Nacht der Seelen - Armintrout, J: Nacht der Seelen
Außenseiter abschießen konnte. „Woher soll ich denn wissen, ob mich überhaupt noch jemand einweiht?“Julian hob die Hände und lächelte, als wüsste er, dass er seine Beute in die Ecke gedrängt hatte. Nicht in die Ecke gedrängt – auf einem Silbertablett serviert. „Ich bin mir sicher, dass du deinen Platz in diesem Kampf finden wirst. Außerdem, hast du mir nicht gerade versichert, dass du alles tun wirst, um meine Tochter zu beschützen?“
Darauf wusste Max keine Antwort.
„Dein Flugzeug wird am Morgen gehen. Versuche, meiner Tochter die Nachricht schonend beizubringen.“ Und dann verließ Julian den Raum. Ließ Max in dem höhlenartigen Zimmer stehen, ließ ihn mit seiner Last allein. Wie sollte er Bella sagen, dass ihr Vater ihn zum Sterben wegschickte?
Auf der andere Seite, dachte Max, als er wütend zurück in Bellas Zimmer ging, ist es auf alle Fälle klar, dass Nathan und Carrie mit an der Sache beteiligt sind. Und wenn Julian jetzt schon Alarm schlägt, dann läuft da etwas.
Er konnte nicht zulassen, dass seine Freunde das zu Ende brachten, wobei er zu Beginn geholfen hatte, und ihnen jetzt einfach dabei nur zuschauen. Aber er konnte Bella auch nicht allein lassen.
Natürlich wusste er, was sie ihm entgegnen würde, wenn er es ihr sagte. Geh, hilf ihnen, geh dorthin, wo man dich braucht. Geh und sei der Krieger, der du eigentlich bist. Das war ein gutes Argument, es ihr einfach nicht zu erzählen. Aber das Argument dagegen, nämlich es ihr nicht zu sagen, war, dass er sie respektierte, verdammt noch mal. Es ergab keinen Sinn, wenn er bedachte, dass er ihr noch vor wenigen Monaten am liebsten einen Schraubenzieher ins Ohr gerammt hätte, aber mittlerweile war sie die Mutter seines Kindes. Und außerdem war sie seine große Liebe. Zur Hölle, mittlerweile konnte er sich sogar kaum noch an seinen Schöpfer erinnern, die Erinnerung an ihn verblasste, seitdem Max erkannt hatte, wie sehr er Bella liebte.
Er musste ihr erzählen, warum er wegfuhr, denn anlügen konnte er sie nicht.
Er kam in Bellas Zimmer, als zwei Tanten gerade dabei waren zu gehen. Sie sahen ihn verschlagen an, als er eintrat, und eine von ihnen murmelte leise etwas. Wahrscheinlich beschwerte sie sich darüber, dass er nicht angeklopft hatte, aber gleichzeitig sahen sie auch erleichtert aus. Allmählich hatte es den Anschein, dass sein Außenseiterstatus eine Gruppenentscheidung war.
Bella stand auf dem Balkon. Sie trug immer noch ihr weißes Nachthemd, aber darüber hatte sie einen ebenso makellosen weißen Bademantel gezogen. Ihr langes schwarzes Haar fiel ihr offen über die Schultern.
„Der Wind vom See her ist kalt“, stellte er fest. Sie war nicht überrascht, dass er so plötzlich wieder da war.
„Ich mag die Sonne. Und die Kälte macht mir nichts aus.“ Sie legte ihre Arme schützend um ihren Bauch und strahlte ihn an. „Und hier drin ist es warm genug für sie.“
Ihr wird es verdammt dreckig gehen, wenn ihre Mutter an Lungenentzündung stirbt, dachte Max, sagte aber nichts. Er wollte den Rest des Tages, der ihnen noch blieb, nicht mit Streiten verbringen. „Hör mal, ich muss mit dir reden.“
„Ja?“ Bella deutete elegant auf den zweiten Liegestuhl, der näher am Balkongitter stand.
Max zog den Stuhl neben ihren, und sie setzten sich. Er war sich nie sicher, ob er nah genug bei Bella war. Der Gedanke daran, morgens nicht mehr in ihrer Nähe zu sein, nicht mehr aufzuwachen und ihr schönes Lächeln zu sehen, ihren warmen sauberen Duft einzuatmen … Er verdrängte diese düsteren Gedanken. „Weißt du, er läuft da draußen ja immer noch herum.“
Er sah, wie sich ihr Brustkorb hob, als sie kurz einatmete, aber sie hielt inne, bevor sie etwas sagte, und gab –schlecht – vor, nichts zu verstehen. „Wer?“
Es war besser, es kurz und schmerzlos zu machen, so, wie man ein Pflaster abzieht. „Der Souleater. Er ist immer noch da draußen, und er wird das Ritual durchführen, das ihn zum Gott machen soll.“
„Was hat das mit uns zu tun?“ Bellas Stimme klang hart und blechern, als könnte sie Max Vergangenheit auslöschen. „Du gehörst doch nicht mehr zu ihnen. Es geht dich nichts mehr an.“
Er lächelte sie an und strich ihr die Haare aus dem Gesicht. Das erste Mal, als er sie sah, trug sie ihre Haare aus dem Gesicht frisiert. So hatte sie es immer getragen, streng zurückgebunden, sodass ihre Haut scheinbar spannte. Sie erschien ihm hart, damals, und auch noch heute wirkte sie abweisend und
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