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Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)

Titel: Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Heinze
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durfte.
    Nach langem Hin und Her war es meinem Berater gelungen, den Kontakt dorthin herzustellen. Die Verantwortlichen in Linz kannten mich natürlich kaum und konnten sich schwer ein Bild von mir machen. Wie auch, ich saß schließlich immer auf der Bank. So gesehen war es klar, dass ich um ein Probetraining nicht herumkommen würde. Niemand kauft gerne die Katze im Sack. Zugegeben, es war nie meine Wunschvorstellung gewesen, gerade nach Österreich zu wechseln, ganz sicher nicht. Aber zu diesem Zeitpunkt war die Sache eine Riesenchance für mich. Linz spielte in der ersten Liga der Alpenrepublik und war sicherlich vom Niveau her Unterhaching ein Stück weit überlegen. Dazu hätte ich dort wesentlich mehr verdienen können. Kurz gesagt, es wäre ein richtig guter Schritt und ich zurück im Geschäft gewesen. Mehr noch, es war die einmalige Gelegenheit, dem Drama in der Heimat endlich zu entfliehen.
    Mein Weg führte mich allerdings nicht nach Linz, sondern nach Stuttgart. Denn dort fand ein Testspiel der Linzer gegen den ansässigen VfB statt. Ausgerechnet Stuttgart. Dort, wo mein langjähriger Freund Georg Niedermeier unter Vertrag stand, genauso wie Stefano Celozzi, ebenfalls ein ehemaliger Mannschaftskollege. Ob dieses Zufalls musste ich grinsen. Das Leben treibt manchmal schon seltsame Blüten.
    Die Sache war, genau genommen, viel mehr ein Probespiel als ein Probetraining. Wir absolvierten vor dem Match nur eine Einheit. Aber die hatte es in sich. Es war ja Vorbereitungszeit, und der Trainer nahm uns gehörig ran. Kräftezehrende Intervallläufe, und das am Vormittag vor dem Spiel. Mir wäre ein ruhiges Training lieber gewesen, denn nun war ich natürlich ganz schön geschlaucht. Dennoch, die erste Halbzeit wurde ich als linker Verteidiger aufgeboten und wusste durchaus zu überzeugen. Der VfB dominierte uns. Wir waren permanent unter Druck und hatten verdammtes Glück, dass es zur Pause eins zu eins unentschieden stand. Ich aber machte keine großen Fehler, ließ über meine Seite wenig zu, gewann ein paar entscheidende Zweikämpfe gegen meinen Gegenspieler Roberto Hilbert und spielte saubere Pässe. Das war ein ganz anderer Timo als im Training von Unterhaching.

    Als lebendige Litfaßsäule für LASK Linz. Selbst den Hintern tapezieren sich die Österreicher mit Werbung.
    Zufrieden bahnte ich mir meinen Weg in die Kabine. Hier saß ich nun mit den mir völlig unbekannten Mitspielern und hörte mir an, was der Trainer zu sagen hatte. Es ist schon ein seltsames Gefühl, in einem komplett fremden Team zu spielen und dabei noch eine möglichst gute Figur abgeben zu müssen. Alle Augen sind auf dich gerichtet, denn keiner kann dich so richtig einschätzen. Nach der ersten Hälfte schienen meine Mannschaftskameraden zu der Auffassung gekommen zu sein, dass ich tatsächlich etwas draufhatte, denn ich erhielt einige anerkennende Worte von ihnen.
    Allerdings war mein Akku langsam leer. Das Vormittagstraining steckte mir noch immer ganz schön in den Knochen. Dazu war ich es kaum noch gewohnt, über neunzig Minuten zu spielen. Bis auf einen anderen Testspieler und mich wurde die gesamte Mannschaft ausgewechselt. Ein wenig neidisch blickte ich auf die Jungs, die sich gemütlich zur verdienten Dusche aufmachten. Egal, ich wollte unbedingt meine Chance ergreifen und ging zwar müde, aber optimistisch gestimmt auf das Feld hinaus. Doch die zweite Hälfte lief alles andere als optimal. Um genau zu sein, machte ich eine sehr unglückliche Figur. Keine Frage, die Müdigkeit spielte dabei eine Rolle. Ich kam nur noch schwer meinen Gegnern hinterher, und mir fehlte die Spritzigkeit im Antritt.
    Das alleine als Grund zu nennen wäre allerdings vermessen. Denn meine alte Gewohnheit trat wieder ans Tageslicht und machte alles noch schlimmer. Ich wurde wieder zum Sklaven meiner Gedanken. Zu viel Grübeln über einen begangenen Fehler, dadurch entstand noch ein weiterer Fauxpas, und ehe ich mich versah, kam auch schon der nächste Lapsus hinzu. Dazu die fehlende Spielpraxis. Auf diesem Niveau ist es ein großer Nachteil, nicht regelmäßig für längere Zeit auf dem Platz zu stehen. Die Sicherheit und das Gefühl für die Abläufe im Spiel gehen ein wenig verloren, Training und Wettkampf sind einfach zwei Paar Stiefel. Man muss erst wieder seinen Rhythmus finden, wie man so schön sagt. Die Stuttgarter wurden immer übermächtiger und drängten uns fast das gesamte Spiel in die eigene Hälfte. Ich hatte eine Menge Defensivarbeit

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