Nachspielzeit: Eine unvollendete Fußballkarriere (German Edition)
daran zu ändern. Sosehr ich mich einerseits auch aufraffen wollte, liefen andererseits die Geschehnisse auf dem Rasen beängstigend monoton an mir vorbei. Ich hätte mir am liebsten mit allen Mitteln wieder Leben eingehaucht auf dem Platz, doch davon war einfach nichts mehr übrig. Das Feuer in mir war weg. Besonders diese Leidenschaft aber hatte mein Spiel immer ausgezeichnet, und nun war sie nach all den negativen Erlebnissen verlorengegangen.
Dementsprechend agierte ich dann auch im Training. Von daher verstand ich inzwischen auch meine Nichtberücksichtigung für die Startelf Woche für Woche. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich selbst schon lange anerkannte, dass meine Leistung nicht ausreichend war. Wie ich zu diesem Punkt gekommen war, das stand natürlich auf einem ganz anderen Blatt. Inzwischen war der frühere Weltmeister Klaus Augenthaler unser Coach, nachdem zuvor unser Co-Trainer als Übergangslösung gescheitert war. Ich konnte unserem neuen Chef wenige Vorwürfe machen, dass er mich ebenfalls nicht aufstellte. Mittlerweile durfte ich aufgrund meiner Leistung keine allzu hohen Ansprüche mehr stellen, das war mir klar. Genauso wusste ich aber auch, dass dies nicht immer der Fall gewesen und lange Zeit unfair mit mir umgegangen worden war. Aber jetzt war es ohnehin zu spät.
Im Nachhinein bin ich fest davon überzeugt, dass ich bei der Unterschrift unter meinen Vertrag schon verloren hatte. Das konnte nicht gutgehen mit Unterhaching. Denn ich zwang mich zu diesem Wechsel, obwohl ich ihn gar nicht wollte. Mir fehlte von Anfang an die Überzeugung bei dieser Entscheidung. Und dementsprechend lief es dann auch für mich. Natürlich, die Alternativen waren damals nicht vorhanden, es sah nicht gut aus mit anderen Vereinen. So gesehen wäre es ein enormes Risiko gewesen, diesen Schritt nicht zu machen und weiter auf andere Angebote zu hoffen. Doch genau das hätte ich wohl tun sollen. Aber hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Und wahrscheinlich musste ich diese schmerzliche Erfahrung machen, um zu kapieren, dass ich auf mein Herz oder Bauchgefühl hören sollte. Und nicht immer nur auf meinen Kopf.
Die Überfahrt zurück nach Bali dauert stolze fünfeinhalb Stunden. Die Zeit vergeht dennoch wie im Flug. Ich lese in meinem Buch, höre Musik und genieße den Anblick der untergehenden Sonne. In Padangbai angekommen, ist es bereits stockdunkel. Ich werde hier wohl die Nacht verbringen müssen, auch wenn der Hafen alles andere als einladend wirkt. Was soll’s. Mein nächstes Ziel heißt Kuta, und die ungeliebte Touristenhochburg kann so lange warten wie möglich.
Mein endgültiger Entschluss, mit dem Profisport aufzuhören, ließ ebenfalls eine ganze Weile auf sich warten. Er kam nicht über Nacht, er war vielmehr das Ergebnis einer anhaltenden Entwicklung. Der Gedanke, die Schuhe an den Nagel zu hängen, war mir schon vor längerer Zeit gekommen. Zumindest im absoluten Leistungsbereich. In Bezug auf das Profigeschäft konnte ich am Ende einfach nicht mehr anders entscheiden. Ich war mental schlichtweg nicht mehr in der Lage, einen Neuanfang zu starten. Ich befand mich in einer Abwärtsspirale, aus der ich mich auf andere Art vermutlich nicht mehr hätte befreien können. Alles erschien mir so sinnlos. Ich war wütend auf dieses ganze Geschäft mit all seinen Seilschaften im Hintergrund, von denen stets andere profitiert hatten. Ich wollte all das nicht mehr.
Im Alter von vierundzwanzig Jahren noch einmal komplett von vorne anzufangen, in einer neuen Stadt und weiterhin alles auf die Karte Fußball zu setzen, ohne vernünftige Ausbildung oder Studium, dafür fehlte mir einfach die Überzeugung. Und die nötige Kraft. Es gab zwar keine berauschenden Angebote, aber bei einem mittelmäßigen bis schlechteren Drittligisten wäre ich sehr wohl noch untergekommen. Doch auch wenn sich der Wind gedreht und ich dort wieder regelmäßig gespielt hätte, es wäre vermessen gewesen, daran zu glauben, in diesem Alter doch noch den totalen Durchbruch bis in die Bundesliga zu schaffen. Daran glaubte ich einfach nicht mehr nach allem, was passiert war. Jede Spur führte immer wieder zu dieser ominösen Erkenntnis zurück, die sich mir nach dem Offenbach-Spiel auf der Bank offenbart hatte und die meinen Entschluss letztlich entscheidend prägte.
Wirklich offiziell und auch für mich greifbar wurde es, als ich meinen Berater darum bat, von nun an nicht mehr nach Vereinen für mich zu suchen und Interessenten
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