Nacht der Versuchung
genießen.
Nachdenklich rieb Mariella die übermütig strampelnde Fleur mit Sonnenmilch ein und drückte ihr einen Kuss auf den kleinen Bauch. Dabei kam ihr in den Sinn, dass dies der ideale Zeitpunkt war, um Fleurs Vater aufzusuchen. Schließlich hatte sie ja seine Adresse! Sie brauchte sich also nur ein Taxi zu rufen und dorthin fahren zu lassen.
Eine halbe Stunde später trat sie mit Fleur auf dem Arm in die strahlende Sonne hinaus, bestens geschützt durch einen breitkrempigen Hut, eine weiße Leinenhose und ein leichtes, langärmeliges Top.
Der Taxifahrer nickte lächelnd, als sie ihm den Zettel mit der Adresse des Scheichs zeigte. „Das dauert ungefähr eine Dreiviertelstunde. Haben Sie Geschäftliches mit dem Scheich zu erledigen?“ erkundigte er sich leutselig.
„Man könnte es so ausdrücken“, antwortete Mariella ausweichend.
„Er ist ein bekannter Mann. Hochverehrt von seinem Stamm. Sie bewundern ihn vor allem, weil er sich für ihr Recht eingesetzt hat, ihr traditionelles Leben weiterzuführen. Und obwohl er ein außerordentlich erfolgreicher Geschäftsmann ist, heißt es, dass er das einfache Leben in der Wüste, wie es sein Volk von alters her gewohnt ist, immer noch allem anderen vorzieht. Er ist ein sehr guter Mann.“
Mariella überlegte insgeheim, dass dieses Bild, das der Taxifahrer gerade von dem Scheich gezeichnet hatte, so gar nicht zu dem passte, was sie von ihrer Halbschwester über deren Exliebhaber wusste. Immerhin hatte Tanya den Mann in einem Nachtclub kennen gelernt! Mariella hatte es nie gefallen, dass Tanya dort gearbeitet hatte … auch wenn es „nur“ als Sängerin gewesen war. Und während der zwölf Monate, die diese Beziehung gedauert hatte, hatte Tanya Mariella gegenüber nie etwas von einer Vorliebe des Scheichs für das einfache Wüstenleben erwähnt! Ohne ihn persönlich kennen gelernt zu haben, hatte Mariella im Gegenteil eher den Eindruck gewonnen, dass er ein Playboy sei.
Knapp vierzig Minuten später hielt der Taxifahrer vor hohen, schmiedeeisernen Toren, hinter denen sich eine eindrucksvolle weiße Villa erhob. Aus einem der beiden Pförtnerhäuschen zu beiden Seiten der Tore trat ein Wächter heraus und näherte sich dem Wagen. In möglichst entschlossenem Ton erläuterte Mariella ihren Wunsch, den Scheich zu sehen.
„Es tut mir Leid, aber das ist nicht möglich“, erwiderte der Torwächter. „Der Scheich ist augenblicklich in der Oase und wird so bald nicht zurückerwartet.“
Diese Möglichkeit hatte Mariella nicht bedacht. Fleur, die auf der Fahrt eingeschlafen war, wachte nun auf und begann zu quengeln.
„Möchten Sie eine Nachricht hinterlassen?“ bot der Torwächter höflich an.
Doch Mariella war klar, dass sie jegliche Nachricht, die sie dem Scheich mitzuteilen hatte, besser persönlich überbringen würde. Sie bedankte sich also bei dem Mann und bat den Taxifahrer, sie zum Hotel zurückzufahren.
„Wenn Sie es wünschen, finde ich jemand, der Sie zu der Oase fährt“, bot der Taxifahrer unerwartet an.
„Sie wissen, wo das ist?“ fragte Mariella erstaunt.
Er zuckte die Schultern. „Natürlich! Aber man braucht einen Geländewagen, weil die Straße vom Sand verweht sein kann.“
Mariella kam ein Gedanke. „Könnte ich selber dorthin fahren?“
„Ja, durchaus. Sie würden zwei, drei Stunden brauchen. Soll ich Ihnen eine Wegbeschreibung geben?“
„Ja, bitte“, bat Mariella kurz entschlossen.
Systematisch überprüfte Mariella noch einmal alles, was sie für ihren Ausflug in die Wüste in den Geländewagen gepackt hatte, bevor sie sich hinters Steuer setzte. An der Rezeption im Beach Club hatte man sie beruhigt, dass die geplante Fahrt völlig sicher sei, und sich dann um alles Weitere gekümmert, einschließlich eines Kindersitzes für Fleur. Alles in allem würde sie, Mariella, ungefähr drei Stunden unterwegs sein – vier, wenn sie, wie man ihr im Beach Club empfohlen hatte, in der beliebten Oasen-Ferienanlage zum Mittagessen einkehren würde. Sicherheitshalber hatte man ihr vom Hotel jedoch ein üppiges Lunchpaket in einem Picknickkorb mitgegeben.
Wenn der Anlass für ihren Ausflug nicht eher ernst und unerfreulich gewesen wäre, hätte Mariella es wie ein kleines Abenteuer betrachten und sich sogar darauf freuen können. Wie alles, wofür der Beach Club Sorge trug, war der große Jeep luxuriös und blitzsauber und sogar mit einem eigenen Mobilfunkgerät ausgestattet. Die Straße in die Wüste war so deutlich markiert und
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