Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
großen Zeltdach an einem Tisch mit wackeligen Plastikstühlen. Dieses Restaurant direkt am Straßenrand hat nur abends geöffnet. Besser gesagt, nur dann wird das Zelt überhaupt aufgebaut. In einer offenen Küche wird gebrutzelt und gebraten, was das Zeug hält. Und der Laden läuft, jeder Tisch ist besetzt. Jung und alt, Touristen wie auch Einheimische, es ist alles vertreten. Nach einer Weile weiß ich auch, wieso. Es ist nicht nur günstig hier, sondern schmeckt auch phantastisch.
Auf der Nachbarterrasse in meinem Homestay treffe ich später auf einen Typen, der ebenfalls alleine im Restaurant saß. Ernesto ist dreißig Jahre alt. Der kleine, zierliche Spanier sieht aber wesentlich jünger aus. Er kommt aus Sevilla und reist für insgesamt sieben Monate durch die Gegend. Er hechelt nicht, wie so viele, den höchsten Wellen nach, sondern ist auf der Suche nach den besten Plätzen zum Tauchen. Sein Englisch ist nahezu perfekt, denn er war die letzten Jahre in London als Architekt tätig und parliert sogar mit leichtem britischen Akzent. Ernesto war unzufrieden mit seiner Arbeit. Zunächst wollte er einfach mal raus in die Welt, um sich über seine Zukunft klarzuwerden. Es entwickelt sich ein langes Gespräch mit dem sympathischen Spanier.
Auch er bestätigt mein Vorurteil in keinster Weise. Ich bin mit der Vorstellung losgeflogen, hier mit etwas Pech auf die durchgeknalltesten Gestalten zu treffen, die im normalen Leben einfach nicht klarkommen. Eigenbrötlerische Sonderlinge und Freaks, die mit ihrem Rucksack verplant durch die Prärie tingeln. Aber die Leute, die ich hier kennenlerne, sind in der Regel Menschen wie du und ich. Und es ist wahnsinnig interessant zu beobachten, dass jeder, den ich auf meinem Trip kennenlerne, einen plausiblen Grund hat für den Beginn seiner Reise. Einen Anstoß für das Ganze. Jeder will aus seinem gewohnten Alltag für eine bestimmte Zeit ausbrechen, um sich entweder über etwas klarzuwerden oder bestimmte Vorkommnisse zu verarbeiten. Oder beides. Irgendwie sind alle auf der Suche. Ich selbst kann ein Lied davon singen.
Nach rund zwei Stunden verabschiede ich mich von Ernesto. Auch mit ihm tausche ich E-Mail-Adressen aus. Er reist bereits morgen auf die Gili Islands, mein Traumziel dieser Reise. Die Gilis sind drei winzige Sandinseln, inmitten der Javasee gelegen, vor der Küste Lomboks. Dort will ich unbedingt noch hin. Ernesto möchte mir nach Möglichkeit von dort schreiben, wie es auf der Insel so zugeht und wo man sich bei Gelegenheit auf einen Drink zusammensetzen könnte.
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26.5.
Verblasster Neid
Nachdem die vergangenen Tage doch recht turbulent verliefen, will ich heute einfach nur mal ausspannen und nichts tun. Die ganze Zeit faul in der Sonne liegen, nur zwischendurch essen, das ist alles. Ich war fast permanent auf Achse die letzte Zeit und fühle mich ein wenig ausgelaugt. Und bevor ich mich ins hoffentlich gelobte Land der Gili-Inseln aufmache, will ich mich in beste Verfassung bringen. Und dazu nach und nach mein Dasein als Streifenhörnchen beenden.
Gesagt, getan. Bereits am Vormittag knalle ich mich gnadenlos in die Sonne, Schatten ist heute unerwünscht. Ich blättere in meinem Buch und fange für eine Weile an zu lesen. Allerdings müsste ich lügen, zu behaupten, dass ich nicht gleich zu Beginn auf das attraktive Mädel aufmerksam geworden bin, das unweit von mir entfernt liegt. Ina kommt aus der Nähe von Heidelberg und ist vier Jahre älter als ich. Sie ist insgesamt ein ganzes Jahr unterwegs. Vor ihrer Abreise hat sie ihren Job geschmissen. Sie will sich beruflich neu orientieren, hat dabei die eine oder andere Idee, aber noch nichts Konkretes. Wir verbringen einen gemütlichen Vormittag am Strand.
Am späten Nachmittag suche ich das nächste Internetcafé auf und verfasse den vierten Teil meines «Newsletters». Erschwert wird mir das Ganze durch einen Stromausfall. Das passiert hier in schöner Regelmäßigkeit. Doch davon lasse ich mich nicht entmutigen. Ein einheimischer Junge stellt mir netterweise eine Kerze zur Seite, und ich tippe munter weiter. Der PC läuft noch, nur die Internet-Verbindung ist gekappt. Als nach einigen Minuten wieder Saft da ist, schicke ich die Nachricht ab. Anschließend antworte ich noch auf einige Mails meiner Lieben. Und ich muss wieder grinsen. Darüber, wie neidisch sie im kühlen Deutschland auf die warmen Temperaturen hier sind.
Neidisch sitze ich des Öfteren vor dem Fernseher, das kann ich
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