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Nacht des Orakels

Nacht des Orakels

Titel: Nacht des Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Handlung, die ich mir für
Die Zeitmaschine
ausgedacht hatte, aber er reagierte kaum darauf.
Raffiniert,
sagte er, oder ein ähnlich laues Kompliment, und plötzlich kam ich mir dumm vor und wurde verlegen, als sähe Trause in mir einen billigen Lohnschreiber, der sein Zeug an den Meistbietenden verhökert. Aber meine Deutung seiner gedämpften Reaktion als Missbilligung war falsch. Er wusste, wie schlecht es uns finanziell ging, und wie sich bald herausstellte, dachte er bereits über einen Plan nach, wie er mir helfen könnte.
    «Ich weiß, das klingt idiotisch», sagte ich, «aber wenn denen die Idee gefällt, sind wir unsere Schulden los. Wenn nicht, dann eben nicht. Ich lasse mich verdammt ungern auf so armselige Projekte ein, aber das ist nun mal das Einzige, was ich zur Zeit im Ärmel habe.»
    «Wer weiß», sagte John. «Wenn aus der Sache mit der
Zeitmaschine
nichts wird, könntest du vielleicht ein anderes Drehbuch schreiben. Das kannst du gut. Wenn du Mary dazu bringst, sich mal richtig anzustrengen, findest du garantiert jemanden, der dir einen hübschen Batzen Geld bezahlt.»
    «So läuft das nicht. Die kommen zu einem; man geht nicht zu ihnen hin. Es sei denn, natürlich, man hat eine originelle Idee. Aber ich habe keine.»
    «Davon rede ich doch. Vielleicht habe ich eine Idee für dich.»
    «Eine Idee für einen Film? Ich dachte, du hast was dagegen, für die Filmindustrie zu arbeiten.»
    «Vor ein paar Wochen habe ich eine Schachtel mit ein paar alten Sachen von mir gefunden. Frühe Erzählungen, ein halb fertiger Roman, zwei oder drei Schauspiele. Uraltes Zeug, das ich als Teenager und Twen geschrieben habe. Nichts davon ist je gedruckt worden.Gott sei Dank, sollte ich sagen. Aber beim Durchlesen der Erzählungen fand ich dann eine, die gar nicht mal so entsetzlich schlecht war. Ich würde sie immer noch nicht veröffentlichen, aber wenn ich sie dir überlasse, könntest du vielleicht einen Film draus machen. Vielleicht würde mein Name dabei helfen. Wenn du einem Filmproduzenten erzählst, dass du eine unveröffentlichte Erzählung von John Trause bearbeitest, springt er vielleicht darauf an. Oder auch nicht. Aber selbst wenn mein Name keinen interessiert – die Geschichte hat was sehr Visuelles. Ich denke, die Bilder würden sich ziemlich natürlich im Film umsetzen lassen.»
    «Dein Name würde natürlich helfen. Das würde sehr viel ausmachen.»
    «Na ja, lies die Geschichte und sag mir dann, was du davon hältst. Es ist nur ein erster Entwurf – eine grobe Skizze   –, also beurteile die Prosa nicht allzu hart. Und vergiss nicht, ich war praktisch noch ein Kind, als ich das geschrieben habe. Viel jünger, als du jetzt bist.»
    «Wovon handelt die Geschichte?»
    «Das ist ein kurioses Stück, ganz anders als meine anderen Sachen, und das könnte dich zunächst etwas überraschen. Ich würde es eine politische Parabel nennen. Es spielt um 1830 in einem imaginären Land, tatsächlich aber geht es um die frühen fünfziger Jahre unseres Jahrhunderts. McCarthy, die Anhörungen, die Kommunistenpanik – die ganzen finsteren Dinge, die damals gelaufen sind. Regierungen brauchen immer Feinde, auch wenn sie sich nicht im Krieg befinden. Hat man keinen realen Feind, erfindet man einen und streut entsprechende Gerüchte. Das versetzt die Bevölkerung in Angst, und wenn die Leute Angst haben, tanzen sie nicht aus der Reihe.»
    «Und in was für einem Land spielt das? Ist das ein Ersatz-Amerika oder was anderes?»
    «Nein, es ist teils Nordamerika, teils Südamerika, aber mit jeweils völlig anderer Geschichte. Vor langer Zeit hatten alle europäischen Mächte in der Neuen Welt Kolonien gegründet. Die Kolonien entwickelten sich zu unabhängigen Staaten, und ganz allmählich, nach einigen hundert Jahren voller Kriege und Scharmützel, verschmelzen sie zu einer riesigen Konföderation. Die Frage ist: Was passiert, wenn ein solches Reich einmal da ist? Was für einen Feind erfindet man, um den Leuten so viel Angst zu machen, dass die Konföderation nicht auseinander bricht?»
    «Und wie lautet die Antwort?»
    «Man tut so, als drohe eine Invasion von Barbaren. Die Konföderation hat diese Leute schon von ihrem Land vertrieben, aber jetzt verbreitet man das Gerücht, eine Armee antikonföderativer Soldaten sei in die Territorien der Urvölker eingedrungen und stifte die Leute dort zum Aufruhr an. Das stimmt aber nicht. Die Soldaten arbeiten für die Regierung. Sie sind Teil der Verschwörung.»
    «Wer

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