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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weinek
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Schauspiel.
    Der König hatte, nachdem er längere Zeit nicht gefunden worden war, die Lust am Spiel verloren und wollte sich mit zwei Jägerinnen in seine Privatgemächer zurückziehen. Doch sosehr sich beide auch mühten, es klappte nicht mit einer Erektion, und nachdem er noch einen kräftigen Schluck Champagner aus einer Karaffe neben seinem ausladenden Himmelbett getrunken hatte, schlief er laut furzend und schnarchend ein.

Kapitel 51
     
    Giordano ritt den Hügel hinab und gelangte über das Osttor in die Stadt. Er kannte bereits die riesigen Ausmaße Roms, aber Paris schien ihm noch um einiges gewaltiger. Ja, hier könnte seine neue Heimat sein. Er ritt durch eine Marktstraße, in der links und rechts auf Wagen Berge von grünen und blauen Trauben angeboten wurden. Die Früchte waren so reif, dass sie schier zu platzen drohten. Äpfel, so rot und groß, wie er sie noch nie gesehen hatte, wechselten sich mit Kohlköpfen ab, die es in runder und in spitzer Form gab. Auf einem Wagen gab es lebende Perl- und Rebhühner in kleinen Holzkäfigen. Fasane hingen kopfunter an einer Stange. Zwischen den Wagen hockte hie und da eine zerlumpte Alte, die geklöppelte Decken oder Spitzen feilbot. Kinder trugen Körbe voller Pilze. Ein Duftgemisch, das Giordano gierig in sich einsog, kämpfte gegen den beißenden Geruch von Pferdemist und Urin. Einige der Händler streckten ihm ihre Waren entgegen. Ein paar Bauern hatten es sich auf Weinfässern gemütlich gemacht und begannen, auf ihren mitgebrachten Instrumenten zu musizieren. Es waren neuartige Töne für den Italiener, aber sie gefielen ihm sehr gut. Ein wenig bedauerte er den jähen Verlust seines treuen Freundes Guiseppe, aber er war sich sicher, dass er hier bald neue Bekanntschaften würde schließen können. Ein Stand voller wagenradgroßer Käse zog die Mägde und Köchinnen aus den Bürger- und Adelshäusern ringsum an. Gleich nebenan gab es Wildhasen, Wildschweine und Rehe. Einige von ihnen mussten erst an diesem Morgen erlegt worden sein. Blut tropfte auf den gepflasterten Straßenboden. Unzählige Fliegen umschwirrten die toten Tiere. Ab und zu huschte eine wohlgenährte Ratte zwischen den Wagenrädern hervor, um gleich darauf wieder in einem der Abfallhaufen aus Obstresten und Gemüseschalen zu verschwinden. Neben einem Stand mit großen braunen und weißen Eiern briet ein älterer Mann mit langem, schlohweißem Haar, das er zu einem Zopf gebunden hatte, Froschschenkel und Forellen. Giordano, der die kleinen Tiere nur quicklebendig aus Tümpeln kannte, ließ sich einen Froschschenkel hochreichen. Der alte Mann grinste breit, so dass nur ein paar schwarze Zahnstumpen zu sehen waren. Seine Hände und die abgebrochenen Fingernägel waren vom Ruß des offenen Feuers geschwärzt. Giordano roch skeptisch an dem Bein, und nachdem ihn der Alte heftig gestikulierend ermuntert hatte, biss er herzhaft zu. Das Fleisch war sehr zart und erinnerte ihn etwas an die gebratenen Hühnchen, die es manchmal an Festtagen zu Hause gegeben hatte. Er wusste nicht so recht, was er von dieser neuen Speiseerfahrung halten sollte. Zwei, drei Bissen, dann war er bereits am Knochen angelangt, den er im hohen Bogen auf die Straße warf, nachdem er dem Alten eine Münze gereicht hatte. Da gefielen ihm die Pasteten in Blätterteig, die eine junge, feiste Bäuerin auf ihrem Bauchladen vor sich hertrug, schon wesentlich besser. Giordano achtete aus Anstand darauf, nicht zu sehr auf den Busen der jungen Frau zu starren, der aus dem enggeschnürten Mieder zu hüpfen drohte, als er sich von seinem Pferd herabbeugte, um sich eine gelb-bräunliche Teigtasche zu greifen. Das Markttreiben gefiel ihm sehr und erinnerte ihn trotz der vielen neuen Dinge, die es hier zu sehen gab, an seine Heimat. Doch, hier würde er es aushalten können. Endlich wollte er sein Leben so gestalten, wie er es mochte. Ein Zimmer nahe der Sorbonne war rasch gefunden. Das Wirtspaar war mittleren Alters und versprach, sich gegen ein paar Francs auch um den Gaul zu kümmern. Das Zimmer, das im zweiten Stock lag, war hell und verfügte neben dem Bett und einem Schrank auch über einen kleinen Schreibtisch. Man war hier bestens auf die Studenten und Lehrenden, die von überall herkamen, vorbereitet. Neben dem Bett befand sich ein Waschtisch, darunter ein Nachttopf. Aus dem Fenster konnte er, wenn er sich weit genug hinausbeugte, die Türme von Notre Dame sehen. Obwohl müde vom langen Ritt, wusch er sich notdürftig, um sogleich

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