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Nacht der Versuchung

Nacht der Versuchung

Titel: Nacht der Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Klaus Blankers immer wieder.
    Hinter Arenys de Mar wurde die Straße schmal und führte an felsigen Hängen vorbei bergauf. Die Sonne stand orangerot über dem Meer, die Wellen schimmerten wie flüssiges Gold. Ein milder spanischer Herbst, ein Tag wie zum Malen. Übermütig zog Klaus den Wagen in die nächste Kurve. Die Reifen quietschten ein wenig, der Motor summte kraftvoll.
    Nach ein paar Kilometern stieg die schmale Straße noch steiler an, führte immer häufiger an wildzerklüfteten Abhängen vorbei. Tief unten rechts lag das Meer. Immer wieder warf Blankers einen faszinierten Blick hinunter. Wenn Margit jetzt dabeisein könnte, dachte er. Wenn wir diese Fahrt gemeinsam genießen könnten.
    Die nächste Kurve. Jetzt kam ein gerades Stück, Blankers gab wieder Gas. Danach ging es scharf links herum.
    In diesem Moment geschah es. Plötzlich war da eine große, bräunlich schillernde Öllache auf der Fahrbahn, mitten in der Kurve. Der Seat begann zu rutschen, plötzlich fühlte sich das Lenkrad spielend leicht an, als hätte es allen Kontakt mit den Rädern verloren. Blankers fluchte, versuchte durch Gasgeben und Gegensteuern den Wagen einzufangen – vergebens! Rasend schnell kam die weiße eiserne Umzäunung der Straße auf ihn zugeschossen, dahinter die Schlucht, tief unten das Meer, schimmernd, unergründlich …
    Es krachte. Der Seat durchbrach die Umzäunung, die Motorhaube klappte hoch und nahm Blankers jede Sicht. Aber was hätte er jetzt auch noch sehen sollen?
    Er fühlte, wie der Wagen sich auf den Kopf stellte, frei in der Luft hing, wie eine Tür aufflog, etwas Hartes seinen Kopf traf und ihn betäubte.
    Dann kam der endlose, tiefe, furchtbare Sturz ins Nichts.
    *
    Zwei Stunden später trafen Direktor Escardos und zwei seiner Herren in Pinea de Mar ein. Sie fanden Blankers' Haus am Meer, aber nicht den Besitzer. Schweigend und mit verschlossenen Fensterläden lag das Gebäude da.
    »Seltsam«, meinte Escardos und blickte über die Bucht auf das Meer. »Sieht aus, als wäre er noch gar nicht hiergewesen. Aber ein Paradies ist das hier, wirklich. Und dieses betörende Fleckchen Erde hat er nun seiner Frau geschenkt. An einen solchen Platz sollte man seine Geliebte führen, nicht seine Ehefrau!«
    »Er sagt, seine Frau sei seine Geliebte«, warf der Einkaufsleiter ein. Ein schlanker junger Mann mit feurigen dunklen Augen.
    Escardos verzog das Gesicht. »So kann man bloß als junger Ehemann sprechen.«
    Die Herren lachten. Aber dann wurden sie wieder ernst. Blankers' Verschwinden war schon seltsam, sehr seltsam.
    »Ob er sich verfahren hat?« meinte der technische Direktor, ein kleiner Dicker mit Glatze.
    »Aber nein.« Escardos schüttelte den Kopf. »Blankers kennt den Weg genau.«
    »Vielleicht eine Panne?«
    »Dann hätten wir ihn ja unterwegs irgendwo sehen müssen.«
    Plötzlich hob der Einkaufsleiter die Hand. »Señor Escardos! Erinnern Sie sich an die Kurve kurz vor Blanes? Wo die verdammte Öllache war und das Loch in der Leitplanke?«
    Der Direktor wurde plötzlich grau im Gesicht. »Wir hatten kaum darauf geachtet und bloß geschimpft! Sie meinen, daß er dort …«
    Keiner der drei Herren wagte den Gedanken zu Ende zu denken.
    Sie fuhren sofort zurück und hielten auf dem Weg immer wieder Ausschau nach dem dunkelgrünen Seat. Vergeblich. Endlich erreichten sie die Stelle oberhalb des Felsabhanges. Inzwischen war die Polizei mit Motorrädern und einem Streifenwagen eingetroffen, das Öl war mit Sägespänen und Sand entfernt worden. Zwei Beamte kletterten gerade vorsichtig durch das klaffende Loch in der Planke hinunter.
    Angstvoll starrte Escardos in die Tiefe. Und plötzlich schrie er auf. »Da!« Seine Hand zeigte auf eine verkrüppelte Baumgruppe an einem Felsvorsprung, auf halber Höhe zum Meer. »Madre de Dios … Sehen Sie!«
    An einem der Bäume hing eine zerbeulte und abgerissene einzelne Autotür. Sie wackelte im Wind hin und her, und man konnte sie leicht übersehen. Denn die Tür war dunkelgrün, wie das Laub der Bäume.
    Die rechte Vordertür eines Seat 1800.
    »Madre de Dios«, keuchte Direktor Escardos wieder. Er schwankte und wäre zusammengebrochen, wenn ihn die Polizisten nicht festgehalten hätten. Es dauerte zehn Minuten, ehe er imstande war, die Personalien des vermutlich hier Verunglückten zu Protokoll zu geben.
    *
    Margit saß mit ihren Eltern im Kaminzimmer der Villa. Sie hatte die beiden jeden Abend hergebeten und damit verhindert, daß Pommer sie behelligen konnte.

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