Nacht der Hexen
drückte. Ich stellte das Gerät leiser, bevor ich mir den nächsten Anruf vornahm. Savannah brauchte den Dreck nicht zu hören.
Ich
brauchte den Dreck zwar auch nicht zu hören, aber ich sagte mir, dass ich mich einfach an derlei gewöhnen müsste – mir eine dickere Haut zulegen.
Der nächste Anruf war eine Variation über das gleiche Thema, also löschte ich ihn gleich nach der ersten Obszönität. Dann kam eine Mitteilung, die ich mir bis zum Ende anhörte. Sie begann mit: »Ms. Winterbourne, Sie kennen mich nicht, aber es tut mir so leid zu hören, was Sie da gerade durchmachen«, äußerte noch etwas Mitgefühl und versprach für mich zu beten. Ich brauchte das. Zu diesem Zeitpunkt brauchte ich es wirklich.
Ein Schnelldurchlauf durch die nächsten neun Nachrichten ergab sieben weitere Medienleute, eine wütende Frau, die mich in der Hölle brennen sehen wollte, und eine wirklich reizende Wiccanerin aus Salem, die mir moralische Unterstützung anbot. Sehen Sie? Ist doch gar nicht so schlimm. Nur sechzig Prozent dieser Fremden schrien nach dem Scheiterhaufen.
Ich brachte die nächsten vier Medienanrufe hinter mich, und dann stieß ich auf einen, bei dem meine Stimmung sich schlagartig hob.
»Paige? Paige? Komm schon, nimm ab!«, röhrte eine vertraute Stimme über laute Rockmusik und lärmendes Geschnatter. »Ich weiß, dass du da bist! Es ist acht Uhr abends. Wo sollst du denn sonst sein? Mit einem Typen unterwegs?«
Dröhnendes Gelächter, dann ein ohrenzerreißender Pfiff, der wohl meine Aufmerksamkeit erregen sollte, in welchem Winkel des Hauses ich mich auch gerade aufhalten mochte. »Adam hier! Nimm ab!« Pause. »Okay, in Ordnung, vielleicht bist du wirklich nicht da. Ich bin immer noch in Maui. Ich hab zu Hause angerufen und deine Nachricht gekriegt. Dad sitzt im Moment grade in einer Konferenz. Ich bin schnell auf was zu trinken weggegangen, aber du hörst dich ziemlich fertig an, also geh ich wohl besser zurück ins Hotel und sag ihm Bescheid. Aloha!«
Welches Hotel? Wie wär’s mit einem Namen? Einer Telefonnummer? Typisch. Ich ging im Schnelldurchlauf die übrigen Nachrichten durch und betete darum, dass ich Roberts Anruf nicht verpasst hatte, aber selbstverständlich war er dabei. »Paige? Hier ist Robert. Ich hab zu Hause angerufen und mir deine Nachrichten angehört – auf Adam sollte man sich nicht verlassen, wenn man irgendwas Sinnvolles erwartet. Ungeduldig wie eh und je; anscheinend hat er sich nur die Erste davon angehört. Von der über Leah erzähle ich ihm besser gar nicht erst, sonst setzt er sich ins nächste Flugzeug und will dir helfen, und ich kann mir denken, dass das so ziemlich das Letzte ist, was du willst. Ich nehme an, du wirst die Information über Volo-Halbdämonen wollen, um die du mich gebeten hast. Zum Glück hab ich die tatsächlich gerade hier. Du weißt ja, wie ich packe. Eine Tasche mit Kleidern und zwei Koffer mit Büchern und Notizen, die ich dann nicht brauche. Ich faxe dir das Volo-Material rüber. Wir fahren in einer Stunde zum Flughafen, aber wenn du vorher nach Hause kommst, ruf mich unter 555-3573 an. Sonst melde ich mich morgen bei dir.«
Ich hatte Robert mehrere Monate zuvor in einem Anfall vonHellsichtigkeit gebeten, Informationen über Volos zusammenzutragen, und dann vergessen, mich nach dem Ergebnis zu erkundigen. Ich würde bis morgen warten müssen, um zu erfahren, was Robert über Kabalen zu sagen hatte. In der Zwischenzeit konnte es nicht schaden, wenn ich alles über Leah herausfand.
Grundkurs Dämonologie
D as Fax lag auf dem Fußboden, wo mein Gerät es hingespuckt hatte. Gott sei Dank war die Polizei nicht zu einer zweiten Hausdurchsuchung vorbeigekommen. Stellen Sie sich vor, was die Ermittler gedacht hätten, wenn sie dies gefunden hätten. »Nein, Detective, ich bin wirklich keine Satanistin. Warum ich Faxe über Dämonologie kriege? Also, hm, das ist diese Idee für eine Website, an der ich gerade arbeite, wissen Sie …« Ab sofort würde ich beim Rumliegenlassen von Dingen vorsichtiger sein.
Wenn Sie verstehen wollen, was Robert mir über Volos mitzuteilen hatte, brauchen Sie zuerst etwas Hintergrundinformation über Dämonen. Einen Grundkurs in Dämonologie sozusagen.
Dämonen existieren sowohl in der physischen als auch in der spirituellen Welt. Sie sind nach dem Grad ihrer Macht in Hierarchien aufgeteilt. Wahrscheinlich gibt es einen herrschenden Dämon, jemanden, den man nun wirklich nicht heraufbeschwören will, aber ich
Weitere Kostenlose Bücher