Nacht der Füchse
Uniform und Mütze, waren giftgrün und zeigten an, dass er dem SS-Sicherheitsdienst angehörte. Die silbern gestickten Rangabzeichen an den Kragenspiegeln hatten die Form von Eichenblättern. Auf der linken Brust war ein Eiser nes Kreuz Erster Klasse befestigt. Die einzige andere sichtbare Auszeichnung war der Blutorden, eine Medaille speziell für alte Kameraden des Führers, die in den zwanziger Jahren we gen politischer Verbrechen im Gefängnis gesessen hatten.
Martineau beschloss, die Uniform anzuprobieren, und zog sich hastig aus. Jacke und Hose saßen ausgezeichnet. Er knöpf te den Rock zu und brachte das Koppel an, ein seltenes Stück; der Adler auf der Schnalle hielt in einer Klaue ein Hakenkreuz und mit der anderen die SS-Runen. An der Mütze schimmerte das silberne Totenkopfabzeichen. Martineau fuhr mit dem Är mel darüber, betastete einen kleinen Riss im Seidenfutter und klappte schließlich die Sprungfeder herunter, so dass der Mütze die Spannung genommen wurde. Viele Altgediente trugen ihre Kopfbedeckung so, auch wenn es gegen die Vorschriften war.
Er setzte die Mütze auf und rückte sie ein wenig schräg. Da sagte Sarah hinter ihm: »Du scheinst dich zu amüsieren. Ich habe langsam den Eindruck, du magst Uniformen.«
»Ich mag es, wenn alles stimmt«, antwortete er. »Ich habe oft das Gefühl, dass ich meine wahre Berufung verfehlt habe, dass ich eigentlich Schauspieler hätte werden sollen. Wichtig ist, dass alles zusammenpasst, Sarah. Man hat nur eine Chan ce.«
Ihr Gesicht wirkte bekümmert, als sie einen Schritt vortrat und seinen Arm umfasste. »Ich habe das Gefühl, du bist nicht mehr du selbst, Harry.«
»Richtig, nicht in dieser Uniform. Damit bin ich Standarten führer Max Vogel vom SD. Von den eigenen Leuten nicht we niger gefürchtet als von den Franzosen. Du wirst es erleben. Die Sache ist kein Spiel mehr.«
Erschaudernd umarmte sie ihn. »Ich weiß, Harry, ich weiß.«
»Hast du Angst?«
»Himmel, nein!« Sie lächelte ihn an. »Immerhin habe ich Zigeuner-Sara auf meiner Seite.«
Eisenhower saß an seinem Schreibtisch in der Hayes Lodge. Während er die Akte durcharbeitete, war ihm die Brille ziem lich weit heruntergerutscht. Schließlich lehnte er sich zurück, nahm die Brille ab und schaute Dougal Munro an.
»Ein erstaunlicher Mann, dieser Martineau. Außerordentli che Verdienste, außerdem Amerikaner.«
»Jawohl, Sir. Er hat mir einmal erzählt, seine Urgroßmutter sei in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach Virgi nia gekommen. Ich glaube, aus einer kleinen Stadt in Lancashi re.«
»Für Lancashire klingt sein Name irgendwie exotisch.«
»Wäre aber nicht ungewöhnlich, General. Soweit ich weiß, geht er auf die Normannen zurück.«
Munro erkannte, dass Eisenhower Zeit gewinnen wollte, um die Lage zu durchdenken. Der General stand auf und schaute aus dem Fenster, dann drehte er sich um. »Flight Officer Dray ton. Sie ist sehr jung.«
»Ich weiß, General. Allerdings ist sie auf ganz besondere
Weise geeignet, uns zu helfen.«
»Natürlich. Und Sie meinen ehrlich, es könnte klappen?«
»Ich bin überzeugt, wir können Colonel Martineau und Flight Officer Drayton problemlos in Frankreich absetzen. Ich wüsste nicht, warum die beiden nicht mit dem Schiff nach Jer sey gelangen sollten. Martineau ist zu einem ganz besonderen Autoritätsgebaren fähig. Niemand würde wagen, seine Rolle in Frage zu stellen. Wer Zweifel am persönlichen Abgesandten des Reichsführers hätte, müsste schon direkt beim Reichsführer in Berlin anrufen.«
»Ja, das sehe ich ein«, meinte Eisenhower.
»Sobald die beiden in Jersey sind, wendet sich das Blatt – dann ist das Spiel offen. Ich kann Ihnen keinerlei Zusicherun gen über den weiteren Ablauf geben. Da sind wir völlig auf Martineau angewiesen.« Ein längeres Schweigen trat ein, dann fügte Munro hinzu: »Die beiden müssten Donnerstag auf Jer sey sein. Dann hat Martineau bis Sonntag Zeit. Das ist sein Termin. Ein paar Tage, nicht mehr.«
»Von denen aber verdammt viel abhängt.« Eisenhower setzte sich wieder hinter den Tisch. »Also gut, Brigadier. Machen Sie weiter, doch halten Sie mich stets auf dem Laufenden.«
Hornley Field hatte vor dem Krieg einem privaten Fliegerclub gehört. Während der großen Luftschlacht um England war der Flugplatz auch vorübergehend von Kampfflugzeugen benutzt worden. Jetzt war er Ausgangspunkt aller Geheimeinsätze zum Kontinent, die vorwiegend mit
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