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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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oder Kulturbeutel, die derjenige dann nicht selten im Waschbecken oder an sonstigen unerwarteten Orten wiederfand.
    Richtig dreist wurde es aber erst dann, wenn einem Spieler Finalgon, eine starke Wärmesalbe zur Behandlung von Schmerzen, in die Unterhose geschmiert wurde. Doch das passierte nur in den allerseltensten Fällen, und dieser Kelch ging Gott sei Dank an mir vorüber. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das brennt. Aber derjenige hatte es in der Regel durch sein vorheriges Verhalten verdient und bekam wenig Mitleid vom Rest des Teams. Eher schallendes Gelächter. Diese häufig heitere Atmosphäre innerhalb einer Mannschaft, wie ich sie besonders beim FC Bayern erlebte, wird mir definitiv fehlen.
    Freundschaften zu schließen ist in diesem Geschäft allerdings schwierig. Wenn man unter diesen besonderen Bedingungen aber einen Kumpel findet und der Kontakt hält, dann ist es auch ein richtig guter Freund. Und noch einen Vorteil hat das Ganze: Man lernt unheimlich viel über Menschen, wenn man aufmerksam ist. Mit wachsender Erfahrung wusste ich immer schneller und sicherer, wer es von den Jungs gut mit mir meinte. Und wer vielleicht nur so tat. Auf wen ich im Notfall bauen konnte und wer nur zum Schein nett und freundlich war. Diese Erfahrungen werden mir sicher auch im Alltag helfen. Denn ein wenig ist eine Fußballmannschaft auch ein Spiegel der einzelnen Gruppen unserer Gesellschaft, nur dass sich diese Gruppen tagtäglich miteinander arrangieren müssen. Es gibt Deutsche, es gibt Ausländer, es gibt Spieler aus ärmeren und Spieler aus reicherem Hause, der eine ist intelligent, der andere eher unterbelichtet, der eine geht gerne angeln, der andere zieht ständig um die Häuser, mancher spricht mit einem lustigen Dialekt, der nächste im reinsten Hochdeutsch. Es gibt im Prinzip nichts, was es nicht gibt. Wie im wahren Leben auch.
Nach dem Abendessen bin ich mit Made verabredet. Wir führen unser Gespräch von gestern fort. Seine Erzählungen drehen sich fast ausschließlich um seine Verwandtschaft. Überhaupt ist auf Bali das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Familien bedeutend größer, als wir es kennen. Hier wird fast alles gemeinsam gemacht. Ich befrage Made nach den allseits sichtbaren Bräuchen der Balinesen, die auf ihrem hinduistischen Glauben basieren. Hier finden ständig Zeremonien statt, es ist für unsereins unfassbar. Fast jeden Tag wird etwas gefeiert. Häufig wird ein Festtag abgehalten für einen der unzähligen Götter der Hindus, oder eine Familienfeier wird im großen Stil zelebriert. Kurz gesagt, die Balinesen feiern einfach sehr viel und gerne. Aber immer mit traditionellem und religiösem Hintergrund. Daher auch die unzähligen Tempel auf der Insel. Es gibt hier nicht wenige, die behaupten, auf Bali gäbe es mehr Tempel als Häuser. Neben den öffentlichen Haupttempeln nennt so ziemlich jede Familie zusätzlich einen Privattempel ihr Eigen. Und sei es nur ein kleiner Schrein mit niedriger Stufe davor, wie in meinem Homestay, der tagtäglich gepflegt und mit kleinen Opfergaben bedacht wird.
Es ist erneut recht spät geworden. Zum Ende des Tages lasse ich mich von Made nach Hause fahren. Auf eine weitere Begegnung mit den Kläffern kann ich wirklich verzichten.

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    18.5.
    Körpergefühl
Nach dem Aufstehen sitze ich gemütlich auf einem Korbstuhl vor meiner Zimmertür und lasse mir mein Frühstück schmecken. Von meinem Platz aus entdecke ich eine Gruppe Reisender etwa in meinem Alter, dem Akzent nach zu urteilen, dürften es Australier sein. Unter einem offenen Pavillon recken und strecken sie sich rhythmisch in die verschiedensten Positionen. Ein Mädel gibt die Übungen und die entsprechende Atmung vor, der Rest tut es ihr, mit unterschiedlichem Erfolg, gleich. Der Yoga-Kurs dauert etwa zwanzig Minuten. Danach bestellen sie sich ebenfalls ihr Frühstück. Sie sehen zufrieden aus.
    Nach meiner langen Verletzungsmisere habe ich gelernt, auf meinen Körper zu achten und ihn zu pflegen. So wurde es in den vergangenen Jahren fast schon zu einem Ritual, dass ich mich nach dem Aufstehen und dem Zähneputzen erst einmal auf meine Gymnastikmatte neben dem Bett legte und Dehnübungen machte, bevor ich frühstückte. Das gesamte Prozedere nahm zwanzig bis dreißig Minuten in Anspruch. Nur wenn ich kein Training hatte, verzichtete ich ab und an darauf, ansonsten spulte ich mein Programm jeden Tag ab. Besonders natürlich die Beinpartien nahm ich mir beim Dehnen

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