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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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und es passt alles zusammen. Das Nichts ist schon weiter in die Stadt vorgedrungen, als wir dachten. Es macht die Menschen krank, zuerst die Schwachen. Arbeiter, kleine Kinder. Deshalb ist Amadé hier, weil sie sich so große Sorgen um die Seele ihres Sohnes macht, verstehst du? Aber das Nichts hat auch auf die Schattenreiter übergegriffen, sie sind kaum noch unter Kontrolle zu halten. Wer weiß, wen es sich als Nächstes vornimmt.«
    »Wie meinst du das, alles passt zusammen?«, fragte ich.
    Marian wiegte den behelmten Kopf hin und her. »So ganz habe ich es selbst noch nicht verstanden. Aber anscheinend dringt das Nichts nicht nur in unsere Häuser, sondern frisst sich auch nach und nach in unsere Körper und Gedanken.« Seine Nasenflügel blähten sich hinter dem Glas. »Es geht nicht mehr nur um meine Schwester, Flora«, sagte er langsam, »deshalb muss ich dich jetzt fragen: Hast du irgendeine Ahnung, wo sich der Weiße Löwe in diesem Augenblick befinden könnte?«
    Ein Nein lag mir auf der Zunge, doch ich schluckte es herunter, schloss für einen winzigen Moment die Augen. Es war so weit, alle Karten auf den Tisch zu legen. Wenn Marian und ich uns im Chaos der Welten zurechtfinden und den Untergang Eisenheims verhindern wollten, mussten wir endlich zusammenhalten und einander bedingungslos vertrauen.
    »Ja«, sagte ich. »Der Stein –«
    Plötzlich bewegte sich etwas im Nichts und nicht weit von uns entfernt schälte sich eine Gestalt aus den Schwaden.

17 GEISTER
    Es war die Gestalt einer Frau, die ein Kleid aus dunkler Spitze und eine Maske im Gesicht trug. Barfuß und mit offenen Haaren bewegte sich die Dame durch das Nichts, das mit ihren Locken spielte und um ihre Knöchel züngelte, ohne ihr das Geringste anhaben zu können. Wie war das möglich? Wer war die Dame? Was war die Dame?
    In einer einzigen Bewegung wirbelte Marian herum und schob mich hinter sich, sodass ich an seinem Arm vorbeilinsen musste, wenn ich die Dame weiterhin sehen wollte. Scheinbar mühelos schwebte sie heran, bis sie schließlich nur wenige Meter von uns entfernt mitten im Nichts hing. Wieso tötete das Nichts sie nicht?
    »Bleiben Sie stehen!«, rief Marian und drückte den Rücken durch. Er wirkte nun noch ein paar Zentimeter größer. »Was wollen Sie?«
    Die Dame streckte uns die Hände entgegen. »Ich möchte euch nur danken«, sagte sie. »Dafür, dass ihr den Gelehrten gefunden habt. Ich war schon seit Langem auf der Suche nach der Weissagung, müsst ihr wissen.«
    »Warum?«, fragte ich. »Was interessiert Sie diese ganze Geschichte?« Ich zog die Stirn kraus. »Wieso können Sie hier draußen überhaupt ohne Schutzanzug überleben? Ach ja, und warum sind Sie in mein Zimmer eingebrochen, hm?« Ich war hinter Marians schützenden Schultern hervorgetreten. Nun spürte ich seine Hand an meinem Handgelenk, die mich zurückhielt.
    »Es ist wohl an der Zeit, dass wir uns unterhalten, Flora«, sagte die Dame.
    »Glaube ich auch.« Ich reckte das Kinn. »Dann schießen Sie mal los.«
    Die Dame schüttelte den Kopf. Ihr Blick glitt kurz zu Marian und dann wieder zurück zu mir. »Wir sollten das unter vier Augen bereden«, erklärte sie und nickte mir auffordernd zu. »Gehen wir ein Stück?«
    Ich wollte mich schon in Bewegung setzen, doch Marian hielt mich noch immer fest. »Flora geht mit Ihnen nirgendwohin«, rief er. »Was sind Sie, dass Sie dem Nichts befehlen können, Sie nicht anzugreifen?«
    Die Dame lachte ein trauriges Lachen. »Ich kann dem Nichts rein gar nichts befehlen, glaub mir. Ich wünschte, ich könnte es.«
    Marian senkte den Kopf, dann sprang er aus dem Stand heraus vor ihre Brust. Die Wucht des Aufpralls riss sie von den Füßen, die beiden glitten durch das Nichts. Marians Finger verfingen sich in den Haaren der Dame. Dann schleuderte sie Marian, der auf ihrem Brustkorb kniete, mit einer Kraft von sich, die ganz und gar nicht zu ihrem schmächtigen Körper zu passen schien. Fluchend landete Marian neben mir im Nichts, während die Dame elegant wieder auf die Beine kam und ihre Frisur ordnete.
    »Es geht um die Prophezeiung … und um den Weißen Löwen, Flora«, erklärte sie. Ihr Blick bohrte sich in meinen. »Also, bitte, lass uns reden!«
    Marian wollte sich schon wieder auf sie stürzen, doch ich hielt ihn zurück. Wenn die Dame etwas über den Stein wusste, musste ich es herausfinden, koste es, was es wolle. Ich bedeutete Marian zurückzubleiben und folgte ihr tiefer in das Nichts hinein, in dem man

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