Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
dermaßen links liegen zu lassen. Aber ich konnte nicht anders. Und es war auch überhaupt nicht böse gemeint, ich brauchte einfach Zeit für mich. Und die nahm ich mir. Klar war ich deprimiert. Aber keinesfalls so, dass ich mich alleine betrank, den halben Tag heulend auf der Couch lag oder Ähnliches. Vielmehr nutzte ich die Zeit, um wieder auf die Füße zu kommen und aus der Ohnmacht aufzutauchen, die mich vereinnahmt hatte. Ich las sehr viel und intensiv in weisen Büchern und spielte häufig Gitarre in diesen Tagen, sang mir dazu den Frust von der Seele. Meine schicke Dachgeschosswohnung verließ ich nur zum Einkaufen oder Joggen. Mein Team aus Unterhaching war ohnehin ins Trainingslager gereist, während ich mein Probespiel in Stuttgart absolvierte. Das bedeutete, ich hatte keine sportlichen Verpflichtungen und konnte mich ganz mir selbst widmen.
Als die Jungs zurück waren, stieg ich wieder ins Training ein. Mir blieb auch nichts anderes übrig. Es war klar, dass ich die Rückrunde noch irgendwie durchstehen musste. Denn Angebote anderer Vereine waren rar und die wenigen davon für mich inakzeptabel. Also beschloss ich, in den sauren Apfel zu beißen. Mir war bewusst, dass die Situation miserabel war. Doch ich traf mit mir selbst die Vereinbarung, trotzdem weiterhin alles zu geben. Im Fußball weiß man nie, es kann alles sehr schnell gehen, vielleicht ja dieses Mal auch wieder hin zum Positiven. Außerdem fühlte ich mich verpflichtet, für mein Gehalt zumindest vernünftige Arbeit abzuliefern. So, wie es für mich lief und ich teilweise behandelt wurde, hätte sich niemand wundern dürfen, wenn ich den leichten Weg gewählt und zum Beispiel eine Verletzung vorgetäuscht hätte. Es gibt Spieler, die so etwas machen, wenn sie unzufrieden sind. Ich wollte allerdings unter keinen Umständen den Eindruck erwecken, dass ich hier nur noch mein Geld absaß. Vor allem aber wollte ich mir selbst im Nachhinein nichts vorwerfen müssen.
Am ersten Spieltag der Rückrunde ging es ausgerechnet gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern. Ich war nicht im Trainingslager dabei gewesen, und mir war klar, dass ich für die Startelf nicht in Frage käme. Allerdings traf es mich schon sehr überraschend, dass ich nicht einmal für den Kader nominiert wurde. Ich trainierte die Zeit davor gar nicht einmal schlecht, und unser Team war aufgrund von Verletzungen sogar ziemlich ausgedünnt. Zudem wusste auch der Trainer, wie lange ich bei Bayern gespielt hatte, und konnte erahnen, wie wichtig mir diese Partie gegen den Ex-Club war. Von fehlendem Fingerspitzengefühl zu sprechen, halte ich hier sogar noch für maßlos untertrieben. Ohne allzu dramatisch werden zu wollen: Ich empfand es als tiefe Demütigung, mir das Spiel im Sportpark Unterhaching von der Tribüne aus ansehen zu müssen.
Selbst der Hauptstrand auf Gili Air ist eine Oase der Ruhe. Hier tummeln sich zwar die meisten Leute auf der Insel, die Anzahl ist allerdings überschaubar, und Partyvolk sucht man vergebens. Dafür findet man umso mehr Frauen. Ich habe keine Ahnung, ob wir heute einfach nur Glück haben oder ob dieser Zustand normal ist. Aber so etwas habe ich wirklich noch nie erlebt. Leon und ich kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Da liegen junge Mädels in der Sonne, die ich, ohne mit der Wimper zu zucken, für den nächsten Sports-Illustrated-Kalender nominieren würde. Und das Beste kommt noch: Die sind immer zu zweit. Und immer ohne männliche Begleitung. Überhaupt finden sich hier extrem wenige Exemplare des starken Geschlechts. Bis auf ein paar ältere Rentnerehemänner sind wir tatsächlich die einzigen Kerle weit und breit. Die Insel ist in jeglicher Hinsicht das Paradies auf Erden! Leon und ich reiben uns schon gedanklich die Hände, als wir uns auf unsere Handtücher in den Sand setzen. Genüsslich lassen wir die Blicke schweifen, während uns die Sonne auf den Pelz scheint. Kurze Zeit später kommen wir mit zwei Französinnen ins Gespräch. Ich tippe spontan auf die aktuelle Miss Frankreich und ihre Vorgängerin aus dem letzten Jahr. Die eine spricht sogar gebrochenes Deutsch. Oh Mann, dieser Akzent geht einem runter wie Öl. Alles läuft wunderbar.
Doch dann der Super-Gau. Leon schaut auf die Uhr, und seine Augen weiten sich vor Schreck. Wir haben noch exakt vier Minuten bis zur Abfahrt unseres Bootes. Ganz kurz spielen wir mit dem Gedanken, hierzubleiben. Doch die anderen rechnen mit uns, sie warten am Hafen von Trawangan, denn wir sind fest
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