Nacht der Leidenschaft
plötzlich so frei, dass sie ihm alles sagen konnte. „Vor zehn Jahren war ich reif. Jetzt stehe ich nur noch als eingemachtes Obst im Regal. Über kurz oder lang wird mein Kern … der Pfirsichkern, wenn Sie wollen … mit den anderen im Obstgarten begraben werden.“
Jack lachte auf und stellte das Weinglas ab, dann erhob er sich und legte den Überrock ab. „Verzeihen Sie“, bat er, „aber hier ist es warm wie im Hochofen. Ist es in Ihrem Haus immer so warm?“
Amanda beobachtete ihn misstrauisch. „Draußen ist es feucht, und ich friere sehr leicht. Meistens trage ich einen Schal und eine Haube im Haus.“
„Ich könnte Ihnen eine bessere Methode zum Aufwärmen vorschlagen.“ Ohne um Erlaubnis zu bitten, setzte er sich neben sie. Amanda rückte von ihm ab, soweit es das Polster auf ihrer Seite der Couch zuließ, und befand sich in einer Situation, die sie nicht beherrschte. Und sie hatte sich selbst hineinmanövriert.
„Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie mich zu verführen versuchen?“, wisperte sie.
„Sie haben keinen Grund, sich vor mir zu fürchten. Ich .würde einer Frau niemals Gewalt antun.“
Natürlich gäbe es keinen Grund. Es war eher wahrscheinlich, dass er das Wort ~nein~ niemals aus dem Munde einer Frau vernommen hatte.
Dies war ohne Zweifel die erbaulichste Situation, in der sich Amanda jemals befunden hatte. Ihr Leben war bisher außergewöhnlich ereignislos verlaufen. Nur die Figuren in ihren Romanen sagten und taten all die verbotenen Dinge, die sie selbst niemals zu tun gewagt hätte.
Als könnte er ihre Gedanken lesen, lächelte der Mann neben ihr gelassen und stützte das Kinn auf die Hand. Wenn er tatsächlich versuchte, sie zu verführen, dann ließ er sich Zeit. „Sie sind genau so, wie ich es mir vorgestellt habe“, murmelte er. „Ich habe Ihre Romane gelesen … sagen wir, zumindest den letzten. Nicht viele Frauen schreiben so wie Sie.“
Amanda sprach nicht gern über ihre Arbeit. Es war ihr peinlich, wenn sie überschwängliches Lob hörte und wenn die Kritiker sie in den Himmel hoben. Aber jetzt war sie sehr neugierig auf das Urteil, das dieser Mann über ihre Bücher abgeben würde. „Ich hätte nicht erwartet, dass ein Pro … ein Mann Ihrer … ein Cicisbeo“, brachte sie endlich heraus, „Romane liest.“
„Tja, schließlich müssen wir etwas in unserer Freizeit tun“, folgerte er logisch. „Wir können nicht unsere ganze Zeit im Bett verbringen. Übrigens spricht man das nicht so aus.“
Amanda leerte das Glas bis auf den letzten Tropfen.
Ihr Blick zur Anrichte sagte ihm, dass sie am liebsten ein zweites Glas trinken würde.
„Noch nicht“, erklärte Jack, nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf das Tischchen hinter ihr. Es ließ sich nicht vermeiden, dass er sich bei der Bewegung dicht über sie beugte. Amanda zuckte zurück. „Ich werde Sie nicht verführen können, wenn Sie zu viel Wein getrunken haben“, murmelte er. Sein warmer Atem strich ihr über die Wange. Auch wenn er sie nicht mit dem Körper berührte, glaubte sie sein Gewicht zu spüren.
„Ich hä … hätte nicht gedacht, dass Sie in dieser Hinsicht Skrupel haben“, kam es ihr etwas unsicher über die Lippen.
„Oh, ich habe keine Skrupel, versicherte er vergnügt, „ich mag nur die Herausforderung. Und wenn Sie noch mehr Wein tränken, dann wären Sie zu leicht zu erobern.“
„Sie arroganter, eitler brachte Amanda verärgert vor, als sie an dem schelmischen Aufblitzen der Augen sah, dass er sie absichtlich reizte. Sie war gleichermaßen erleichtert wie enttäuscht, als er von. ihr abrückte. Unwillkürlich huschte ein Lächeln über ihre Lippen. „Hat Ihnen mein Roman gefallen?” Diese Frage konnte sie sich nicht verkneifen.
„Ja. Zuerst dachte ich, es wäre der übliche Kitsch. Aber dann fiel mir auf, wie Sie Ihre Charaktere entwickelten.
Ich fand Gefallen an der Handlung, in deren Verlauf anständige Menschen in die Irre geführt wurden und Trugbildern erlagen, die sie zu Gewalttätern, Betrügern und Verrätern machten … Sie scheinen beim Schreiben vor nichts zurückzuschrecken.“
„Kritiker sagen, meine Romane ließen den Anstand vermissen.“
„Das liegt an der Thematik, die Sie in Ihren Büchern verfolgen – dass gewöhnliche Leute in ihrem Privatleben zu ungewöhnlichen Dingen fähig sind. Das verunsichert den Leser.“
„Sie haben meine Bücher tatsächlich gelesen!“, rief Amanda überrascht aus.
„Und aus diesem Grunde
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