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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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zustimmt.“
    Es folgte angespannte Stille. Betroffen sah der Jüngere zu Boden.
    „Nun schaut nicht so betreten. Das wird schon.“
    Jäh hellten sich Giordanos Gesichtszüge wieder auf.
    „Wann? Sagt mir, wann ich beginnen kann.“
    „Kommt morgen um dieselbe Zeit, damit wir die Details besprechen können – und nun adieu. Ich habe zu tun.“
    Mit einer raschen Handbewegung bedeutete er Giordano, sich zu entfernen. Dieser machte eine tiefe Verbeugung und schickte sich an zu gehen. Kurz vor der Tür machte er halt und drehte sich noch mal um.
    „Noch auf ein Wort.“
    Der Alte sah ihn ungeduldig an.
    „Nun, da Ihr mich kennt, wie wäre es, wenn Ihr Euch vorstellen würdet?“ Giordano hatte seine Selbstsicherheit wiedergefunden.
    Sein Gegenüber schluckte mehrmals und schaute verdutzt drein. Was erlaubte sich dieser Kerl? So war schon lange keiner mit ihm umgesprungen. Doch dann entspannten sich seine Züge. Untertäniges Kriechen, wie er es nur allzu oft von anderen Professoren und Studenten erlebte, konnte er auf den Tod nicht leiden. Da waren ihm die Kecken, Selbstbewussten schon viel lieber.
    „Ihr habt ja recht, Monsieur. Nehmt Eurerseits meine Entschuldigung an. Meine Name ist Professor Lotair, Rektor der Universität.“ Gespannt beobachtete er, welchen Eindruck seine Worte auf Giordano machten. Doch der war mit seinen Gedanken schon längst bei seiner ersten Vorlesung. Noch einmal ließ er seinen Blick durch den Raum voller Kuriositäten wandern.
    „Hocherfreut, Monsieur. Vielleicht habt Ihr nun auch noch die Güte, mir zu erklären, um was es sich bei diesem Totempfahl handelt?“
    Nun war es an Professor Lotair, sein gesammeltes Wissen über indianische Sitten und Gebräuche loszuwerden. Ausführlich erzählte er, der selbst noch nicht in der Neuen Welt gewesen war, was ihm Forschungsreisende an Informationen über die Sitten und Gebräuche der Wilden übermittelt hatten. Welch seltsame Kleidung sie trugen und dass manche gar fast nackt herumliefen, dass sie als Nomaden lebten und in Zelten wohnten. Er berichtete über ihren heidnischen Glauben und dass sie mit allerlei schaurig anmutenden Tänzen und Gesängen versuchten, die Götter gnädig zu stimmen, und, so schloss er seine Ausführung, dass es wohl eine ganze Weile dauern würde, bis die zivilisierte Welt die Wilden zum wahren Glauben und christlichen Lebenswandel bekehrt haben würde. Tief beeindruckt und ganz in Gedanken verließ Giordano den Saal, raschen Schrittes eilte er Richtung Haupttor. An der Treppe angekommen, stieß er mit einem Herrn, der etwa fünfzehn bis zwanzig Jahre älter sein mochte als er und der ein dickes Bündel Bücher schleppte, das sogleich mit lautem Poltern zu Boden fiel, zusammen.
    „Verzeiht, Monsieur, verzeiht.“ Eifrig bemühte er sich, die Bücher und teilweise losen Blätter wieder aufzusammeln.
    „Schon gut, lasst nur.“ Der Ältere schien keineswegs verstimmt, wie man hätte erwarten können. Giordano hielt ihn für einen der Professoren, obwohl er dafür zu festlich gekleidet schien. Die hohe Stirn war fast kahl, nur links und rechts über den Ohren war noch etwas penibel gestutztes Haupthaar zu sehen. Ein Bärtchen zierte Kinn und Oberlippe. Die Augen strahlten Neugier aus. Ein permanentes Lächeln umspielte die Mundwinkel. Den Hals verbarg eine weiße Krause. Ein purpurner Gehrock, graue Kniebundhosen, weiße Strümpfe und hellbraune Lederschuhe ließen eher auf einen Edelmann denn auf einen Gelehrten schließen.
    „Gestatten, Michel de Montaigne. Seid Ihr Lehrbeauftragter an der Universität?“ Der Ältere war ihm mit der Frage zuvorgekommen.
    Giordano sah kurz verlegen zu Boden. „Ja, schon bald“, wollte er sagen, doch irgendwie schien ihm das noch etwas verfrüht. Er erheischte einen kurzen Blick auf eines der Bücher. „Les Essais“ war da zu lesen. Monsieur de Montaigne erfreute die Neugierde des Fremden.
    „Hocherfreut, Monsieur. Mein Name ist Giordano Bruno aus Nola.“
    „Ah, si, si, ein Italiener. Ich komme gerade aus Eurer Heimat, Signore. Ein schönes Land, fürwahr. Wie war doch gleich der Name?“
    „Giordano Bruno aus Nola“, wiederholte dieser.
    Monsieur Montaigne, mittlerweile wieder mir seinen Büchern beladen, trat mit geöffnetem Mund einen Schritt zurück.
    „Ihr seid Giordano Bruno, der Mönch aus Neapel.“ Ungläubigkeit spiegelte sich in seinem Gesicht. Als sein Gegenüber nickte, fuhr er fort: „Ich habe mir Euch ganz anders vorgestellt. Ihr müsst wissen, dass

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