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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Terrasse.
    »Was für eine Nacht!«, sagte der Generalfeldmarschall.
    »Mein lieber Berger, was für ein Tag!«, gab Hofer zurück.
    »Dabei steht uns der zweite Akt noch bevor.«
    Martineau verließ den Schatten des Baumes nicht. Das selt­ same Gespräch verblüffte ihn. Es ergab keinen Sinn. Als die beiden im Haus verschwunden waren, huschte er über den Ra­ sen und blieb am Eingang stehen. Gleich darauf erschien der Generalfeldmarschall auf dem Balkon im ersten Stock und schaute auf die Bucht.
    Er hob sein Glas. »L’Chaim«, sagte er leise, machte kehrt und verschwand im Haus.
    L’Chaim bedeutet »Auf das Leben« und ist der älteste he­ bräische Trinkspruch. Martineau genügten die Indizien. Er stellte sich auf die niedrige Mauer, griff nach dem Geländer des Balkons und zerrte sich hoch.

    Heini Baum nahm den Blauen Max und das Ritterkreuz mit Eichenlaub, Schwertern und Brillanten ab und legte die Orden auf den Ankleidetisch. Dann zog er die Wangenpolster aus dem Mund und betrachtete sein Gesicht im Spiegel. Vorsichtig fuhr er sich mit den Fingern durch das Haar.
    »Nicht schlecht, Heini. Nicht schlecht. Ich wüsste zu gern, was der Alte sagen würde, wenn er wüsste, dass er von einem kleinen Judenjungen persifliert wird.«
    Er begann, seine Uniformjacke aufzuknöpfen. Martineau hatte draußen auf der Terrasse den Carswell-Schalldämpfer auf den Lauf der Walther geschraubt und trat durch den Vorhang ins Zimmer. Baum sah ihn sofort im Spiegel und reagierte als erfahrener Soldat – er griff nach dem Pistolenhalfter auf dem Ankleidetisch.
    »Lassen Sie das lieber«, sagte Martineau. »Dieser neuartige Schalldämpfer ist wirklich ein Wunderding. Sie bekämen gar nichts mit, wenn ich hinter Ihrem Rücken abdrücken würde. Legen Sie die Hände auf den Kopf, setzen Sie sich auf den Stuhl.«
    »Ist dies eine Verschwörung der SS gegen mich?«, fragte Baum, der seine Rolle auch in dieser Situation weiterspielte. »Ich weiß zwar, dass Reichsführer Himmler mich nie gemocht hat – aber ich wusste nicht, dass seine Abneigung so groß ist.«
    Martineau setzte sich auf die Bettkante, zog mit einer Hand eine Packung Gitanes hervor und schüttelte eine Zigarette hoch. Er zündete sie sich an und sagte:
    »Ich habe das Gespräch zwischen Ihnen und Hofer auf der Terrasse belauscht. Er hat Sie Berger genannt.«
    »Sie waren sehr eifrig.«
    »Und ich stand dicht unter Ihnen, als Sie eben mit sich selbst redeten – kommen wir zur Sache. Erstens – Sie sind nicht Rommel.«
    »Wenn Sie meinen.«
    »Noch mal von vorn«, sagte Martineau. »Wenn es wirklich auf Himmlers Anordnung eine SS-Verschwörung gegen Ihr Leben gäbe, hätte es wenig Sinn, Sie umzubringen, wenn Sie nicht Rommel sind. Wenn Sie es andererseits sind…«
    Er hob seine PPK, und Baum atmete tief durch. »Sehr schlau!«
    »Also sind Sie nicht Rommel?«
    »Das müsste Ihnen doch klar geworden sein.«
    »Was sind Sie dann – Schauspieler?«
    »Ja, von der Bühne in die Wehrmacht – und zurück auf diese
    Bühne.«
    »Großartig«, sagte Martineau. »Ich habe ihn letztes Jahr in Paris gesehen, und Sie haben mich getäuscht. Weiß er, dass Sie Jude sind?«
    »Nein.« Baum runzelte die Stirn. »Hören Sie – was für eine Sorte SS-Mann sind Sie eigentlich?«
    »Bin ich gar nicht.« Martineau legte die PPK auf das Bett neben sich. »Ich bin Colonel der britischen Armee.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht«, sagte Baum, völlig überrum­ pelt.
    »Schade, dass Sie kein Englisch sprechen, dann könnte ich’s Ihnen beweisen.«
    »Aber ich spreche Englisch!«, sagte Baum beinahe akzent­ frei. »Ich bin 1935 – 1936 in London, Leeds und Manchester auf Tournee gewesen.«
    »Und gingen dann zurück nach Deutschland?«, fragte Marti­ neau. »Sie müssen den Verstand verloren haben.«
    »Meine Eltern«, entgegnete Baum achselzuckend. »Wie die meisten alten Leute konnten sie sich nicht vorstellen, dass es ernst werden würde. Ich versteckte mich in der Armee unter dem Namen eines Mannes, der bei einem Luftangriff auf Kiel ums Leben gekommen war. In Wirklichkeit heiße ich Heini Baum. Für Rommel bin ich Gefreiter Erich Berger von den 21. Fallschirmjägern.«
    »Ich heiße Harry Martineau.«
    Nach kurzem Zögern gab ihm Baum die Hand. »Ihr Deutsch ist ausgezeichnet.«
    »Meine Mutter war Deutsche«, erklärte Martineau. »Sagen Sie, wo steckt Rommel wirklich?«
    »Irgendwo in der Normandie.«
    »Und was ist der Zweck dieser Maskerade – oder wissen Sie das

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