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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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aus, alle mittleren Alters, mit kurzem Haarschnitt, alle in Shorts und bunten T-Shirts, alle braun gebrannt und sehr schlank.
    Die Französinnen, dachte Laura.
    Zögernd kamen die Frauen auf sie zu, musterten den Koffer, wollten mit einem «Bon jour» weitergehen, hielten dann aber doch neugierig an und erkundigten sich, was Laura suche. Laura sprach nur wenig Französisch. Die Frauen immerhin leidlich Italienisch. So war nach kurzer Zeit klar, dass Laura gekommen war, um den Tod des Mädchens aufzuklären. Ob sie nicht Lust habe auf einen Kaffee in ihrer Wohnung im Seitentrakt des Klosters?
    Die Küche war riesig und sehr gemütlich. Ein alter Tisch stand vor dem Fenster, Wildblumen in einem Krug, dunkelrote Steinfliesen, ausgetreten und gerundet von der Zeit, ein alter Spülstein, ein Herd, der mit Holz zu heizen war, und obendrauf ein Gaskocher.
    «Und was machen Sie hier?», stellte Laura die Gegenfrage, als sie endlich alle mit einer Tasse Espresso um den Tisch saßen. Ein Hauch von Verlegenheit hing im Raum.
    «Warum?» Die älteste der drei reckte angriffslustig ihr Kinn. «Ist es verboten, Urlaub zu machen?»
    «Nein», Laura lächelte freundlich. «Es kommt mir nur ungewöhnlich vor, dass drei Frauen an einem so einsamen Ort wohnen. Ich meine, es gibt hier keine Restaurants, keine Unterhaltung. Wahrscheinlich ist es sogar mühsam einzukaufen. Der nächste Laden ist vermutlich in Buonconvento.»
    «Ja! In Buonconvento!», sagte die Angriffslustige. «Aber das macht uns Spaß. Es ist ein wunderbarer Platz, und wir lieben die Natur. Hier können Sie nachts Stachelschweine beobachten. In den Pinien hinter dem Kloster nisten Eulen. Es gibt seltene Fledermäuse, und jeden Abend kommen Füchse vorbei, um zu sehen, ob die Katzen Futter übrig gelassen haben.»
    «Aha!» Laura verrieb nachdenklich einen Kaffeetropfen auf der Tischplatte. «Und deshalb machen Sie hier Urlaub?»
    «Nein», sagte eine der anderen Frauen. «Es ist nur ein guter Platz für unsere Aufgabe.»
    «Aufgabe?» Laura überlegte, ob es an den Sprachschwierigkeiten lag, dass sie «Aufgabe» verstanden hatte.
    «Ja, Aufgabe», wiederholte die Frau, deren Augen von unzähligen Fältchen eingerahmt wurden. «Wir sind Aktivistinnen im Kampf gegen Hühner-KZs.»
    «Hühner-KZs?» Laura starrte die Frau verwirrt an.
    «Als Deutsche wissen Sie doch, was KZs sind», warf die Angriffslustige ein.
    Laura trank einen Schluck Espresso und überlegte, was sie darauf antworten sollte.
    «Meine Mutter ist Italienerin», sagte sie endlich.
    «Die waren auch Faschisten!»
    Laura versuchte ihren aufsteigenden Ärger zu unterdrücken. «Ich glaube nicht, dass es darum im Augenblick geht.»
    «Doch! Viele Menschen verhalten sich gegenüber Tieren wie die Faschisten gegenüber schwächeren Menschen. Sie sperren sie unter unsäglichen Bedingungen ein, foltern sie und bringen sie am Ende um. Es gibt kaum einen Unterschied!» Die Stimme der Älteren wurde lauter und schärfer.
    «Vielleicht», murmelte Laura. «Aber was hat das mit Ihrem Aufenthalt in diesem Kloster zu tun?»
    Die dritte Frau versuchte ein versöhnliches Lächeln.
    «Nehmen Sie meiner Freundin die harten Worte nicht übel. Wir kommen gerade von einer Hühnerfarm zurück und haben schreckliche Dinge gesehen. Das macht traurig und wütend.»
    «Ja, das kann ich verstehen», antwortete Laura. «Aber ich weiß noch immer nicht, was Sie hier tun!»
    Die drei Frauen wechselten schnelle Blicke.
    «Wir fahren die Gegend ab und verzeichnen die Hühner-KZs in einer Landkarte. Unsere Organisation will alle Formen von Massentierhaltung in Europa dokumentieren und dann der Öffentlichkeit zugänglich machen!»
    «Gibt es denn hier in der Toskana so viele Hühnerfarmen?», fragte Laura erstaunt.
    «Allein in der Umgebung von Buonconvento haben wir schon zehn Betriebe gefunden. Und wir sind erst seit fünf Tagen hier!»
    Laura hatte das Gefühl, als erzählten die Frauen nur einen Teil der Geschichte, aber sie ging darüber hinweg. Sie wollte eigentlich nicht über Hühner reden, sondern über die Gruppe.
    «Das ist eine wichtige Sache, die Sie sich da vorgenommen haben», sagte sie deshalb freundlich. «Vielleicht können Sie auch mir ein wenig helfen. Haben Sie irgendetwas beobachtet, das mit dem Tod der jungen Frau zusammenhängen könnte?»
    «Oh!», sagte die Ältere mit spitzer Stimme. «Mich wundert es nicht, dass hier ein Mord geschehen ist! Diese Leute sind sehr seltsam. Sie schließen sich täglich mindestens

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