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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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für eine gute Idee?» Guerrinis Gesicht war verschlossen. Seine Hände lagen locker auf dem Lenkrad, ließen dem Wagen ein wenig Spielraum, sich seinen Weg über die löcherige Straße zum Kloster zu suchen, griffen nur fester zu, wenn die Lenkung ausbrach.
    «Ich halte es für eine hervorragende Idee. Es gibt ein schönes Bild dafür: Der Wolf umkreist die Schafherde.»
    Guerrinis Hände machten Laura nervös. Warum, zum Teufel, hatte er auch noch schöne Hände?
    «Sind Sie der Wolf?»
    «Nein, aber ein Spürhund. Sie doch auch, nicht wahr?»
    Ich rede völligen Quatsch, dachte sie.
    Guerrini runzelte die Stirn.
    «Warum sind Sie bei der Polizei?»
    «Darüber sollten wir uns bei einem Glas Wein unterhalten. Das kann ich nicht in einem Satz beantworten.»
    «Ich dachte, sie könnten es. Weil Sie so gut über Wölfe und Spürhunde Bescheid wissen.»
    «Blödsinn», murmelte sie. «Ich rede einfach so, weil mir im Augenblick nichts anderes einfällt.»
    Guerrini warf ihr einen raschen Blick zu.
    «Gut, reden wir wieder über unseren Fall. Wie beim Frühstück. Also, Ihr Kollege hat interessante Dinge über die Tote herausgefunden. Sie war eine junge Frau, die extrem lebte …»
    «Lassen wir das!», unterbrach Laura. «Reden wir über Moskitos. Wussten Sie, dass Moskitos Gedanken lesen können? Falls ein letzter Beweis für Telepathie fehlt, dann sollte jemand Versuche mit Mücken anstellen. Sie denken an eine Mücke an der Wand, und die Mücke verschwindet. Sie weiß, dass Sie ihr nachstellen, genau diese Mücke, nicht die Mücke einen halben Meter weiter rechts oder links!»
    Guerrini brach in Gelächter aus.
    «Ergebnis einer Nacht in Buonconvento?»
    «Ja, und gar nicht so schlecht», erwiderte Laura. «Wenn Sie das auf Verbrecher übertragen, dann kann es sogar sehr hilfreich sein. Denken Sie nie an den Hauptverdächtigen, sondern immer an den rechts oder links von ihm. Dann fühlt er sich sicher.»
    «Funktioniert aber nur, wenn man schon einen Hauptverdächtigen hat, nicht wahr?»
    «Stimmt», gab Laura zu. «Also suchen wir uns einen aus, an den wir nicht denken!»
    «Diesen Berger?»
    «Wir könnten es versuchen. Sie mögen ihn auch nicht, hab ich Recht?»
    «Das bedeutet noch nicht, dass er ein Mörder ist», lächelte Guerrini. «Es gibt eine Menge Leute, die ich nicht mag.»
    Der Wagen nahm die Steigung zur Abbadia, schlitterte über den feinen Schotter der letzten Kurve und hielt neben den Autos der Deutschen. Niemand war zu sehen, nur ein einsames Moped lehnte an der Telefonzelle.
    «Vormittags ist Gruppensitzung», sagte Guerrini nach einem Blick auf seine Armbanduhr. «Sollen wir sie ein bisschen aufschrecken?»
    Laura schüttelte den Kopf.
    «Ich würde mich ganz gern ein wenig umsehen. Bisher kenne ich das Kloster nur bei Nacht. Sie haben mir doch von irgendwelchen Französinnen erzählt, die ebenfalls hier wohnen.»
    Guerrini antwortete nicht, sondern schaute zur Telefonzelle. Dort tauchte plötzlich ein untersetzter dunkelhaariger Mann in Arbeitskleidung auf und kam mit großen Schritten auf sie zu.
    «Das ist Giuseppe Ranas Bruder», flüsterte Guerrini.
    «Commissario?» Der Mann vor ihnen schaute auf seine Schuhe.
    «Ja?»
    «Ich, äh … habe auf Sie gewartet. Hoffte, Sie zu treffen …»
    «Was ist, Rana?»
    Der Mann trat unruhig hin und her, sah nur einmal auf, senkte sofort wieder den Blick.
    «Wegen Giuseppe. Können Sie nicht was für ihn tun? Er gehört nicht ins Gefängnis. Auch wenn er nicht ganz richtig im Kopf ist. Unsere Mutter betet den ganzen Tag. Gestern hat sie vergessen, die Hühner und Enten zu füttern. Das ist noch nie passiert, Commissario …»
    Guerrini seufzte und strich sich nervös übers Haar.
    «Wir können ihn noch nicht entlassen. Der Untersuchungsrichter ist der Meinung, dass es schwere Verdachtsmomente gibt. Er will keinen Fehler machen. Aber wir arbeiten an der Sache, und ich hoffe, dass es für Giuseppe gut ausgeht.»
    Rana zog die Schultern hoch und steckte beide Hände in die Hosentaschen. Dann drehte er sich ungelenk um, wies dabei mit dem Kinn auf die Veranda und die Fenster des Gruppenraums.
    «Sie sollten diese ausländischen Hexen ins Gefängnis stecken. Meine Mutter sagt, dass sie es waren …»
    «Ich würde mich an Ihrer Stelle hüten, solche Geschichten in die Welt zu setzen!», erwiderte Guerrini ärgerlich. «Diese Frauen sind keine Hexen. Es sind ganz normale Frauen, die hier zusammen die Natur erleben, tanzen und über ihr Leben

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