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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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antwortete Martineau.
    Aber schon hatte der Pilot an anderes zu denken, denn meh­ rere Wagen rasten an den alten Gebäuden vorbei auf das andere Ende der Rollbahn zu. Doch sie kamen zu spät. Der BristolPerseus-Motor machte bei Vollgas keine Probleme. Die Westland-Lysander brauchte auf unebenem Boden bei voller La­ dung für den Start nur zweihundertundvierzig Meter. An jenem Abend in Fleurie schaffte es der Pilot in zweihundert. Er raste über die Wagen am Ende der Startbahn hin und steuerte in die zunehmende Dunkelheit empor.
    »Sehr gut«, sagte Martineau. »Das war nach meinem Ge­ schmack.« Dann verlor er das Bewusstsein.

    »Aha, er ist in Dorset«, sagte Munro. »Und was macht er?«
    »Soweit ich herausbekommen habe, nicht viel.« Carter zö­
    gerte. »Immerhin hatte er eine Kugel in der linken Lunge stek­ ken, Sir, und…«
    »Keine Trauergesänge, Jack, ich habe andere Dinge im Kopf. Sie haben sich mit meinen Anregungen beschäftigt, ihn nach Jersey zu schaffen? Was meinen Sie?«
    »Nun, Sir, die Sache sieht mir ziemlich narrensicher aus,
    zumindest für einige Tage.«
    »Länger brauchen wir auch nicht. Was haben Sie sonst noch für mich?«
    »Ihren vorläufigen Planungen habe ich entnommen, Sir, dass Sie jemanden suchen, der ihn begleitet, um seine Rolle glaub­ hafter zu machen. Jemand, der Insel und Leute kennt?«
    »Genau.«
    »Da gibt es natürlich ein Problem. Wie rechtfertigt man das Auftauchen der beiden? Man kann sie nicht einfach nach vier­ jähriger Besetzung ohne jede Erklärung auf der Insel auftau­ chen lassen.«
    »Durchaus richtig«, sagte Munro nickend. »Allerdings verrät mir Ihr eifriger Ton, dass Sie längst eine Lösung gefunden ha­ ben – also raus damit, Jack. Was haben Sir mir anzubieten?«
    »Sarah Anne Drayton, Sir, neunzehn Jahre alt. Auf Jersey geboren. Verließ die Insel kurz vor dem Krieg, um nach Ma­ laya zu gehen, wo ihr Vater eine Gummiplantage betrieb. An­ scheinend war er Witwer. Der schickte sie einen Monat vor dem Fall Singapurs nach Hause.«
    »Mit anderen Worten – seit wann ist sie nicht mehr auf Jer­ sey gewesen?« Munro schaute in die Akte. »Seit 1938. Das ist in dem Alter eine lange Zeit. Da verändern sich Mädchen noch so sehr, dass man sie nicht wieder erkennt.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Außerdem ist sie verflixt jung.«
    »Wir haben schon öfter Leute dieses Alters eingesetzt, Sir.«
    »Ja, aber nur selten und wenn wir sehr in Bedrängnis waren. Wo haben Sie sie gefunden?«
    »Sie war vor zwei Jahren bei der SOE in der engeren Wahl, vor allem weil sie fließend Französisch spricht, mit bretoni­ schem Akzent. Ihre Großmutter mütterlicherseits stammt aus der Bretagne. Natürlich wurde Sie wegen ihres Alters abge­ lehnt.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Hier in London – als Schwesternschülerin im CromwellHospital.«
    »Ausgezeichnet, Jack.« Munro stand auf und griff nach sei­ ner Jacke. »Wir besuchen sie. Bestimmt ist sie ein sehr patrioti­ sches Mädchen.«

    Dass die Luftwaffe vom Himmel über England verjagt worden war, dass die Bombenangriffe auf London vorbei seien – dies waren allenfalls Schlagzeilen in den Zeitungen. Im Frühling
    1944 begannen neue Ju-88-Nachtangriffe mit schlimmen Fol­ gen für London. Dieser Sonntag war keine Ausnahme. Gegen acht Uhr war die Notaufnahme des Cromwell-Hospitals über­ füllt.
    Sarah Drayton hätte ihren Dienst um sechs beenden sollen. Inzwischen war sie seit vierzehn Stunden im Einsatz, denn es herrschte ein großer Mangel an Schwestern und Ärzten. Sie kümmerte sich um die Patienten, die in den Korridoren lagen, und versuchte, die Bombenexplosionen und das schrille Klin­ geln der Feuerwehrfahrzeuge zu überhören.
    Sie war ein kleines, konzentriert wirkendes Mädchen mit entschlossenem Gesicht und ernsten, haselnussbraunen Augen. Das dunkle Haar hatte sie unter der Schwesternhaube ver­ schwinden lassen. Ihre Uniform war schmutzig und blutbe­ fleckt, ihre Strümpfe voller Löcher. Sie kniete nieder, um der Stationsschwester bei der Injektion eines tobenden Mädchens zu helfen, das schlimme Schrapnellwunden erlitten hatte. Schließlich wurde die Verwundete fortgetragen.
    »Ich dachte, diese Angriffe wären längst vorbei«, sagte Sa­ rah.
    »Sagen Sie das den Verletzten«, entgegnete die Stations­ schwester. »Im März waren es beinahe tausend. Also, Sie hö­ ren jetzt auf, Drayton, sonst kippen Sie mir noch vor Müdigkeit um. Keine Widerworte.«
    Erschöpft ging Sarah durch den Korridor und

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