Nacht des Begehrens - Cole, K: Nacht des Begehrens
deiner Krönung, dass du fünf Tage lang nicht angerufen hast?“
„Vielleicht lag es ja daran, dass du das letzte Mal, als ich es versuchte, immer wieder einfach aufgehängt hast.“ Emma erwähnte nicht, dass sie schon vor zwei Tagen angerufen hatte, Nïx aber nicht bei Verstand gewesen war. „Außerdem meine ich’s ernst“, sagte Emma. Sie schüttelte ein Fläschchen mit Nagellack. Die Farbe war „Ich bin nicht wirklich eine Kellnerin“-Rot.
„Ich auch. Und wen regierst du so? Hoffentlich nicht die anderen Vampir-Walküren, sonst hast du nämlich niemanden, dem du Steuern auferlegen kannst. Oder sind es die Lykae?“
„Jepp. Ich bin jetzt irgendwie Königin der Lykae.“ Sie sprang aufs Bett und stopfte sich Watte zwischen die Zehen. „Willst du mir denn nicht zur Erfüllung meines Schicksals gratulieren?“
„Hmmm. Wie fühlst du dich denn dabei?“
Von einem Zucken der Enttäuschung überrascht, malte sich Emma versehentlich einen Streifen auf ihre Zehe. Sie runzelte die Stirn. Sie hatte das Gefühl, sie hätte irgendetwas tun müssen. Unter den gegebenen Umständen war ihr Schicksal nicht mehr als eine Laune desselben. Eine Laune, die sie zur Königin von etwas Großem gemacht hatte. „Von der Studentin zur Königin. Ich sollte glücklich sein, richtig?“
„M-mh“, sagte Nïx unverbindlich.
„Und, ist Annika da?“
„Nö. Sie ist unterwegs und kümmert sich um eins ihrer Lieblingsprojekte.“
„Wie nimmt sie das alles auf?“
„Zum Glück steckt sie bis über beide Ohren in Arbeit. Sonst wäre sie wohl völlig mit den Nerven fertig, seit ‚ein Hund ‘ ihre Emma ‚ gestohlen hat ‘ .“
Emma zuckte zusammen. „Kannst du ihr denn nicht verständlich machen, dass ich freiwillig hier bin?“
„Natürlich. Das wird sie mir sicher eher glauben als die anderen Optionen. A: Du leidest unter Wahnvorstellungen. B: Er hat dir so lange Angst eingejagt, bis du zu allem Ja und Amen gesagt hast.“
Emma seufzte. „Und was ist sonst so los im Koven?“, fragte sie in der Hoffnung, Nïx würde sich noch ein Weilchen mit ihr unterhalten.
Seit Lachlain wieder damit angefangen hatte, diesen ganzen Königskram zu erledige n – Landstreitigkeiten, Bestrafungen für schlechtes Benehmen, allumfassende Verbesserungen für die Regio n – , hatte Emma viel freie Zeit. Sogar tagsüber. Sie hatten entdeckt, dass Emma jetzt genau wie Lachlain nur noch vier, fünf Stunden Schlaf innerhalb eines Zeitraums von vierundzwanzig Stunden brauchte.
Auch wenn die Nächte ihnen allein gehörte n – bei Sonnenuntergang schickten sie alle fort, damit sie Kinevane ganz für sich allein hatte n – , konnten die Tage schon sehr eintönig sein. Er hatte sich deswegen Sorgen gemacht und sie gefragt, ob sie sich vielleicht damit begnügen könnte, „mit dem Computer einzukaufen“. Sie hatte mit den Wimpern geklimpert und gehaucht: „Ich werde es versuchen, um deinetwillen.“
„Du hast viel zu viel verpasst, Emma“, sagte Nïx. „Das kannst du gar nicht mehr nachholen, was in unserer Soap alles passiert ist.“
„Ach, mach schon, erzähl mir alles.“
Nïx seufzte, und Emma hörte, wie sie ihr eigenes Nagellackfläschchen schüttelte. Walküren liebten es, sich die Nägel zu lackieren, da das die einzige Möglichkeit war, ihr Aussehen wenigstens für kurze Zeit zu verändern.
Das Schütteln des Fläschchens bedeutete, dass Nïx es sich bequem machte und auf eine längere Unterhaltung einrichtete. An diesem Nachmittag legte Lachlain mal eine Pause ein und traf sich nicht mit den Lykae und all den anderen mythischen Geschöpfen, die Kinevane und die nahe gelegenen Dörfer in Scharen zu besiedeln schienen. Stattdessen hatte er sich an den Computer gesetzt, um eine ganze Reihe kurzer Berichte zu lesen. Er verabscheute den Computer, und seine großen Hände, die bei ihr so geschickt waren, kamen mit der Tastatur einfach nicht zurecht. Er war jetzt beim dritten Bericht.
„Na gut. Dann fang ich mal a n … “, sagte Nïx, als ob es ihr lästig wäre, dabei wusste Emma, dass sie Klatsch und Tratsch liebte. „Myst und Daniela sind von ihrer Vampirjagd immer noch nicht wieder zurückgekehrt. Es ist natürlich durchaus denkbar, dass sich Myst mit irgendwelchen Männern rumtreibt, aber was mit Daniela los ist, bleibt ein Rätsel. Also, dass ausgerechnet sie sich eine Weile verdünnisier t … ? Seltsam. Oh! Wo wir gerade vom Rumtreiben reden: Kaderin bereitet sich auf die Talisman-Tour vor.“
Die Talisman-Tour
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