Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
so enorm wertvoll werden, weil sie zwei Bereiche abdeckt. Da wäre zunächst die geistige Komponente. Vor meiner ersten Akupunktur dachte ich, die Sache wäre ein einziger Humbug. Ich war am Anfang extrem skeptisch, wie ein paar Nadeln an bestimmten Stellen etwas an meiner Gemütslage ändern sollten. Aber sie taten es. Ich kann dabei natürlich nur für mich sprechen. Es wäre allerdings nicht übertrieben zu sagen, dass diese Behandlungen mein Leben in eine bessere Richtung gelenkt und mein Inneres zum Positiven verändert haben. Heute komme ich sogar ohne Akupunktur aus. Nach vielen und regelmäßigen Behandlungen war es irgendwann schwierig, neue Impulse zu setzen. Vor allem aber stellte sich nach einer Weile ein Langzeiteffekt bei mir ein, und ich benötigte die Nadeln nicht mehr unbedingt. Wunder passieren dadurch selbstverständlich nicht, es ist keine Hexerei. Man wird auch kein völlig neuer Mensch, das muss ja auch nicht sein. Aber mir half es nach einiger Zeit trotzdem ungemein.
Neben dem psychologischen deckt die Akupunktur auch den muskulären Bereich ab. Als Sportler hat man unausweichlich ab und an einen hohen Tonus, das bedeutet, die Spannung in der Muskulatur ist sehr stark, und das Risiko einer Verletzung steigt. Meist ist dieses Phänomen einer erhöhten Belastung im Training geschuldet oder die Folge einer falschen Grundhaltung des Körpers. Die feinen Nadeln können Abhilfe schaffen. Der Vorteil ist, dass sie ziemlich lang sind und man mit ihnen sehr tief gelangen kann. Die Nadel wird in den harten Muskel gestochen, dieser kontrahiert dadurch und lockert sich. Ein simples, aber äußerst wirksames Prinzip. Wie bei einem Luftballon, der mit einem spitzen Gegenstand malträtiert wird. Nur dass der Muskel natürlich nicht platzt, sondern sozusagen etwas Luft ablässt. Das Zucken des Muskels ist deutlich spürbar, manchmal wie ein kleines Feuerwerk im eigenen Körper.
Besonders zu Beginn hatte ich dabei sehr starke Schmerzen, und es kostete mich einiges an Überwindung, mich wieder und wieder dieser Prozedur zu unterziehen. Einige meiner Kollegen, die ebenfalls die eine oder andere Akupunktur bekamen, gaben aufgrund der Strapazen entnervt auf. Der resultierende Muskelkater war teilweise gigantisch, ich konnte mich danach oft nur unter Schmerzen in mein Auto setzen. Da half dann eben nur Selbstmassage oder eine heiße Badewanne. Aber der Aufwand war es wert. Nach und nach spürte ich, dass meine Muskulatur immer weicher, immer geschmeidiger, der Muskelkater gleichzeitig immer weniger wurde. Auch die Schmerzen beim Einstechen der Nadel wurden immer geringer. Irgendwann war ich dann so weit, dass ich die Nadeln nicht mehr brauchte. Oder nur noch, wenn, wie ich jetzt inzwischen selbst frühzeitig merken konnte, eine Stelle durch besonders hartes Training Ärger machte.
Mittags um zwölf geht es auf nach Lovina, ganz hinauf in den Norden der Insel. Dort will ich zwei Nächte bleiben, um dann pünktlich am Donnerstag für meine Vulkanbesteigung zurück zu sein. Ein Kleinbus holt mich unweit meines Homestays ab. Nach ein paar Minuten steigen zwei blonde Mädels zu. Sie unterhalten sich in einer für mich lustig klingenden Sprache, ich vermute Schwedisch. Der Bus kutschiert uns über unzählige Bergstraßen auf einer mühsamen Fahrt gen Norden. Allerdings entschädigt dafür die Aussicht über die Landschaft in höchstem Maße. Alles ist bewachsen, so etwas habe ich noch nie gesehen. So weit das Auge reicht, überall Berge und Wälder mit Palmen, Obstbäumen und hochragendem Schilf in den verschiedensten Grüntönen. Die unzähligen Reisterrassen, selbstverständlich auch saftig grün, sind unter all der Naturschönheit noch mal ein echter Hingucker. Sie schlängeln sich akkurat angeordnet die Berghänge hinunter und geben der Landschaft die Form einer überdimensionalen Treppe. Getaucht in hellsten Sonnenschein, überdacht von einem blauen Himmel, dessen wenige Wolken die erstaunlichsten Formen kreieren. Ich blicke durch das Fenster und bin gefesselt von der Schönheit dieses Augenblicks.
Zwischenzeitlich geraten wir in einen sintflutartigen Regenschauer, der klarmacht, warum hier trotz der sengenden Hitze so vieles wachsen und gedeihen kann. Nach rund drei Stunden Fahrt hält der Bus in Lovina. Die zwei Mädels kommen nicht aus Schweden, sondern Dänemark. Knapp daneben. Lene ist die kleinere der beiden. Und Inger die, sagen wir, etwas Fülligere. Sie sind beide in meinem Alter und kommen aus Kopenhagen.
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