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Nacht der Dämonen

Titel: Nacht der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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traurig, doch ansonsten schien sie durchaus gefasst zu sein.
    »Keldum ließ mich rufen«, erklärte ihr der neue Hohepriester. »Er sagte, Fieberwahn quäle Euch. Ihr sollt über vieles geredet haben.«
    »Das habe ich, Uss, doch das ist nun vorbei. Meine Seele hat in dieser Nacht viel mitgemacht. Aber nun ist meine Heimsuchung vorbei, denn ich bin zu einem Entschluss gekommen. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, Uss, welche Last mir in dieser Stunde von der Seele genommen wurde. Ich habe beschlossen, die Opferungen abzuschaffen!«
    Unwillkürlich zuckte Uss zusammen. Hefei entging es nicht.
    »Ich werde Euch alles erklären, Uss. Schließlich seid nun Ihr der Hohepriester …«
    »Ich bin auch Euer Leibarzt, meine Gebieterin – und da Ihr, wie mir scheint, Fieber habt, bitte ich Euch, mir zu gestatten, Euch zu untersuchen.«
    Hefei nickte. Während Uss seine Instrumente zurechtlegte und seine Untersuchung begann, fuhr sie fort: »Mein Gemahl – Arlaid, der König – war ein großer Mann. Ich wusste es, als er noch lebte, doch nun erkenne ich es noch mehr. Er sagte mir oft, dass die Opferungen uns keineswegs vor dem Erdvolk schützten, sondern obendrein noch die Götter beleidigten und diese uns eines Tages vernichten würden, weil wir ihre Nasen mit dem Blut Unschuldiger quälten. Ich glaubte ihm damals nicht – doch jetzt haben die Götter selbst mir offenbart, dass er recht hatte, denn im finstersten Augenblick meiner Seele erschien der Gott Zarutha mir und bestätigte es.«
    »Was?« Uss fuhr hoch. Doch als er Hefeis tadelnden Blick sah, entschuldigte er sich: »Verzeiht, meine Gebieterin. Ihr sagtet, diese – diese Vision befahl Euch, die Opferungen abzuschaffen.«
    »Ja, und sie sagte mir noch vieles andere, doch an das meiste kann ich mich nicht mehr erinnern. Nur eines weiß ich – nie hat die Stimme eines anderen mich mit solcher Hoffnung erfüllt.«
    »Man muss sich vor Dämonen hüten, die sich als Götter ausgeben«, murmelte Uss.
    »Uss, Ihr wisst nicht, was Ihr sagt. Hättet Ihr dieses Wesen zu Euch reden hören …!«
    »Schon gut, Herrin. Wir werden uns eingehend darüber unterhalten, wenn Ihr ausgeschlafen habt. Doch jetzt solltet Ihr Euch ausruhen, das muss ich als Euer Arzt Euch sehr raten. Dies ist ein Trunk, der Euch entspannen und friedlich schlummern lässt. Trinkt ihn, Ihr werdet Eure Kraft am Tag brauchen.«
    Gehorsam leerte Hefei den Becher und stellte ihn auf einem Tischchen vor sich ab. »Ihr werdet sehen, Uss – Ihr werdet sehen, dass ich recht habe. Ich weiß, dass Ihr gegenwärtig zweifelt, aber Ihr werdet schon sehen.«
    »Schlaft jetzt, Gebieterin.«
    Die Herrscherin streckte sich auf dem Diwan aus, die Augen fielen ihr bereits zu. Uss sammelte seine Fläschchen und Instrumente ein, dann griff er auch nach dem Becher, aus dem sie getrunken hatte. Der alte Priester betrachtete sie eine Weile nachdenklich – und plötzlich fiel ihm auf, dass er ihre Züge noch nie so friedlich gesehen hatte.
    »Wir müssen die Opferungen abschaffen …«, murmelte Hefei schläfrig.
    Uss ging leise aus dem Gemach.
    Nicht länger stöhnend und mit den Götter hadernd, war die Herrscherin der Stadt – nach ein paar Gebeten an ihre Gottheiten und den Geist des Propheten Muthsa und liebevollen Gedanken, an ihren toten Gemahl – eingeschlafen. Eine Leibmagd sah nach einer Weile nach ihr. Sie stellte fest, dass ihre Herrin ruhig lag und ging nicht näher an sie heran, weil sie befürchtete, sie dadurch möglicherweise aufzuwecken. Uss kam etwas später wieder und erkannte, dass sie tot war. Der Spiegel, den er ihr vor die Lippen hielt, beschlug nicht. So rief er einen untergebenen Priester, damit er die nötigen Sterbensriten vornehme, um Hefeis Seele den Göttern zu empfehlen.
     
    Sost stand allein in Mophis’ stillem Gemach. Die Luft roch verbraucht, er nahm an, das lag an den Pulvern, die Uss dort verbrannt hatte. Türen und Fensterläden waren geschlossen, das einzige Licht kam von zwei schwelenden Öllampen, die Sost angezündet hatte. An der Wand vor ihm hing ein runder Silberspiegel, wie ein Schild leicht nach außen gewölbt.
    »Muthsas Spiegel«, murmelte Sost, und eine seltsame Erregung befiel ihn. »Ist das die brünierte Scheibe, in der Ihr Eure vielen Visionen saht, alter Prophet? Und wie viele weitere seither sahen die Priester dieses Tempels?«
    Er hielt eine Lampe dicht an ein bronzenes Feuerbecken auf einem niedrigen Dreibein rechts vom Spiegel. Sofort fing das Pulver in der flachen

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