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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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Beistelltischchen ab und winkte einem Bediensteten, um sich Kaffee eingießen zu lassen. Genüsslich sog er den Duft ein. Er liebte dieses neuartige bittere Getränk. Nun hatte er wieder die Oberhand gewonnen. „Sagt, werter Beccaria, wo treibt Ihr nur immer diese feinen Sachen auf? Und der Kaffee? Könnt Ihr mir nicht ein paar Säcke schicken?“
    „In Trestevere, verehrter Kardinal, gibt es einen Händler, der Kaffee importiert. Eure Bediensteten werden sicherlich rasch herausfinden, wo er zu finden ist“, erwiderte dieser sichtlich pikiert.
    „Mir sagt dann bitte auch Bescheid“, rief della Mirandola dazwischen. Der baumlange, hagere Mann fühlte sich übergangen. Er kannte Bellarmin zu gut, als dass er in seinem Gesichtsausdruck und der Art, wie er nun das Gespräch auf andere, scheinbar belanglose Dinge lenkte, nicht erkannt hätte, dass dieser etwas im Schilde führte. Bewundernd hatte er in den letzten Jahren miterlebt, wie geschickt er bei Verhören Ketzer überführt und sie allesamt einer gerechten Strafe zugeführt hatte. Nur bei Bruno schien auch er an seine Grenzen gekommen zu sein.
    Beccaria gab klein bei. Fürs Erste. Denn so leicht wollte er sich seinen Triumph nicht streitig machen lassen.

Kapitel 11
     
    Drei Monate weilte Giordano nun bereits in seinem Elternhaus. Die Begegnung mit seinem Vater hatte ihn zutiefst beunruhigt. Von weitem schon hatte er die gebückte Gestalt des Alten unter Olivenbäumen ausmachen können. Sein Herz hatte schneller zu schlagen begonnen. Was würde er sagen? Der Hund seines Vaters war ihm laut bellend entgegengelaufen. Beruhigend hatte er auf ihn eingeredet. Beim Näherkommen hatte er das von tiefen Falten durchzogene, von dünnem, grauem Haar umwehte Gesicht des alten Mannes erkennen können. Die markante Nase und die großen Ohren. Oft hatte er sich das Gesicht seines Vaters vorgestellt, wenn er wieder einmal nicht hatte einschlafen können. Er war es gewesen, der ihn nachts auf Wanderungen mitgenommen und ihm die Sternbilder am Himmel gezeigt hatte. Er hatte ihn Demut gelehrt vor den Weiten des Alls. In ihm das Staunen, aber auch das Schaudern vor der Unendlichkeit geweckt. Gegerbtes Leder war seine Haut geworden, ständig der Sonne ausgesetzt. Das Leben als Soldat, Verwundungen, Entbehrungen hatten ihn geprägt. Stumm hatte sein Vater nur die Hand gehoben, und dann hatten sie lange schweigend nebeneinandergesessen und die Ziegen beobachtet. Anders als seine Mutter wollte sein Vater gar nicht wissen, was ihn nach Nola geführt hatte. Als er ihn nach einigen Stunden wieder verließ, hatten sie nur wenige Worte gewechselt.
    In den ganzen drei Monaten danach hatte sich sein Vater so gut wie nie im Haus blicken lassen, und auch an diesem Tag, als Giordano gegen Norden aufbrechen wollte, war er nicht erschienen. Sein Sohn hatte mittlerweile die Mönchskutte gegen Kniebundhose und Leinenhemd getauscht. Die letzten Wochen hatte er damit zugebracht, den Kindern aus der Nachbarschaft Lesen und Schreiben und den begabteren unter ihnen den Lauf der Gestirne und leichte Übungen der Mnemotechnik beizubringen. Oftmals übersah er dabei, dass sich immer mehr Kinder um ihn scharten, so sehr war er in seine astronomischen Ausführungen versunken. Er hieb mal hier gegen die Narren in Rom, mal dort gegen den Unverstand der Menschen, die unkritisch die Aussagen des Klerus akzeptierten. Seine Mutter hatte die argwöhnischen Blicke mancher Bauern wohl bemerkt. Dennoch erhielt er im Gegenzug für seinen Unterricht von ihnen neues Schuhwerk und einen Lederranzen, der die lange Reise besser überstehen sollte als der alte Stoffbeutel, und einen Wanderstab. Auf seine Anregung hin hatte seine Mutter das Fladenbrot, schon bevor sie es in den Backofen schob, mit Olivenöl bestrichen und mit Tomatenstücken belegt. So war es länger haltbar, und er nahm sich nun etliche Stücke mit auf die Reise. Auch eine neue Trinkflasche hatte ihm der Vater eines Schülers angefertigt. Die Dominikanerkutte mit dem Skapulier packte er ebenfalls in den neuen Ranzen und wickelte darin seine Bücher und ein paar Aufzeichnungen über Sternenbewegungen, die er in den letzten Wochen gemacht hatte, ein.
    Es war noch sehr früh am Morgen. Vom Meer stiegen leichte Dunstwolken auf. Ein Hahn krähte. Seine Mutter spürte Tränen aufsteigen, als Giordano, nun bereit, seine Reise anzutreten, auf sie zuging. Derselbe Schmerz, den sie verspürte, wenn ihr Mann wieder einmal zu einem Feldzug aufbrach, machte sich in

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