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Nacht des Verfuehrers - Roman

Nacht des Verfuehrers - Roman

Titel: Nacht des Verfuehrers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce Gabi Langmack
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zu ignorieren, aber sie wollte den Preis, den eine derartige Respektlosigkeit sie kosten konnte, dann lieber doch nicht bezahlen. Also knickste sie sorgsam und
wohl dosiert: ein wenig zu tief, um brüskierend zu wirken, und ein wenig zu leicht für eine echte Respektsbezeugung. Aber der Prinz nahm sie gar nicht zur Kenntnis.
    Dann kamen die Revolutionäre herein, frisch rasiert und in ihren eigenen Anzügen, allesamt mit identischem Gesichtsausdruck, einer Mischung aus Stolz und Verärgerung, in die sich etwas Flehentliches geschlichen hatte. Der Mann hinter dem Schreibtisch ließ mürrisch ein paar Worte fallen, und einer der Männer trat mit einer knappen Verbeugung vor und antwortete auf Serbisch. Nie zuvor hatte Alcy sich so gewünscht, eine Sprache zu verstehen.
    Der Mann trug seine Sache dramatisch vor, deutete plötzlich auf Alcy und Dumitru und dann – am Höhepunkt der Erzählung – zog er etwas Langes, Dickes, Schwarzes aus seiner Tasche. Ihr abgeschnittener Zopf, wie Alcy fassungslos begriff. Der Mann wedelte den Zopf wie eine Schlange herum, dann steckte er ihn wieder in die Tasche und fuhr mit seinem Bericht fort, der sich abwechselnd duckmäuserisch und stolz anhörte. Prinz Obrenovi schien weder überzeugt noch sonderlich ungläubig zu sein. Genau genommen regte sich sein Gesicht so wenig, als sei es aus Stein gehauen.
    Als der Revolutionär zum Ende kam und beiseitetrat, riskierte Alcy einen Blick in Dumitrus Richtung. Seine Miene zeugte von düsterem Amüsement, und sie wusste nicht recht, ob sie nun beruhigt oder verängstigt sein sollte. Nach einer Weile redete der Prinz Dumitru direkt an.
    »Ich würde es vorziehen, Deutsch zu sprechen«, erwiderte Dumitru in besagter Sprache. »Auf Deutsch kann ich mich besser verständlich machen.«
    Alcy verbarg hastig ihr Erstaunen, doch der Prinz hatte
sie schon kurz mit zusammengekniffenen Augen angesehen, bevor er Dumitru antwortete. Er sprach mit einem schwerfälligen Akzent, der nichts mit der kultivierten Ausdrucksweise der Revolutionäre gemein hatte. Wer war dieser Mann?, fragte sie sich. Und wie hatte er Prinz werden können?
    »Die Frau ist schön, oder?«, sagte Dumitru; er antwortete dem Prinzen, der Serbisch sprach, stets auf Deutsch. »Leider ist sie keine Jungfrau mehr, weswegen man sie keinem anständigen Mann ins Haus geben kann.«
    Alcy hatte gedacht, sie wisse, was Angst war, aber der Schlag, der sie bei Dumitrus Worten traf, war so heftig, dass ein Teil von ihr sich fragte, wie sie sich überhaupt noch auf den Beinen halten konnte, anstatt tot umzufallen oder verzweifelt auf und davon zu rennen. Sie hätte wegen Dumitrus Äußerung verletzt sein sollen, aber sie hatte jetzt keinen Sinn für seichte Verlegenheit, denn bei dem Gedanken, was der Prinz gesagt haben musste, um eine derartige Antwort zu provozieren, überkam sie der blanke Horror.
    »Ist das wahr, Mädchen?«, fragte der Prinz und sah sie an, als könne er den Beweis ihrer Jungfernschaft – beziehungsweise deren Fehlens – noch durch die Kleider hindurch erkennen.
    »Ja«, brachte sie trotz aller Angst heraus. »Ja, es ist wahr.« Bitte, Dumitru, flehte sie ihn wortlos an, sag etwas, tu etwas, aber überlass mich bloß nicht diesem Mann!
    Der Prinz schnaubte, und seine Miene bekam etwas Angewidertes. »Warum hast du dir dann das Haar abgeschnitten? Um ihn abzuschrecken, dumme Gans? Das einzig Anständige wäre, ihn jetzt auf der Stelle zu heiraten.
Dein Vater wird dich nicht zurücknehmen und dich solche Schande über seine Familie bringen lassen.«
    »Sie hat es getan, um sich ihrer verlorenen Unschuld wegen an mir zu rächen«, erklärte Dumitru und schaffte es, gleichermaßen schuldbewusst wie arrogant zu wirken. »Sie hat den Hajduken erzählt, was sie hören wollten, in der Hoffnung, dass sie mich umbringen würden und sie als ehrenwerte Witwe zurückbleiben würde – frei, sich nach Belieben zu verheiraten.«
    »Durchtrieben«, merkte der Prinz an und sah aus, als wisse er nicht recht, ob er angewidert oder angetan dreinschauen sollte. »Es passt zu Ihnen, dass Sie über eine entehrte Frau gestolpert sind. Der Beruf des Spions ist zu weibisch, als dass es einem Mann zur Ehre gereicht hätte, an Ihrem Niedergang beteiligt zu sein.«
    Spion? Alcy blinzelte.
    »Spionagechef«, berichtigte Dumitru mit unbewegter Miene.
    Der Prinz schnaubte, dann starrte er lange ins Leere. Endlich sagte er: »Ich würde Sie beide gern als meine Gäste hier behalten, aber so hilfreich Sie

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