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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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ging. Irgendwie schienen sie unendlich weit weg zu sein. Oder war sie es, die so weit weg war?
    Die grelle Deckenlampe schmerzte in ihren Augen. Während sie auf die Verbindung wartete, versuchte sie die kleine Lampe auf dem Nachttisch anzuknipsen. Die flackerte, verlosch, flackerte wieder. Warum ging niemand ans Telefon?
    Endlich erklang ein verschlafenes «Ja?» am anderen Ende.
    «Bist du das, Ronald? Hier ist Laura!»
    «Hallo, Mama! Ich bin’s, Luca. Wie spät ist es denn?»
    Laura warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Fast zwölf.
    «Entschuldige, Luca, hab ich dich geweckt?»
    «Klar!»
    «Ich wollte nur wissen, wie es euch geht. Wo ist denn euer Vater?»
    Luca gähnte.
    «Ich glaube, er wollte sich noch mit einem Bekannten treffen. Aber er kommt bald wieder.»
    «Am ersten Abend läßt er euch allein?»
    «Reg dich ab, Mama. Er muss uns nicht die Hand halten, wenn wir schlafen.»
    «Habt ihr ordentlich gegessen?»
    «Ja, Kartoffelbrei und Spiegeleier. Papas Spezialmenü. Fast wie früher!»
    «Wie geht’s Sofi?»
    «Gut, warum?»
    «O Mann, weil ich mir Sorgen mache, deshalb!»
    «Und warum machst du dir Sorgen?»
    «Weil ich … ach, Luca! Weil ich einfach so weggefahren bin und …!»
    «Ach, Mama. Könntest du dir vielleicht zur Abwechslung mal keine Sorgen machen!» Lucas Stimme klang abweisend.
    «Ja, ich weiß, es ist dumm von mir.»
    «Es ist dumm. Uns geht’s gut. Mach dir lieber eine schöne Zeit da unten! Gute Nacht, Mama. Ich schreibe morgen eine Schulaufgabe. Ich muss jetzt wieder ins Bett.»
    «Entschuldige, dass ich dich geweckt habe, Luca. Schlaf gut und viel Glück morgen. Grüß Sofi. Sie kann mir ja eine SMS schicken!»
    Er hatte schon aufgelegt. Laura warf das Handy neben sich aufs Bett und starrte auf die Moskitos an der Decke. Die Nachttischlampe flackerte noch immer.
    Er braucht mich nicht mehr, dachte Laura. Luca ist beinahe erwachsen. Ich hab es nur noch nicht gemerkt. Sie fühlte sich plötzlich alt, gab der Lampe einen Stoß, doch das Flackern hörte nicht auf. Langsam begann sie sich auszuziehen, war zu müde, um noch zu duschen. Danach stieg sie aufs Bett und versuchte die Mücken zu erschlagen. Zwei erwischte sie, die anderen ließen sich fallen und verschwanden einfach. Laura suchte die Wände ab, entdeckte eine Mücke neben dem Schrank, doch als sie ihre Augen auf das Insekt richtete, flog es davon und schien sich unsichtbar zu machen. Nach zehn Minuten gab Laura ihre Jagd auf, löschte das Licht und wartete auf die Angriffe. Aus dem Nebenzimmer klang das dumpfe Klatschen einer Zeitschrift. Guerrini focht offenbar denselben Kampf. Laura lächelte.
    Sie schlug, blind in die Dunkelheit hinein, nach einer Mücke. Draußen knatterte ein Moped vorbei. Dann kam ihr wieder die Tote aus der Isar in den Sinn und dass sie herausfinden musste, wer sie in den Fluss gestoßen hatte. Schon Sofias wegen. Sofia brauchte sie noch. Sie lauschte dem aggressiven Surren der Mücken, spürte den leisen Lufthauch, wenn sie sich auf ihrer Haut niederließen, schlug um sich, zog dann die Decke über den Kopf und ließ nur ein winziges Luftloch.
    So würde sie nie einschlafen. Die Decke lastete auf ihr, heiß und schwer. War es vielleicht doch möglich, dass dieser Berger Carolin Wolf umgebracht hatte? Er wäre immerhin kräftig genug. Hatte sie sich über ihn lustig gemacht, über seine Männlichkeit … hatte sie ihn beleidigt? Es würde zu ihr passen, wenn Katharina Sternheim sie   richtig beschrieben hatte, und Laura zweifelte nicht daran.
    Schon halb zwei Uhr. Sie arbeitete sich aus ihren Kissen, schaltete die Deckenlampe an und machte sich erneut auf die Mückenjagd. Wirklich irritierend, dass die Mücken ihr Nahen anscheinend ahnten. Es genügte, sie anzusehen, irgendeine strömende Energie schien diese Insekten rechtzeitig zu warnen, sodass sie sich unsichtbar machen konnten. Der Kampf war zwecklos.
    Gegen vier Uhr morgens fiel Laura endlich in einen unruhigen Schlaf, träumte von Luca, der sie ansah wie eine Fremde und über eine weite Ebene davonging, immer kleiner wurde. Sie erwachte mit schwerem Kopf, völlig verschwitzt. Stand auf und trank Wasser aus dem Hahn am Waschbecken. Die Sonne war schon aufgegangen, und durchs Fenster drang Leben. Plötzlich kam ihr die Erleuchtung. Sie würde auf die Abbadia umziehen, würde die Gruppe belagern und beobachten. Es hatte keinen Sinn, nur Besuche abzustatten, denn das gab den Menschen zu viel Zeit, sich zu erholen.

« H alten Sie das wirklich

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