Nacht der Füchse
Lysander-, ab und zu auch mit Liberator-Maschinen geflogen wurden. Die Rollbahn war gras bewachsen, aber lang genug. Es gab einen Tower, mehrere Häuschen und zwei Hangars.
Das Kommando führte Squadron Leader Barnes, ein ehema liger Kampfflieger, der im Sommer 1940 den linken Arm ver loren hatte. Ein Flight Lieutenant namens Peter Green sollte die Lysander fliegen. Sarah, die am Fenster stand, sah den Mann in seiner dicken Pilotenjacke neben der Maschine warten.
Es war 2.30 Uhr früh, und der Ofen verbreitete bullernde Hitze. »Möchten Sie noch einen Kaffee, Flight Officer?«, frag te Barnes.
Sarah drehte sich um und lächelte. »Nein danke. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass die Westland-Werke eine Toilette in die Maschine eingebaut haben.«
Er lächelte. »Nein, dazu reichte leider der Platz nicht.«
Martineau stand am Ofen und hatte die Hände in die Taschen seines Ledermantels gesteckt. Er trug den Tweedanzug, einen dunklen Schlapphut und rauchte eine Zigarette. Carter saß ne ben dem Ofen und klopfte mit seinem Stock nervös auf dem Boden herum.
»Ich fürchte, wir müssen die Aktion ankurbeln«, sagte Bar nes. »Wenn Sie jetzt starten, sind die Verhältnisse am Ziel noch ideal. Warten wir, wird es zu hell sein.«
»Ich weiß nicht, wo der Brigadier steckt«, sagte Carter.
»Egal.« Martineau drehte sich zu Sarah um. »Fertig?«
Sie nickte und zog vorsichtig ihre schicken Lederhandschuhe an. Sie trug über dem Kleid einen ebenfalls sehr modischen schwarzen Mantel, an den Schultern breit, in der Taille eng geschnitten.
Barnes legte ihr eine weite, pelzgefütterte Pilotenjacke um die Schultern. »Vielleicht ist es kalt da oben.«
»Vielen Dank.«
Martineau ergriff die beiden Koffer, und sie traten ins Freie und näherten sich Green, der neben der Lysander stand. »Ir gendwelche Probleme?«, fragte Martineau.
»Küstennebel, aber nur streckenweise. Leichter Gegen wind.«
Green schaute auf die Uhr. »Spätestens 4.30 Uhr sind wir am Ziel.«
Sarah stieg als Erste ein und schnallte sich fest. Martineau reichte die Koffer hinauf. Dann drehte er sich um und gab
Carter die Hand. »Bis bald, Jack.«
»Sie kennen das Rufsignal«, sagte Carter. »Mehr braucht Cresson nicht zu senden. Wir schicken Ihnen dann am gleichen Abend 22.00 Uhr eine Lysander dorthin, wo Sie gelandet sind.«
Martineau setzte sich neben Sarah und zog den Sitzgurt fest. Er schaute sie nicht an, er sagte nichts, doch ergriff er ihre Hand, als Green sich in den Pilotensitz zwängte. Der Motor heulte auf. Die Maschine rollte ans Ende der Bahn, machte kehrt und nahm bereits zwischen den beiden Lichterreihen Fahrt auf, als der Austin-Prinzess vor dem Haupttor hielt, kurz überprüft wurde und dann über das Gras auf die Hütten zuraste. Als Dougal Munro ausstieg, schwebte die Lysander bereits über dem Baum am Ende der Rollbahn und wurde von der Dunkelheit verschluckt.
»Verdammt!«, rief er. »Wurde noch in der Baker Street auf gehalten. Gab ein Problem. Ich dachte, ich schaffe es noch.«
»Länger warten ging nicht, Sir«, entgegnete Barnes. »Hätte die Sache am anderen Ende erschweren können.«
»Natürlich«, sagte Munro.
Barnes entfernte sich, und Carter fragte: »Was hatte General Eisenhower dazu zu sagen, Sir?«
»Was sollte er wohl sagen, Jack? Was kann man zu dieser Sache schon sagen?« Munro zuckte die Achseln. »Nun liegt alles in Harry Martineaus Händen. Er muss das Ziel erreichen.«
»Und Sarah Drayton, Sir.«
»Ja. Die junge Frau gefiel mir irgendwie.« Er merkte, dass er in der Vergangenheitsform gesprochen hatte, und erschauderte, als sei dies ein schlechtes Vorzeichen. »Kommen Sie, Jack, wir fahren nach Hause.« Er machte kehrt und stieg in die Limousi ne.
Sophie Cresson wartete zehn Kilometer nordwestlich von Granville an einem Waldrand neben dem Feld, das als Lande bahn vereinbart war. Sie stand allein neben einem alten Renault-Lieferwagen und rauchte hinter vorgehaltener Hand eine Zigarette. Die Tür des Lieferwagens stand offen, und auf dem Beifahrersitz lag griffbereit eine Sten-Maschinenpistole neben dem Peilsender. Sie hatte an der Bar gewartet, bis Gérard die Meldung empfing, dass die Maschine Homley verlassen hatte. In diesen Dingen kam es auf die richtige Zeitplanung an.
Gegen die Kälte hatte sie sich eine Wollmütze über die Oh ren gezogen, außerdem trug sie Hosen und einen alten, pelzge fütterten Jagdmantel von Gérard. Wegen Patrouillen machte sie sich
Weitere Kostenlose Bücher