Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
nicht leugnen. Es gibt wenige Spiele der ersten oder zweiten Liga, in denen ich nicht irgendeinen Akteur kenne. Mit einigen habe ich selbst im Verein zusammengespielt. Unter meinen Mannschaftskollegen in München waren Thomas Müller, Holger Badstuber, Mats Hummels, Toni Kroos, Andreas Ottl, Mehmet Ekici, Michael Rensing und Thomas Kraft, um nur ein paar zu nennen. Einige andere kenne ich aus Auswahlmannschaften wie der Bayernauswahl oder der Jugendnationalmannschaft. Ich sitze dann vor der Glotze und muss anerkennen, dass sie es geschafft haben und ich nicht. Das tut manchmal ganz schön weh. Mal mehr und mal weniger. Im Laufe der Zeit habe ich ein immer dickeres Fell bekommen und betrachte die meisten Begegnungen mittlerweile relativ nüchtern.
Aber um ehrlich zu sein, bei manchen schwillt mir innerlich noch immer der Kamm, wenn ich sie auf dem Platz herumlaufen sehe. Es will mir bei bestimmten Spielern einfach nicht in den Kopf, dass sie es weiter gebracht haben als ich. Da sind Jungs dabei, die einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, verletzungsfrei blieben und überhaupt wahnsinniges Glück hatten. Doch von der Qualität her war ich laut Aussage meiner damaligen Trainer eigentlich höher angesiedelt gewesen als sie. Auf so einem Niveau ist natürlich kein absoluter Blindgänger dabei. Aber wohl so mancher Spieler, der eigentlich nicht besonders gut kicken kann im Vergleich zu mir. Wohlgemerkt, im Vergleich zu meinen guten Zeiten bei Bayern.
Das sind aber zum Glück nur sehr wenige Fälle, die meisten haben sich einfach sehr gut entwickelt und spielen dort zu Recht. Auch wenn man nie vergessen darf, dass es auch unter ihnen nur wenige gepackt hätten ohne weitreichende Hilfe der verantwortlichen Personen. Selbst bei Spielern, die heute leistungstechnisch unantastbar sind, frage ich mich dann häufig, ob ich das nicht auch hingekriegt hätte bei entsprechender Unterstützung und mit einer Prise mehr Glück. Denn vor nicht allzu langer Zeit befand ich mich noch auf einer Stufe mit vielen der heutigen Stammspieler aus den ersten beiden Ligen. Aber Fakt ist, dass ich es im Gegensatz zu ihnen nicht geschafft habe. Und das muss ich akzeptieren. Sich immer wieder diese Fragen zu stellen bringt nichts. Außer Zeitverschwendung.
Auswärtsspiel 2008: am linken Bildrand Torwart Thomas Kraft, Kapitän Georg Niedermeier, Holger Badstuber, Mehmet Ekici und rechts neben mir Thomas Müller.
Davon abgesehen beschränkt sich mein Neid inzwischen rein auf den sportlichen Bereich. Natürlich würde auch ich unheimlich gerne auf den Rasenplätzen in diesen großartigen Stadien stehen. Einfach auf höchstem Niveau Fußball spielen und mich mit den Besten im Wettkampf messen. Das war es dann aber auch schon. Denn letztendlich kann ich auch ohne große Bekanntheit und bahnbrechende Erfolge glücklich sein. Und zwar glücklicher als die Bundesligastars, wenn ich es richtig anstelle. Natürlich ist Erfolg etwas Wunderbares. Aber Zufriedenheit kommt nun mal von innen und nicht automatisch durch Geld. Das habe ich mittlerweile gelernt und verinnerlicht. Auch ohne den großen Durchbruch geschafft zu haben, habe ich genügend Einblicke bekommen und kenne noch den einen oder anderen Spieler, um das beurteilen zu können. Da liegen zwar teilweise Millionen auf dem Konto, und vor der Garage stehen zwei Nobelkarossen. Aber die Probleme bleiben die gleichen. Auch diese Jungs haben mal Beziehungsprobleme mit der Freundin und wissen nicht weiter, haben vielleicht mit sich selbst und ihrem Charakter zu kämpfen oder müssen erkennen, dass die vermeintlichen Freunde nur scharf auf die Kohle und den Ruhm sind. Solche Dinge, genauso wie fehlende Gesundheit, dafür kann einen kein Geld der Welt entschädigen.
Außerdem stehen diese Kerle permanent in der Öffentlichkeit und sind einem hohen Druck ausgesetzt. Ich hatte immer die naive Vorstellung, dass man ein Gefühl der Sicherheit erlangt, wenn man mal seinen ersten gutdotierten Vertrag in der Tasche hat. Nur in den seltensten Fällen läuft das so. Diese Vorstellung hält zwar eine Weile an. Aber nach einer gewissen Zeit will man meistens noch mehr, anstatt sich an dem zu erfreuen, was man hat. Viele kriegen den Hals danach nicht voll. Dann reicht der ohnehin sündhaft teure Wagen nicht mehr, sondern es muss ein noch luxuriöserer her, weil der Kollege den schließlich auch fährt. Und so geht das immer weiter, wie in einer Endlosschleife. Besonders dann, wenn man nicht auf dem Teppich
Weitere Kostenlose Bücher