Nacht der Füchse
na mens Fritz.«
»Sei nicht gemein, Sean. Sie ist kein schlechtes Mädchen. Vielleicht ein bisschen willensschwach. Viele Menschen sind einsam.«
»Das musst ausgerechnet du mir sagen!«, rief Gallagher la chend. »Ich habe diese Woche noch nichts davon gemerkt, dass du mich durch die Scheune gejagt hättest!«
»Red keinen Unsinn«, sagte sie. »Also: Wohin bringen wir ihn? Für den Notfall haben wir noch unser Geheimzimmer.«
Während des englischen Bürgerkrieges war Charles de Ville, der damalige Gutsbesitzer, für die Royalisten eingetreten. Er hatte unter dem Dach ein Zimmer einrichten lassen, zu dem vom großen Schlafzimmer eine versteckte Treppe hinaufführte – dieser Raum war in der Familie als das Geheimzimmer be kannt. Ihm verdankte Charles sein Leben, als er unter Crom well als Verräter gesucht wurde.
»Nein, das wäre im Augenblick zu schwierig. Er braucht schnelle Hilfe. Wir bringen ihn zuerst in mein Haus.«
»Und ein Arzt?«
»George Hamilton. Wem könnte man sonst vertrauen? Wart mal einen Moment – ich will nur das Rettungsfloß in den Brunnen werfen.«
Er zerrte das zusammengefaltete Gebilde hervor und ver schwand damit zwischen den Bäumen. Sie wartete und hörte ihren unregelmäßigen Atem in der Stille des Waldes. Unter Säcken und Holzstücken hinter ihr begann Kelso zu stöhnen und sich zu rühren.
In Slapton Sands begann kurz vor Mittag die Flut aufzulaufen, und einige weitere Leichen wurden angetrieben. Dougal Munro und Carter saßen im Windschatten einer Düne, verzehrten eine frühe Mittagsmahlzeit aus belegten Broten und teilten sich eine Flasche Bier. Am Strand stapften Soldaten auf und ab und wurden von ihren Offizieren ins seichte Wasser geschickt, wenn ein weiterer Toter in Sicht kam. Etwa dreißig lagen schon im Sand. »Jemand hat mal gesagt«, bemerkte Munro, »das erste Opfer des Krieges sei stets die Wahrheit.«
»Ich weiß genau, was Sie meinen, Sir«, erwiderte Carter.
In diesem Augenblick erschien ein junger amerikanischer Offizier und grüßte. »Der Strand wäre wieder geräumt, Sir. Dreiunddreißig seit Tagesanbruch. Keine Spur von Colonel Kelso.« Er zögerte. »Möchte der Brigadier sich die Beerdi gungsarrangements anschauen? Es ist nicht weit.«
»Nein danke«, antwortete Munro. »Ich glaube, es geht auch ohne.«
Der Offizier grüßte wieder und trat ab. Munro stand auf und half Carter hoch. »Kommen Sie, Jack. Hier können wir doch nichts ändern.«
»Jawohl, Sir.«
Während sich Carter auf seinen Stock stützte, steckte Munro die Hände in die Taschen und blickte auf das Meer hinaus. Plötzlich erschauderte er. »Stimmt etwas nicht, Sir?«, fragte Carter.
»Ich glaube, da ist nur eben jemand über mein Grab gewan dert, Jack. Ich will ganz ehrlich sein, – ich habe in der Sache ein ungutes Gefühl. Ein sehr ungutes Gefühl. Kommen Sie, fahren wir nach London zurück.« Er machte kehrt und verließ
den Strand.
»Also, Berger – verstehen Sie, was ich Ihnen damit sagen will?«, fragte Konrad Hofer.
Heini Baum hatte Haltung angenommen. Stramm stand er in dem Büro, das der Kommandant von Campeaux dem General feldmarschall bereitwillig überlassen hatte, und versuchte die Tatsache zu übersehen, dass Rommel am Fenster stand und in den Garten hinausschaute.
»Ich glaube schon – aber ich bin mir meiner Sache nicht si cher, Herr Major.«
Rommel drehte sich um. »Stellen Sie sich nicht blöd, Berger. Sie sind ein intelligenter Mann, das sehe ich, und ein mutiger dazu.« Mit der Spitze seiner Gerte berührte er das Eiserne Kreuz Erster Klasse und das Band mit den Frakturbuchstaben am linken Ärmel. »Der Ärmelstreifen des Afrikakorps, soso. Wir sind also alte Kameraden. Waren Sie bei Alamein dabei?«
»Nein, Herr Generalfeldmarschall. Ich wurde in Tobruk verwundet.«
»Gut. Ich bin ein einfacher Mann, also hören Sie gut zu. Sie haben mich da gestern Abend hervorragend nachgemacht – im Aussehen wie auch stimmlich. Sehr professionell.«
»Vielen Dank.«
»Ich benötige nun aber einen zweiten Auftritt. Am Freitag werden Sie übers Wochenende mit Major Hofer nach Jersey fliegen. Was meinen Sie, Berger – können Sie die Leute in Jersey so lange zum Narren halten? Als König für einen Tag? Würde Ihnen das keinen Spaß machen?«
Berger lächelte. »Ja, ich glaube schon, Herr Generalfeldmar schall.«
Rommel wandte sich an Hofer. »Na bitte. Einsichtig und in telligent, wie ich gesagt habe. Treffen Sie alle
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