeinem großen, merkwürdigen Gerät herum. Es scheint eine Art Stromaggregat zu sein. Sieht aber eher aus wie eine monströse Kühltruhe. Ich gebe zu viel Gas, als ich eine kleine Kurve nehmen will, und betätige daraufhin den Bremshebel. Dumm nur, dass ich dabei vergesse, auch das Gas loszulassen. So rausche ich mit ziemlich viel Zug genau in dieses Gerät hinein. Ich kann gerade noch verhindern, dass ich die beiden Herren über den Haufen fahre, die erschrocken zur Seite springen. Als ich endlich stoppen kann, bringe ich geistesgegenwärtig ein lammfrommes «maaf» heraus, balinesisch für Entschuldigung. Wie gut, dass ich im Flugzeug ein wenig gelernt habe. Die beiden lachen sich einen Ast ab.
Letztendlich ist niemandem etwas passiert, weder mir, den Alten noch dem seltsamen Gerät. Trotzdem, ich bin raus aus der Sache. Wenn ich mich hier schon so anstelle, was passiert dann erst in dem chaotischen Verkehr auf den holprigen Straßen? Ein Mann muss auch mal wissen, wann er verloren hat. Wie ein geprügelter Hund schleiche ich also in mein Zimmer. Es ergreift mich ein Anflug von Panik. Ich hatte mir das alles so schön ausgemalt. So schön geplant eben. Und jetzt, was mache ich ohne Motorbike? Autofahren kann ich natürlich, aber eines zu mieten ist mir zu teuer.
Nachdem ich eine Weile gedanklich ziemlich am Rad drehe, setze ich mich und atme tief durch. Ganz ruhig. Ich besinne mich langsam wieder und gehe das Problem an. Kurz darauf finde ich einen Hotelangestellten, der mich zu einem fairen Preis durch die Gegend fahren will. Und zwar sicher. Problem gelöst. Ab an den malerischen Strand von Padang-Padang, etwa drei Gehminuten entfernt. Zurücklehnen und ausruhen von allem Geschehenen der letzten Monate, danach steht mir jetzt der Sinn, als ich die Füße in den Sand lege.
    Im Sommer 2006 war nicht annähernd daran zu denken, die Füße hochzulegen.

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