Nacht der Hexen
konnte, Arbeit zu finden. Ich war selbst eine Art Jungunternehmerin – konnte ich es dem Typen wirklich übel nehmen, dass er seine Dienste auf diese Art vertrieb? Wenn ich, wie der Ermittler angedeutet hatte, wirklich einen Anwalt brauchte, würde ich mir mit Sicherheit keinen so jungen Anwalt nehmen, aber es konnte ja nichts schaden, mir anzuhören, was er zu sagen hatte.
Ich unterschrieb den Vertrag. Er fügte seine eigene Unterschrift hinzu und gab mir eine Kopie.
»Fangen wir doch damit an, dass wir über Referenzen reden«, sagte ich.
Ohne von seinen Papieren aufzublicken, antwortete er: »Lassen Sie sich versichern, Ms. Winterbourne, es gibt niemanden, der besser dafür qualifiziert ist als ich, Ihren Fall zu vertreten.«
»Tun Sie mir trotzdem den Gefallen. Wo haben Sie studiert? Wo praktizieren Sie? Wie viele Sorgerechtsfälle haben Sie schon bearbeitet? Wie viele davon haben Sie gewonnen? Haben Sie Erfahrung mit Rufmordklagen? Das ist in meinem Fall nämlich durchaus eine mögliche Entwicklung.«
Weiteres Aktenstudium. Dann etwas Aktensortieren. Ich war noch ungefähr zwei Sekunden davon entfernt, ihn aus dem Haus zu weisen, als er sich wieder zu mir wandte, den Blick immer noch gesenkt.
»Dann bringen wir es doch hinter uns, einverstanden?«, sagte er.
Er sah auf und mir ins Gesicht. Ich ließ den Vertrag fallen. Lucas Cortez war ein Magier.
Zauberlehrling
V erlassen Sie mein Haus«, sagte ich.
»Wie Sie sehen können, bin ich durchaus qualifiziert, Ihren Fall zu übernehmen, Paige.«
»Ah, jetzt sind wir also schon bei ›Paige‹? Hat Savannah Sie angeheuert?«
»Nein.« Er sagte es ohne jede Überraschung – so als sei der Gedanke, dass eine minderjährige Hexe einen Magieranwalt einstellt, nicht weiter bemerkenswert.
»Wer hat Sie also geschickt?«
»Wie Sie selbst bereits festgestellt haben, niemand hat mich geschickt. Sie haben mich einen Rettungswagenjäger genannt, und ich habe mich nicht gegen diese Bezeichnung verwahrt. Obwohl ich sie zugegebenermaßen anstößig finde, trifft die implizierte Absicht in meinem Fall durchaus zu. Es gibt zwei mögliche Methoden für einen Anwalt, in der paranormalen Welt Karriere zu machen: sich einer Kabale anzuschließen oder sich einen Ruf zu machen, indem er sie erfolgreich bekämpft. Ich habe mich für den letzteren Weg entschieden.« Er machte eine Pause. »Könnte ich diesen Kaffee bekommen?«
»Natürlich. Zur Tür raus, am Ende der Straße nach links, dann sehen Sie den großen Neon-Donut. Sie können ihn gar nicht verfehlen.«
»Wie ich bereits erwähnte, als ein junger Anwalt, der versucht,sich außerhalb der Kabalen einen Namen zu machen, muss ich meine Fälle bedauerlicherweise sehr gezielt verfolgen. Ich habe von Mr. Nasts Bemühen gehört, das Sorgerecht für Savannah zu erlangen, und darin eine Gelegenheit für mich gesehen, der ich nachgegangen bin. Wenn ich recht verstehe, hat Mr. Nast seine Absicht noch nicht aufgegeben?«
»Er weigert sich, einen Gentest machen zu lassen, was bedeutet, er kann nicht beweisen, dass er Savannahs Vater ist, was bedeutet, dass ich da keine Grundlage für ein Verfahren mehr erkennen kann, und somit brauche ich auch keinen Anwalt. Wenn ich Ihnen also den Weg zum Café noch mal beschreiben soll –«
»Seine Weigerung, eine Genprobe zur Verfügung zu stellen, mag zunächst viel versprechend aussehen, aber ich kann Ihnen versichern, dass das Problem damit keineswegs aus der Welt ist. Gabriel Sandford ist ein ausgezeichneter Anwalt. Er wird Mittel und Wege finden, dies zu umgehen, vermutlich indem er ein Labor besticht, damit es unechte Resultate liefert.«
»Und die Bereitschaft, Fachleute zu bestechen, macht einen zu einem ausgezeichneten Anwalt?«
»Ja.«
Ich öffnete den Mund, aber es kam nichts heraus.
Cortez fuhr fort: »Wenn er es mit einem solchen Manöver versucht, werde ich darauf bestehen, dass das Gericht den Testvorgang überwachen lässt.« Er wandte sich wieder seinen Papieren zu. »Ich habe eine Reihe von Schritten ausgearbeitet, die wir –«
Savannah kam in die Küche und blieb abrupt stehen, um Cortez und seine Dokumente zu mustern.
»Was will denn der Vertreter?«, fragte sie. Dann sah sie Cortezins Gesicht. Sie zuckte nicht einmal mit der Wimper; nur ihre Lippen wurden schmaler. »Was willst du hier, Magier?«
»Lucas ist mir lieber«, sagte er, während er eine Hand ausstreckte. »Lucas Cortez. Ich vertrete Paige.«
»Vert…« Savannah sah mich an. »Wo hast du denn
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