Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
IV flimmerte auf der Mattscheibe, und wir gingen bei den Boxkämpfen leidenschaftlich mit wie begeisterte Kampfsportfans, um uns irgendwie von der Enttäuschung abzulenken.
Ich sitze auf einer kleinen Steinmauer ganz am Ende der Anlage. Direkt vor der kleinen Wand fällt eine bewachsene Böschung ab, die zum Strand führt. Von hier oben habe ich einen wundervollen Ausblick auf den Ozean. Eine Gruppe einheimischer Jungs begibt sich gerade ins Wasser. Wobei, das sind noch eher Kinder als Jungs, die auf ihren schmalen Miniatur-Brettern hinauspaddeln. Wenn es hochkommt, vielleicht zehn oder elf Jahre alt. Und die Wellen sind beileibe nicht von schlechten Eltern. Nicht auszudenken, wenn einer der Kleinen unter so einen Brecher gerät.
Doch schon nach wenigen Minuten vergesse ich meine Bedenken und bin einfach nur begeistert. Die Kids ziehen eine atemberaubende Show ab. Unvorstellbar, was die draufhaben auf ihren Boards. Jede noch so große Welle wird bis zum Ende geritten, und das mit einer Selbstverständlichkeit, die mich sprachlos macht. Sie reiten nicht nur die Welle, sie spielen mit ihr. Immer wenn ich denke, einer wird gleich von den seitlich brechenden und weiß aufschäumenden Wassermassen geschluckt, dann beschleunigt dieser Knirps in tiefster Hocke einfach durch ein paar richtungswechselnde Bewegungen und gleitet munter weiter.
Die Jungs scheinen schon dort draußen gewesen zu sein, bevor sie überhaupt laufen konnten. Sie sind alle mit kindlicher Freude bei der Sache, und jeder scheint gegenüber dem anderen noch einen draufsetzen zu wollen. Extrem gut sind sie alle, doch mache ich mir einen Spaß daraus, ihre Darbietungen untereinander zu vergleichen und zu bewerten. Wie ich da oben so sitze auf meiner persönlichen Tribüne, ganz unbemerkt und mit dunkler Sonnenbrille auf, fehlt mir eigentlich nur noch ein Stift samt Notizblock, und ich würde glatt als Scout durchgehen.
Schon sehr früh wurde ich von Talentsichtern, sogenannten Scouts, bei diversen Turnieren auf Landkreisebene entdeckt. So wirklich angefangen hatte dann alles im zarten Alter von zwölf Jahren. Damals wechselte ich von meinem Heimatverein in Rosenheim zum großen FC Bayern München. Ich weiß noch, dass meine Mutter ans Telefon ging und danach in mein Zimmer kam. Als sie mir erzählte, dass da jemand von Bayern München angerufen hatte, glaubte ich zunächst, sie würde mich veralbern. Es war immerhin der 1. April 1998. Noch dazu war keine Rede von einem Probetraining, wie sonst üblich. Sie wollten mich sofort fest verpflichten.
Ich war überwältigt. Auch der Lokalrivale TSV 1860 München hatte mich zuvor schon für sich gewinnen wollen, doch ich war bereits damals Bayern-Fan, und es war mein größter Traum, dort zu spielen. Eigentlich war es ein ungewöhnlich früher Zeitpunkt, um diesen Schritt zu wagen. Meine Eltern waren trotzdem natürlich glücklich über das Angebot. Besonders mein Vater, der schon immer sehr interessiert am Fußball und auf diesem Gebiet ein Experte war. Am wenigsten überrascht von meinem ersten Erfolg war aber wohl meine Mutter. Sie hatte mich tagtäglich als Kind auf der Straße herumflitzen sehen und früh verwundert festgestellt, dass für mich schon damals nur der Sport und der Sieg in allen nur erdenklichen Wettkämpfen zählten und ich mich dadurch ungewöhnlich früh von Gleichaltrigen abhob.
Aufgrund des großen Aufwandes, den ein Wechsel zum FC Bayern bedeutet hätte, machten sich meine Eltern verständlicherweise auch große Sorgen. Es gehört sicherlich nicht zum bilderbuchartigen Heranwachsen eines Kindes, sich solch einer Belastung auszusetzen. Und das wussten meine Eltern. Doch genauso gut kannten sie meine Leidenschaft für den Fußball und wollten mir diese Chance nicht verbauen. Letztendlich taten sie das wohl einzig Richtige. Sie ließen mich ohne jeglichen Druck entscheiden, und ich selbst brauchte darüber nicht zweimal nachzudenken.
Stolz präsentiere ich im heimischen Garten meine ersten offiziellen FCB -Trainingsklamotten.
Nun war ich also beim großen FC Bayern angekommen, und von diesem Tag an sollte sich mein Leben erheblich verändern. Als ich zum ersten Mal das Vereinsgelände betrat, war die imposante Anlage in mildes Sonnenlicht getüncht. Das gesamte Areal erschien mir so riesig, so strahlend und überwältigend. Aber eben auch ein wenig einschüchternd für einen kleinen Jungen aus dem eher beschaulichen Rosenheim. Alles war so neu und glänzend. Die Rasenplätze, die
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