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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Melodia
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Seite wieder.
    In Sarls Büro ist alles gleich geblieben, einschließlich der kalten Pfeife im Aschenbecher. Ich schätze, der Kommissar hat viel Zeit außerhalb verbracht.
    »Setz dich«, fordert er mich auf, nachdem er die Tür geschlossen hat.
    Ich tue es, und er lässt sich hinter seinem Schreibtisch nieder. »Du bist genau im richtigen Moment gekommen, das muss ich sagen.«
    »Weibliche Intuition.«
    »Darin bist du deiner Mutter sehr ähnlich.«
    Ich habe meine Mutter nie für eine besonders sensible Frau gehalten, aber vielleicht kennt er sie besser als ich.
    »Wir haben die Nachricht gerade an die Presse weitergegeben, aber …«
    Ich warte zuversichtlich.
    »Es ist etwas, das ich dir andeutungsweise schon gesagt hatte. Wir haben an den Tatorten organische Spuren sichergestellt. Haare, vermutlich von den Tätern. Die Laboranalysen haben wichtige Ergebnisse geliefert. Das erste ist, dass es sich, wie schon vermutet, nicht um ein und dieselbe, sondern um verschiedene Personen handelt.«
    Roth hat mich gut informiert.
     
    Ich denke wieder an die Sekte, an das, was Naomi passiert ist, und bin mehr denn je überzeugt, dass es da eine Verbindung gibt. Allerdings muss ich jetzt die abwegige These verwerfen, dass die Mörder die unheimlichen Männer sind, die mich verfolgen. Sie sind kahlköpfig, können folglich keine Haare am Tatort zurückgelassen haben.
    »Und das zweite?«
    »Ein weiteres beunruhigendes Faktum. Die gefundenen Haare gehören zu mehr oder weniger gleichaltrigen Personen. Jugendlichen.«
    Das ist die Bestätigung, die ich brauchte.
    »Wie alt?«
    »Das genaue Alter ist schwer zu bestimmen. Wir wissen nur, dass sie noch jung sind. Sagen wir, zwischen fünfzehn und dreißig.«
    »Das heißt, sie könnten auch in meinem Alter sein?«
    »Könnten, ja.«
    Die Worte vibrieren auf meinen Stimmbändern und warten nur darauf, dass meine Willenskraft sie in Laute umwandelt. Ich weiß nicht, ob ich ihm vertrauen kann.
    »Kommissar Sarl …«, beginne ich.
    Er stützt das Kinn in die Hände und sieht mich an.
    »Ich muss Ihnen etwas sagen …«
    »Es hat nichts mit deinem Artikel zu tun, stimmt’s?«
    »Ja, stimmt.«
    »Okay. Sag mir, warum du wirklich gekommen bist.«
    Ich gebe mir einen Ruck und erzähle ihm von Tito, von der Party und dem, was sie Naomi angetan haben. Erkläre ihm, dass sie keine Anzeige erstattet hat, weil sie sich noch von dem Schock erholen muss und weil sie Angst hat, dass ihre Eltern davon erfahren, und berichte ihm schließlich, was Doktor Mahl über die Möglichkeit gesagt hat, dass Naomi einer Teufelssekte zum Opfer gefallen sein könnte. Nur eines sage ich ihm nicht: dass ich mich bald mit Tea treffe, um zu erfahren, wo Tito wohnt.
    Sarl hängt an meinen Lippen. Er hört aufmerksam zu, legt meine Worte auf die Waagschale wie ein Juwelier seine Edelsteine.
    »Ist das alles?«, fragt er dann.
    »Ja.«
    »Hast du mit jemandem darüber gesprochen?«
    »Nein.«
    »Gut. Tu das nicht. Das wäre ein gefundenes Fressen für die Medien. Schlagzeile: ›Panik in der Stadt!‹ Keine Mutter würde ihre Kinder mehr guten Gewissens aus dem Haus lassen. Und da wir nicht wissen, ob das, was du mir eben anvertraut hast, in einem Zusammenhang mit den Morden steht, sollten wir zuerst Nachforschungen anstellen. Außerdem, wenn ich dir einen Rat geben darf, versuch, deine Freundin Naomi dazu zu bringen, Anzeige gegen ihre Peiniger zu erstatten, sonst sind uns die Hände gebunden. Nach dem, was du mir da berichtest, gehören diese Jungen hinter Gitter.«
    »Ich versuch’s.« Aber ich weiß, dass es schwer wird. Dafür bin ich nun froh, nicht mit Roth über die Sekte gesprochen zu haben. Und mich erstaunt das Vertrauen, das Sarl in mich zu setzen scheint.
    »Bist du sicher, dass du mir alles gesagt hast?«
    »Warum?«
    »Weil ich rieche, wenn jemand lügt. Du kommst mir zwar ehrlich vor, aber … es ist, als würde ein Teil fehlen.«
    »Ich versichere Ihnen, dass nichts fehlt. Nichts, was ich weiß …«
    »Du steckst doch da nicht mit drin, oder?«
    Wenn »mit drinstecken« bedeutet, Morde zu beschreiben, ein paar Stunden, bevor sie passieren, oder abends auf der Straße verfolgt zu werden, dann ja, dann stecke ich mit drin. Aber das kann ich ihm natürlich nicht sagen.
    »Nein«, antworte ich.
    Er öffnet und schließt ein paar Schubladen. »Ich glaube dir. Ehrlich gesagt, auch ich habe an die Hypothese geglaubt, dass die Morde das Werk irgendeiner seltsamen Sekte sein könnten. In jüngster

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