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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Klein-Monika ging es besser, das Fieber war gefallen. Morgen kommt Klaus zurück, dachte Margit immer wieder. Sie war fast übermütiger Stimmung.
    Da brachte ein Telegrammbote ein Telegramm aus Spanien.
    Margit sprang auf, als der Diener ihr das Telegramm reichte, riß es ihm fast aus der Hand und las zunächst den Aufgabeort. BLANES.
    Sie schüttelte den Kopf. Blanes? Das lag doch an der Costa Brava, nicht weit von Pinea, wo ihr neues Haus stand. Was machte Klaus in Blanes? Er wollte doch in Barcelona bleiben.
    »Was telegrafiert er denn, Kind?« fragte Lisa Bernhardt, der es schon zu lange dauerte. »Kommt er schon diese Nacht?«
    Margit faltete das Formular auseinander.
    KOMMEN SIE BITTE SOFORT NACH BLANES, COSTA BRAVA ES IST DRINGEND LEUTNANT CORDOBEZ POLIZEISTATION BLANES.
    »Polizeistation …«, murmelte Margit kaum hörbar. Das Blatt fiel ihr aus den Händen und segelte zu Boden.
    Baurat Bernhardt sprang auf, hob das Telegramm auf und las es. »Das kann alles bedeuten«, meinte er. »Vielleicht hat er einen Autounfall? Oder … oder …« Auch Bernhardt versagten die Worte. Wie kann man lügen, wenn man selbst das Schlimmste glaubt?
    ›Kommen Sie sofort …‹ Das heißt: Klaus Blankers war etwas Schreckliches zugestoßen.
    »Wann … wann kann ich fliegen?« stammelte Margit mit starrem Blick. Sie war wie versteinert.
    Baurat Bernhardt rannte zum Telefon. Nach zehn Minuten kam er zurück, einen Notizzettel in der Hand. »In zwei Stunden fliegt die letzte Maschine nach Paris. Dort mußt du umsteigen nach Barcelona …« Bernhardt schluckte. Die Erregung machte ihn schwach und hilflos. »Es war nur noch ein Platz frei, ich habe ihn sofort gebucht. Wir fahren gleich zum Flughafen, zieh dich rasch um. Ich sage inzwischen dem Chauffeur Bescheid.«
    Mit bebendem Herzen und vibrierenden Nerven stieg Margit wenig später in den Wagen, dann ins Flugzeug. Um 22.15 Uhr landete sie in Orly bei Paris. Dort wartete sie in der Halle bis Mitternacht, dann ging es endlich weiter. Zweieinhalb Stunden später war sie in Barcelona, nahm sich sofort einen Mietwagen und erreichte gegen sechs Uhr morgens die Stadt Blanes an der Küste des Mittelmeeres.
    In der Polizeistation empfingen sie Leutnant Cordobez und zwei unrasierte, übernächtigte Polizisten.
    »Was ist mit meinem Mann?« rief Margit, kaum daß sie in dem nüchternen Polizeibüro stand. »Ich bin Frau Blankers. Sie haben telegrafiert. Bitte, sagen Sie mir ohne Umschweife: Was ist geschehen?«
    Leutnant Cordobez senkte den Kopf. »Nehmen Sie erst einmal Platz, Señora«, sagte er in gebrochenem Deutsch. Es fiel ihm schwer, der schönen jungen Frau die Wahrheit zu sagen. Er wartete, bis Margit auf einen Stuhl gesunken war. Dann fuhr er leise fort: »Señora … Ihr Mann ist tot. Mit dem Auto ins Meer gestürzt, ertrunken. Wir haben keine Hoffnung mehr, ihn zu finden. Das Meer hat ihn offenbar weggetragen …«
    Margit stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch. Ihre Augen waren groß und starr.
    »Tot?« sagte sie tonlos. »Tot?«
    *
    Polizeileutnant Cordobez sah über Margit hinweg gegen die Wand. Es war ihm unmöglich, weiter in die starren, von Schmerz und Entsetzen erfüllten Augen der jungen Frau zu blicken. Auch die anderen Polizisten im Büro sahen irgendwohin und schwiegen erschüttert.
    »Tot …«, wiederholte Margit. »Ertrunken …«
    »Ja.« Leutnant Cordobez nickte. »Sein Wagen kam auf einem großen Ölfleck an der Küstenstraße ins Schleudern, durchbrach eine Absperrung und stürzte die Felsen hinunter ins Meer. Wir haben mit allen verfügbaren Mitteln nach Señor Blankers gesucht, stundenlang. Mit Hubschraubern, Motorbooten … vergeblich. Vermutlich war er schon tot, als er aus dem Wagen geschleudert wurde. Das Meer hat ihn dann weggeschwemmt.«
    Margit nickte.
    So endet ein Traum vom glücklichen Leben, dachte sie. So plötzlich ist alles vorbei, verdunkelt sich die Welt, bleibt nur Leere übrig. Ein Ölfleck auf der Straße … Wie gemein, wie infernalisch lächerlich das Schicksal sein kann.
    Direktor Escardos erschien im Polizeibüro. Er war die Nacht über in Blanes geblieben. Jetzt hatte man ihn im Hotel verständigt, daß die Witwe seines Geschäftsfreundes eingetroffen sei.
    Blaß und mühsam beherrscht ging er auf Margit zu, stellte sich vor und drückte ihr beide Hände. Sein rundes Gesicht zitterte dabei. »Er war mein Freund geworden«, sagte er heiser. »Wenn Sie wüßten, wie fröhlich wir gestern mittag noch waren, wie glücklich

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