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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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zum Lagerraum zu. Die Geister hingegen schienen es auf eben jene Energie abgesehen zu haben, denn sie gruppierten sich um das Leck herum. Einige von ihnen legten die Münder, die nichts anderes als Löcher in ihren Köpfen waren, an die Materientanks und tranken von der Dunklen Energie, während andere die riesigen, nebligen Maschinen bedienten, die ich schon zuvor ab und an im Nichts bemerkt hatte und die nun einen Belagerungsring um die Nebelkönigin bildeten. Erst jetzt erkannte ich, dass es sich dabei um eine Art Brennöfen auf Rädern handelte, in die sich die Geister nacheinander warfen, sobald sie genügend Energie aufgenommen hatten. Es war ein grauenhafter Anblick, wie sie sich in die schwärzlichen Flammen stürzten, einer nach dem anderen, das Gesicht in stummen Schreien verzerrt. Ein finsteres Glühen umgab die Öfen, deren Schornsteine unablässig Ascheflocken in den Himmel über dem Nichts bliesen.
    »Was sind das für Dinger und was tun sie hier?«, fragte ich die Dame und starrte sie entsetzt an. Noch immer dröhnte das Heulen aus der Sirene oberhalb des Hecks, sodass ich gegen den Lärm anschreien musste.
    »Sie zerstören jedes Fitzelchen Dunkler Materie, das sie kriegen können«, brüllte die Dame zurück. Inzwischen hatten wir die Schleuse zum Lagerraum erreicht. Doch ich konnte meinen Blick einfach nicht von den Geisterfratzen lösen.
    »Warum? Was sind das für Wesen?«
    »So schlimm wie in den letzten Wochen war es noch nie mit ihnen.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich, aber die Dame antwortete nicht mehr, sondern schob mich stattdessen ins Innere des Schiffs. »Ihr seid schwerer beschädigt, als es zunächst den Anschein hatte. Geh jetzt endlich rein und bleib bei den anderen. Ich werde euch zurück nach Eisenheim bringen«, erklärte sie und hatte sich auch schon abgewandt.
    Benommen taumelte ich in den Lagerraum. Schon im nächsten Moment setzte sich das Schiff in Bewegung. Ohne Anzug oder Helm abzustreifen, betrat ich die Brücke, wo Fluvius Grindeaut panisch auf seinem Orgelpult herumtippte, während Amadé auf den Gelehrten einredete. Immer wieder schrie Desiderius: »Hilfe! Geister! Hilfe!« Und Marian … Ich suchte den Raum nach ihm ab.
    Plötzlich wurde mir eiskalt. Marian! Marian war noch immer dort draußen! Und sein Armband steckte in der Tasche meines Anzugs!
    Durch eines der Bullaugen sah ich, wie die Dame den Bug der Nebelkönigin mit beiden Armen umschlang und das Schiff vor sich herschob. Der Boden unter unseren Füßen vibrierte, so rasend schnell manövrierte sie uns durch das Nichts.
    »Halt!«, schrie ich und stürzte zu Fluvius Grindeaut hinüber. »Wir müssen sofort anhalten! Marian ist noch nicht wieder an Bord.«
    »Was sagst du da?«, rief der Großmeister und sprang auf. »Er ist noch …« Seine Stimme zitterte.
    »Ja!«, schrie ich. »Und jetzt halten Sie endlich an!«
    »Aber das geht nicht«, murmelte er und tastete in den Tiefen seines Mantels nach Alkohol. »Wenn wir das Schiff jetzt stoppen, haben wir keine Chance, lebend hier herauszukommen.«
    Ich packte den Großmeister beim Kragen seines Mantels und schüttelte ihn. »ER IST NOCH DRAUSSEN!«, brüllte ich. Meine Stimme überschlug sich. »Wenn wir ihn zurücklassen, wird er sterben!«
    »Und wenn wir jetzt nach ihm suchen, gehen wir dabei alle drauf«, sagte Amadé irgendwo hinter mir.
    »Na und?« Ich fuhr herum und funkelte sie an.
    Amadé senkte den Blick. Sie umklammerte die runzlige Hand des Gelehrten. »Wir müssen Desiderius nach Eisenheim zurückbringen, koste es, was es wolle. Er ist der Einzige, der weiß, ob und wie wir das Nichts aufhalten können. Ohne ihn hat die Schattenwelt keine Chance.«
    »Du willst Marian opfern!«, schrie ich.
    »Du hast ihn doch auch geopfert, als du den Stein verborgen hast. Du hast ihn längst zerstört«, stieß Amadé hervor.
    Ich wollte mich auf sie stürzen, doch der Großmeister hielt mich zurück. »Marian«, flüsterte er. Seine Augen schimmerten feucht und noch immer durchsuchte seine Linke die Taschen seines Umhangs. Glühende Tränen rannen über meine Wangen. »Na schön, dann rette ich ihn eben selbst!« Schon sprang ich auf und rannte zur Schleuse. Aber sie klemmte! Ich rüttelte daran, warf mich mit meinem ganzen Gewicht dagegen. Vergeblich. Ich sackte auf dem Fußboden in mich zusammen. Meine Hand tastete nach dem Knopf an meinem Anzug.
    »Marian? Kannst du mich hören?«
    »Ja«, antwortete er. Seine Stimme ertönte nur leise in meinem Helm. So

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