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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Melodia
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Zeit zu schnell verfliegt und bald wieder etwas Schreckliches passiert.
    Ich schlendere in der Wohnung herum. Obwohl die Vorhänge noch zugezogen sind, fällt helles, intensives Licht herein. Ich gehe zu einem der Wohnzimmerfenster und sehe hinaus. In der Ferne lösen sich zwei Flugzeuge auf der Landebahn ab. Der Fluss scheint ruhiger dahinzufließen. Heiterer Sonnenschein verspricht das Kommen des Frühlings. Sein Licht gibt mir Kraft. Vielleicht wird dieser Tag doch nicht so schwer wie gedacht.
    Zum ersten Mal seit wer weiß wie langer Zeit ziehe ich mal wieder etwas Hübsches an. Ein grünes Strickminikleid, ausgeschnitten und tailliert. Dazu kombiniere ich ein Paar kurze Wildlederstiefel und eine auffällige Kette mit schwarzen und grünen Steinen, die mir Jenna nach dem Unfall geschenkt hat.
    Ich schlüpfe in eine leichtere Jacke, doch bevor ich gehe, hole ich noch den Stahlfüller und den kleinen Papierdrachen mit Morgans Nummer aus der anderen.
    Die Luft draußen ist prickelnd frisch und angenehm. Ich spüre eine gewisse Euphorie. Sehe die Autoabgase nicht, höre keine Wutausbrüche am Steuer oder von Passanten.
    Alles scheint in schönster Harmonie zu sein.
     
    In der Eingangshalle der Schule erwartet mich eine freudige Überraschung.
    Naomi ist wieder da. Kaum dass sie mich sieht, lässt sie Seline stehen, mit der sie gerade geredet hat, und kommt auf mich zu. Sie sieht entspannter aus. Wir zwängen uns durch die anderen Schüler hindurch, die auf das Klingelzeichen warten.
    »Hallo, du bist zurück!«
    »Hallo, Alma.«
    »Wie schön, dich wieder bei uns zu haben.«
    »Finde ich auch. Doktor Mahl hat mir geraten, zu tun, wonach mir ist, und ich war es leid, den ganzen Tag zu Hause herumzuhängen«, sagt sie halblaut.
    »Gute Entscheidung.«
    Sie ist dünner und weniger lebhaft als sonst, scheint sich aber ganz gut zu erholen. Die Schnitte in ihrem Gesicht sind verschwunden, und ihre schwarzen Augen haben wieder ein wenig Glanz.
    »Und deine Eltern?«
    »Ach, die glauben, dass ich wegen der Schule deprimiert bin.«
    »Hast du Fortschritte in den Sitzungen gemacht?«
    »Ich denke, ja.« Sie senkt den Blick. »Ich weiß jetzt fast alles. Aber es fällt mir immer noch sehr schwer, darüber zu reden.«
    »Verstehe. Das kommt schon noch. Spätestens, wenn du diese Schweine anzeigst.«
    »Alma, ich habe nicht vor, das zu tun. Sonst würden meine Eltern davon erfahren, und das wäre das Ende, verstehst du?«
    »Naomi, du kannst doch nicht …«
    »Hast du gesehen, Alma?«, unterbricht uns Seline. »Die Termine für die Klassenfahrten sind raus.«
    Sie ist nur noch ein Strich in der Landschaft.
    »Ja, dort drüben.« Naomi zeigt auf die Anschlagtafel zwischen Scrooges Büro und dem Lehrerzimmer, gegenüber den Toiletten.
    Ich gehe hin, um einen Blick darauf zu werfen. Die Klassenfahrten gehören zu den wenigen Dingen im Schülerdasein, die Spaß machen. Neben mir schwärmt ein Junge schon davon, wie er abends in unserer bescheidenen Pension von einem Zimmer zum anderen ziehen wird. Ich krame in meinen Taschen und hole den Füller heraus. Wie immer ist er eiskalt, aber es fühlt sich sehr angenehm an, ihn in der Hand zu halten. Als wäre er ein Zauberstab oder eine Waffe, die mir Macht verleiht.
    Als ich die Termine in meinen Schülerkalender schreibe, taucht jemand hinter mir auf. Ich drehe mich um in der Erwartung, Morgan zu sehen, aber ich irre mich. Es ist Adam. Im Gegensatz zu neulich ist sein Blick ruhig, was in seinem Fall nicht weniger Unbehagen bereitet. Es lässt an die Ruhe vor dem Sturm denken. Er trägt Jeans und Sweatshirt. Außerdem Gummihandschuhe zum Reinigen der Toiletten.
    »Dir ist das hier runtergefallen.«
    Er gibt mir das Origami – es muss mir aus der Tasche gerutscht sein, als ich den Füller herausgeholt habe.
    »Danke.«
    Mein Ton ist neutral, ich will keinen alten Groll wecken.
    »Bitte. Dann kannst du ihn gleich deiner Freundin Agatha zurückgeben.«
    »Wieso das?«
    »Weil er ihr gehört.«
    »Nein, da täuschst du dich. Es ist meiner, ich habe ihn unter meinem Pult gefunden.«
    »Das kann nicht sein. Ich habe ihn selbst versteckt. Er war für sie.«
    »Dann hast du dich im Pult geirrt.«
    Adam lächelt merkwürdig, fast unheimlich.
    »Warum wolltest du ihr das geben?«
    »Frag deine Freundin. Sie hat mehr Antworten darauf als ich.«
    »Was willst du damit sagen?«
    »Nichts, was du nicht schon wüsstest. Nur, dass jemand ein paar Tage vor dem Brand im Direktorzimmer meinen Spind

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