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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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vom Jugend- zum Erwachsenenbereich. In dieser Zeit entscheidet sich für die meisten, wo es mit der Karriere hingeht, denn hier gilt es sich schnell zu positionieren und sein Talent unter Beweis zu stellen. Ansonsten gerät man leicht in Vergessenheit in diesem schnelllebigen Geschäft.
    In diesem immens wichtigen Jahr für mich war ich zum Zuschauen verdammt gewesen. Und ich wusste, dass ich viel Zeit verloren hatte, die mir niemand mehr wiedergeben konnte. Noch vor meiner Verletzung hatte ich intern als aussichtsreicher Kandidat für das Profiteam gegolten, damals unter der Leitung von Felix Magath. Diese Aussicht wurde mir auch vor der Unterschrift meines Amateurvertrages mit auf den Weg gegeben. Ich war ganz nah dran gewesen am Profikader, und bei einer fortlaufenden Entwicklung, wie ich sie die Jahre zuvor durchlebt hatte, wäre ich wohl tatsächlich in diesen erlauchten Kreis aufgestiegen und heute vielleicht Millionär. Doch sicher werde ich das niemals wissen. Und nach dem einen Jahr Abstinenz konnte davon natürlich ohnehin erst einmal keine Rede mehr sein.
    Für die Nationalmannschaft hatte ich vor meiner Verletzungspause unter dem neuen Trainer Uli Stielike noch einige Länderspiele bis zur U19-Auswahl absolviert. Wir hatten dieses Mal tatsächlich die Qualifikation für die Endrunde geschafft, und ich sollte dem auserwählten Kader für die Europameisterschaft angehören. Die Narben machten mir auch hierfür einen Strich durch die Rechnung, und natürlich kam ich nun auch für diese Mannschaft längst nicht mehr in Frage.
    Doch jetzt war mir das egal, denn nach dem Spiel in Frankfurt hatte ich mich in das Team gespielt und ließ mich auch nicht mehr daraus verdrängen. In der Rückrunde 2008 war ich Stammspieler. Inzwischen hatte mich der Trainer der zweiten Mannschaft von meiner heißgeliebten Position im defensiven Mittelfeld auf den Posten des Außenverteidigers gestellt. Auch die Jahre danach blieb es für mich dabei.
    Nicht ganz zu Unrecht gilt die Sechs im heutigen Fußball als die Königsposition schlechthin. Als zentraler Mittelfeldmann muss man zum einen zerstören, zum anderen aber auch im nächsten Augenblick das Spiel strategisch aufbauen können. Es ist eine sehr anspruchsvolle und vielseitige Spielweise, die verlangt wird. Die richtig guten Sechser im Profifußball halten die Fäden in der Hand, sie geben den Rhythmus ihrer Mannschaft vor. Es gibt dort Akteure, die dem Spiel ganz bewusst eine andere Richtung verleihen. Je nachdem, ob sie mit ihren Aktionen das Tempo verschärfen oder es beruhigen möchten.
    Dieses Gespür für die passende Entscheidung im richtigen Moment hat mich schon immer fasziniert. Für Außenstehende agiert der Sechser häufig unauffällig, obwohl er den Mittelpunkt, die Schaltstelle, des Spieles verkörpert, in der Regel ein enormes Laufpensum abspult und sehr häufig den Ball bekommt. Aber hier ist keine spektakuläre Spielweise gefragt, und auch Tore schießt man eher selten. Ich bildete da keine Ausnahme. Doch hatte ich einen enormen Spaß daran, als eine Art Wellenbrecher vor der Abwehr in zahlreichen Zweikämpfen die Angriffe des Gegners zunichtezumachen. Jede Balleroberung war ein kleiner Triumph, wenn ich dem Kontrahenten den Ball flink und entschlossen vom Fuß raubte.
    An guten Tagen hatte ich dieses feine Gefühl für den zentralen Raum einfach in mir, ich wusste intuitiv, wo ich zu stehen und wohin ich zu laufen hatte. Oder auch, wann ich im Ballbesitz die Seite verlagern und damit das Feld öffnen oder das Spiel mit einem Steilpass in die Tiefe schneller machen sollte. Allerdings habe ich das Problem, körperlich relativ klein zu sein. Zumindest als alleiniger Sechser ein Nachteil, da man häufig in Kopfballduelle verwickelt wird. Dazu fehlte mir noch ein Stück weit die Ruhe am Ball, die in dieser Rolle unabdingbar ist. Doch die Abgeklärtheit auf dieser Position hätte ich mit der Zeit und wachsender Erfahrung vielleicht noch erlernen können, durfte das aber leider nicht.
    Als Außenverteidiger fühlte ich mich nun nicht mehr ganz so aktiv im Spiel. Ich konnte mir die Bälle seltener selbst holen, sondern war viel mehr auf Anspiele meiner Kollegen angewiesen. Und auf die Mithilfe des äußeren Mittelfeldspielers. Es ist als Außenverteidiger fürchterlich undankbar, wenn dein Kollege vor dir nicht mit nach hinten läuft und du dadurch in der Defensive in Unterzahl agieren musst. Ich fühlte mich zunächst unwohl, wie ich da oftmals draußen an der

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