Nacht der Dämonen
Männer als auch Frauen hatten bereits entweder ihre Dolche gezogen oder nach dem Nächstbesten – Prügeln, Stöcken, Stühlen und schweren Metalltöpfen – gegriffen, um damit auf den Fremden loszugehen.
Peth sprang zurück, schlug die Tür zu, raste die Straße hoch und schoss gerade um eine Ecke, als die Menge aus der Schenke in den Nieselregen quoll.
Fluchend hastete Peth die Gasse entlang. Hinter sich hörte er den wild durcheinander brüllenden Mob, und eine Stimme erhob sich darüber, die verlangte, dass man einzelne Trupps bilde, die sich in alle Richtungen verteilen sollten.
Das Trampeln schwerer Schritte näherte sich der Gasse, als er ihr Ende erreichte: eine hohe Ziegelmauer. Peth war kein gelernter Zauberer, aber er wusste, dass nur ein schnelles Verschwinden ihn retten konnte. Mit einem Kraftaufwand, dessen er sich nicht mehr für fähig gehalten hätte, sprang er an der zerfallenden Mauer hoch, hielt sich mit Fingern und Stiefelspitzen fest und machte sich daran, sich hochzuziehen.
Zornige Stimmen brüllten hinter ihm. »Dort ist er!« »Er klettert die Wand hoch!« »Werft etwas nach ihm!« »Tötet den Zamorier!«
Wieder fluchte Peth. Ein Stiefel rutschte ab, und einen schrecklichen Augenblick sah er sich bereits zurück in die Gasse stürzen. Etwas schlug schwer an der Wand neben ihm auf, und ein Steinsplitter traf sein Gesicht.
Da ertasteten seine Finger die Mauerkrone, und er konnte sich hochziehen. Weitere Geschosse schlugen neben ihm auf der Schräge auf und rollten zurück. Der Lärm des Mobs – in Peths Ohren so laut wie das Donnern der Brandung füllte die Gasse ‚unter ihm. Verzweifelt kletterte er auf das anschließende Hausdach, und noch einige Steine, aber auch Trinkbecher folgten ihm, rollten jedoch ebenfalls, ohne ihn getroffen zu haben, wieder auf die Gasse.
Mit aller Vorsicht kletterte Peth das steile Dach hoch. Einmal löste sich ein Ziegel unter seinem Fuß. Verzweifelt krallte er die Finger in höhere und hörte, wie die Dachpfanne krachend hinunterfiel und einzelne Schreie sich noch über den Lärm erhoben.
Auf dem First hielt er kurz an, schaute sich um und rannte an ihm entlang zu seinem Ende, von wo aus er, wenngleich mit Zittern und Bangen, über eine schmale Gasse zum nächsten Dach springen konnte.
Inzwischen war es der Menge unten gelungen, zwei aus ihrer Mitte zur Mauerkrone hochzuheben, und Peth sah die zwei stämmigen Männer auf dem Bauch das steile Dach hochklettern. Doch beide rutschten fluchend wieder hinunter.
Andere auf der Straße sahen, wie er von einem Dach zum anderen sprang. Der Lärm der Menge hatte weitere Leute angelockt und so wuchs der Mob, der versuchte, Peth am Boden zu verfolgen.
Aber bald gelang es ihm, sich den Blicken zu entziehen, noch ehe er an der breiten Prunkstraße angekommen war, die zum Palast führte. Dort ließ er sich vom Dach hinunter – und hätte sich beim Aufprall fast den Fuß verstaucht. Danach humpelte der arg mitgenommene Weisheits- und Wissenssucher über die Prunkstraße in die Schatten des Tempels und schließlich in die sichereren Gärten und Haine dahinter.
Der Nieselregen hatte schon lange aufgehört, und der neue Morgen kündigte sich mit dem ersten Grau am Horizont an. Die beiden Mädchen waren bereits wach und kauerten am niedrigen Feuer in Saurebs Höhle. Tiamu hatte sich eine Decke aus grober Wolle um die Schultern gezogen, trotzdem fröstelte sie. Sie hatte sehr unruhig geschlafen, war immer und immer wieder aufgewacht, hatte im Traum geächzt, gestöhnt und um sich geschlagen und ihre Schändung noch einmal durchgemacht. Schließlich hatte sie aufgegeben, schlafen zu wollen, und sich neben Sonja gesetzt und mit ihr in die allmählich erlöschenden Flammen gestarrt.
Sonja, die steif vom langen, unbewegten Sitzen war, verlagerte ihr Gewicht. Tiamu blickte mit stumpfen Augen zu ihr. »Willst du noch etwas zu essen?« fragte Sonja.
Tiamu schüttelte den Kopf.
»Der Morgen graut«, stellte Sonja fest.
Tiamu nickte, schaute jedoch nicht hoch. Sonja gähnte und zog ihre Decke enger um sich.
Saureb war noch in seiner hinteren Kammer. Er hatte sich die ganze Nacht nicht mehr sehen lassen, und Tiamu fragte sich, was er machte. Nun blickte sie zum hinteren Höhlenende. »Glaubst du, er schläft?« wandte sie sich an Sonja.
»Das bezweifle ich. Zauberer müssen sich manchmal in Trance versetzen, ehe sie sich ihrer Künste bedienen können.«
»Und glaubst du, er wird wirklich Zauber einsetzen?«
»Er hat
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