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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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Sie waren zuvor schon in Thailand und Laos unterwegs, wollen nach Bali auch noch einen Abstecher nach Vietnam unternehmen. Wir beschließen, uns gemeinsam vor Ort eine Übernachtungsgelegenheit zu suchen, und werden schnell fündig. Ich beziehe ein sehr kleines, aber schmuckes und sauberes Einzelzimmer für umgerechnet etwa drei Euro fünfzig. So günstig bin ich bisher noch nie weggekommen.
Die Mädels wollen sich zunächst einmal eine Massage gönnen, mich zieht es hingegen sofort an den Strand mit dunklem Sand aus Vulkangestein. Wenig später komme ich in den Genuss eines derart malerischen Sonnenuntergangs, wie er einem nur ganz selten im Leben vergönnt ist. Von einzelnen kleinen Wolken durchzogen, kleidet sich der Himmel nach und nach in sanfte Pastellfarben, die irgendwo zwischen Lila und Rosa pendeln, während die Sonne ihre letzten Strahlen auf dem Wasser reflektiert. Ich bin fast alleine am Strand, auf dem Meer treiben in weiter Ferne zwei, drei Fischerbötchen, das Meer ist ruhig und flach wie ein Brett. Es ist ein unbeschreiblich schönes und friedliches Szenario.
Nach einigen Minuten setzt sich ein Einheimischer zu mir. Zunächst befürchte ich, dass auch er mir irgendwelche G’schichten aus’m Paulanergarten erzählen wird, damit ich ihm etwas abkaufe. Nach dem üblichen Smalltalk driften wir aber in etwas ernsthaftere Gefilde ab. Es geht um die Liebe und die beste Art zu leben. Zwei Dinge, über die man wohl den ganzen Tag philosophieren könnte. Er erzählt mir von seinen zahlreichen Affären mit Touristinnen aus aller Herren Länder, die ihm viel Freude bereiteten. Er wollte niemals eine Balinesin als Freundin haben. Bis er seine heutige Frau aus der Nachbarschaft kennenlernte und sich Hals über Kopf in sie verliebte. Mit ihr hat er nun drei Kinder, und er käme nicht im Traum darauf, eine andere auch nur anzufassen. So kann es gehen, und ich beneide ihn dafür. Mir rät er, es ihm gleichzutun. Einfach Freude am Leben zu haben, und irgendwann wird die Richtige von ganz alleine auftauchen. Der Mann gefällt mir. Sein wichtigster Rat ist ein Satz, den ich mir bereits unzählige Male zu Herzen genommen habe. So einfach er klingt, so wertvoll und weise ist er: «Denk nicht so viel nach.» Das passt exakt zu mir, der Kerl trifft genau ins Schwarze.
Wenn man ehrlich ist, muss man sich eingestehen, dass Denken zu nichts führt. Damit ist nicht gemeint, dass man etwa im Kopf vier plus zwei addiert und bei sechs landet. Nicht diese Art von Denken ist das Problem. Das ständige Grübeln ist es. Es blockiert den natürlichen Fluss des Lebens, dem man sich einfach hingeben könnte. Man muss nur mal bewusst darauf achten. Wenn man grübelt, befindet man sich automatisch in der Vergangenheit oder der Zukunft, aber nie in der Gegenwart. Das Leben spielt aber im Hier und Jetzt. Also besser den Kopf ausschalten. Ich bin ein eher rationaler Mensch. Daher stellt mich diese Aufgabe immer wieder vor eine Herausforderung. Aber in dieser traumhaften Umgebung gelingt es mir schon ziemlich häufig. Kopf aus, Herz an.
    In der Vorbereitung sollte man erst recht den Kopf ausschalten. Sie ist mit Abstand die schlimmste Zeit als Fußballer. Wohl so ziemlich jeder Profi kann ein Lied davon singen. Es ist die Zeitspanne im Sommer oder Winter, in der die Grundlage für ein halbes Jahr gelegt werden soll. Besonders im physischen Bereich. Auf gut Deutsch, es wird sehr viel und hart trainiert. Gerade die Trainingslager direkt zu Beginn dieser Phase sind berühmt-berüchtigt. Zwei-, manchmal dreimal Training täglich. Das reicht vom morgendlichen Waldlauf für die Grundlagenausdauer, über stählende Kraftzirkel und auslaugende Intervallläufe bis hin zum Abschlussspiel mit dem Ball. Letzteres aber nur, wenn man Glück hat. Unter all den Einheiten wird meist noch das eine oder andere Testspiel eingestreut.
    Abgesehen von den immensen Anstrengungen zehrt auch eine gewisse Monotonie an der Laune. Die Abläufe sind fast immer gleich. Frühmorgens aufstehen, trainieren, essen, zwischendurch schlafen. Und wieder von vorne für das zweite Training. Wie in einer Endlosschleife. Allerdings ist man meistens derartig geschlaucht, dass man auf große Unternehmungen ohnehin keine Lust hätte. Ein allabendliches Duell auf der PlayStation mit ein paar Jungs war da schon häufig das Highlight des Tages. Trainingslager vergehen fürchterlich langsam. Umso schöner fühlt es sich an, wenn sie vorbei sind. Und sie sind nun mal notwendig, sie gehören

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