Nacht im Kerker
bei Giovanni. Ich mache erst einmal Pause in Mike’s Sportbar . Da läuft nämlich heute live das große Baseballfinale. Aber bitte sagt Tante Mathilda nichts! Versprochen?«
Die drei gaben ihr Ehrenwort und verschwanden in Giovannis Eiscafé.
»Buon giorno, bambini. So früh schon Appetit auf Eis? Was soll’s diesmal sein? Wieder ein Großauftrag mit drei Kugeln Zitrone?« Bob nickte. »Stimmt. Ich glaube, Sie können Gedanken lesen.«
Als Peter sein Eis in der Hand hielt, blickte er nachdenklich auf die Polizeiwache. »Am liebsten würde ich auch Gedanken lesen können. Ich versteh einfach nicht, was Thompson vorhat. Was soll das alles?« Bob saugte sein Eis von unten aus der Waffel heraus. »Mach dir lieber Gedanken, wie wir an Reynolds herankommen. Ich wette, der kann uns einiges über den Fall sagen. Sonst hätte er uns nicht die Botschaft mit dem Löffel zugeworfen. Was denkst du, Just?«
»Ich denke, wir haben nur eine Chance, in die Nähe von Reynolds zu kommen: Wir müssen uns verhaften lassen, damit sie uns auch einsperren.« Peter fiel vor Schreck fast das Eis herunter. »Bist du nicht ganz dicht? Wir sollen in den Knast?«
»Genau. Uns reicht eine Stunde.«
»Ach ne. Und was muss man anstellen, um für genau eine Stunde ins Gefängnis zu kommen? Eine Kugel Kaugummi klauen? Oder muss man schon eine Bank ausrauben? Was ist, wenn die uns für ein Jahr einsperren?« Justus wiegelte ab. »Kinder werden nicht eingesperrt. Man wird höchstens in Gewahrsam genommen, bis einen die Eltern persönlich abholen. Wir müssen es riskieren. Reynolds vertraut uns.« Bob leckte sich das Zitroneneis von den Fingern. »Also, was schlägst du vor, Just? Banküberfall, Giovanni ausrauben, Wände beschmieren?« Justus sah über den Marktplatz. Plötzlich blieb sein Blick bei der Bronzefigur im Brunnen hängen. »Das ist es: Wir klauen Fred Fireman!«
»Fred Fireman?«, wiederholten seine beiden Freunde im Chor. Peter konnte es nicht fassen. »Du willst am helllichten Tag Fred Fireman stehlen? Hast du einen Knall? Und wie willst du das anstellen? Das Ding ist festgeschraubt.« Doch Justus ließ sich nicht beirren. »Ich habe eine Idee. Fangt aber nicht gleich an zu meckern. Wir befinden uns in einer Notsituation. Und besondere Situationen erfordern besondere Lösungen. Ich sage euch jetzt, was wir machen: In Onkel Titus’ Pick-up liegt immer ein dickes Abschleppseil. Das binden wir um den Kopf von Fred Fireman und an die Anhängerkupplung des Transporters. Ein kurzer, heftiger Ruck und die Bronzefigur wird vom Sockel gerissen. Wenn das nicht reicht, um uns zu verhaften, dann weiß ich auch nicht weiter.« Peter bekam den Mund nicht mehr zu. »Just! Dafür stecken die uns nicht ins Gefängnis, dafür landen wir direkt im Irrenhaus.«
»Kann sein. Aber hast du eine bessere Idee? Der Schaden wird nicht groß sein, denn Fred Fireman kann man danach einfach wieder auf den Sockel schrauben. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, wenn wir Reynolds’ Unschuld beweisen wollen.«
Seine beiden Freunde schwiegen.
Nach einer Weile erhob sich Bob. »Okay, auch wenn es total bescheuert ist, aber ich bin dabei. Jetzt bleiben nur noch zwei Fragen: Woher bekommen wir den Schlüssel für den Pick-up, und wer kann das Ding fahren?« Justus grinste. »Den Schlüssel steckt Onkel Titus immer hinter die Sonnenblende, und ich durfte den Pick-up schon auf unserem Hof fahren, als ich acht war. Noch mehr Fragen?« Die beiden schüttelten die Köpfe.
Es war bereits Mittag, und um diese Zeit am Sonntag war die Stadt wie leergefegt. Nervös gingen die drei ??? auf den Pick-up zu. »Ich kann nur hoffen, dass das Baseballspiel etwas länger dauert«, flüsterte Peter. Anschließend knotete Justus das lange Abschleppseil an der Anhängerkupplung des Transporters fest. Dann rollte er das Seil ab. Es reichte genau bis zum Brunnen. Munter plätscherte das Wasser aus der Spritze der Bronzefigur. Doch als sie Fred Fireman die Schlinge um den Hals legten, wurde selbst Justus etwas nervös. »Ich hoffe, das klappt auch. Tut mir leid, Fred.«
Danach setzte er sich ans Lenkrad des Pick-ups. Auf Onkel Titus war Verlass, denn der Schlüssel klemmte tatsächlich hinter der Sonnenblende. »Okay, Operation Reynolds beginnt!«, rief Justus und startete den Motor. »Geht am besten einige Meter in Deckung. Wer weiß, was passiert.« Dann legte er den Gang ein undtrat vorsichtig aufs Gaspedal. Langsam setzte sich der Wagen in Bewegung, und das Seil zog sich stramm.
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